Ein Drittel wäre ohne staatliche Umverteilung armutsgefährdet
Die Einkommen in Österreich sind massiv ungleich verteilt. Teilt man die Gesellschaft in fünf gleich große Blöcke, bezieht der oberste 44 Prozent der Einkommen. Die untersten 20 Prozent hingegen nur fünf Prozent, zeigt eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo).
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Dabei stehe "außer Streit", dass die Ungleichheit in Österreich im internationalen Vergleich relativ gering sei, sagte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr bei der Präsentation einer Studie am Montag. Aber "es ist der Staat, der das herstellt", ohne sein Eingreifen wäre laut der Studie ein Drittel der Bevölkerung armutsgefährdet. Zu dieser Gruppe zählt, wer weniger als 60 Prozent eines durchschnittlichen Einkommens hat (das mittlere Haushaltseinkommen liegt in Österreich bei 40.309 Euro netto/Jahr).
Schwieriger geworden ist es in den letzten Jahren vor allem für Jungfamilien. Denn inflationsbereinigt verdienten die Jüngeren 2019 im Schnitt weniger als 2005.
Wie in Österreich umverteilt wird
"Der größte Umverteilungsbeitrag geht von den gesetzlichen Pensionen aus", sagte Studienleiterin Silvia Rocha-Akis, nämlich 38 Prozent. An zweiter Stelle stehen wohlfahrtsstaatliche Sachleistungen mit einem Drittel des Gesamtvolumens. Dazu zählen etwa Krankenhäuser oder auch das Bildungssystem.
An der 241 Seiten starken Studie "Umverteilung durch den Staat in Österreich 2019 und Entwicklungen von 2005 bis 2019" haben neun Autorinnen und Autoren sowie sechs Assistentinnen und Assistenten des Wifo mitgewirkt. Die Forschung wurde aus Mitteln des Bundeskanzleramts des Sozialministeriums und der Österreichischen Nationalbank gefördert. Obwohl die Studie im Oktober 2023 veröffentlich wurde, reicht der Datensatz nur bis 2019. Veränderungen, die durch die Corona-Pandemie oder die Energiekrise in Folge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine können deswegen nicht abgebildet sein.
Das Steuersystem macht etwa ein Fünftel des Umverteilungs-Volumens aus, der Anteil der staatlichen Geldleistungen ist hingegen gering. Fürsorgeleistungen, die an die Ärmsten gehen (Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe), haben laut Rocha-Akis nur einen Anteil von zwei Prozent.
Ökonomin: Kinder nicht zurücklassen
Laut der Studie sind die Unter-45-Jährigen zunehmend im unteren Einkommensdrittel zu finden. Bei Haushalten mit Kindern und Hauptverdienenden bis 35 Jahren stieg der Anteil im unteren Einkommensdrittel zwischem 2005 und 2010 um 12 Prozent auf 58 Prozent - und bliebt dort, "trotz der Phase des Wirtschafts- und Beschäftigungsbooms der 2010er Jahre", so Rocha-Akis. Dazu beigetragen hätten strukturelle Veränderungen in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009, wie die Zunahme von befristeten und prekären Beschäftigungsverhältnissen.
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Das könnte längerfristig zum Problem für Alle werden, mahnt die Forscherin, denn die Situation des Haushalts wirke sich zwangsläufig auf die Perspektiven der Kinder aus. "Wir können es uns nicht leisten, Kinder zurückzulassen", sagte Rocha-Akis. Von steuerliche Begünstigungen wie dem Familienbonus würden aber vor allem Familien in den mittleren und oberen Einkommensschichten profitieren.
Wichtig wären deswegen Investitionen nicht nur in Bildung, sondern auch in qualitative Kinderbetreuung. Handeln müsse deswegen die Politik, auch wenn die Effekte erst lange nach Ablauf der jeweiligen Legislaturperiode zu sehen sein.
Ein offenes Ohr schien die Ökonomin dafür bei Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) zu finden. "Wir haben zu handeln", sagte Rauch. Wenn "jüngere Familien mit Kindern Realeinkommensverluste erlitten", ergebe sich daraus "ein Arbeitsauftrag für die Politik". Rauch sprach sich in diesem Zusammenhang auch für eine Anhebung vermögensbezogener Steuern aus, konkrete Ankündigungen machte er aber nicht.
Der Großteil der Bevölkerung hat durch die staatliche Umverteilung übrigens mehr. Wenn man die Pensionen mit berücksichtigt, sind im Durchschnitt nur die oberen 20 Prozent Nettozahler. Dies ist eine Folge der hohen Konzentration der Markteinkommen und der progressiven Einkommensbesteuerung.
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Dennoch gibt es in allen Einkommensgruppen sowohl Nettozahler als auch -empfänger", sagte Rocha-Akis. Das liegt nicht prinzipiell an Fleiß oder Leistungsbereitschaft. Wer etwa schwer erkrankt, wird durch die Leistungen im Krankenhaus schnell zum Netto-Empfänger.
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