Personalausfälle? Klaus Lercher klappt sein Laptop auf und checkt auf einem Dashboard die tagesaktuellen Daten. 64 seiner Beschäftigten befinden sich derzeit wegen der Omikron-Welle in Quarantäne. Die Zahl sei zwar dreimal so hoch wie Anfang Jänner, aber immer noch überschaubar, zeigt sich der TTI-Geschäftsführer zufrieden. Der oberösterreichische Personaldienstleister und – bereitsteller hat aktuell 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Eine hohe Impfquote, strikte Covid-Regeln und eine "sehr ordentliche Disziplin" könnten Personalengpässe verhindern, meint Lercher im Gespräch mit dem KURIER. Die Ängste in einigen Industriebetrieben würden derzeit aber auch zu überzogenen Ansprüche gegenüber überlassenen Arbeitskräften führen. "Am liebsten wäre ihnen, wenn externe Kräfte alle die 2-G-Regel erfüllen", schildert Lercher.
Zu wählerisch
Überzogene Ansprüche seien oft auch der Grund, warum viele Unternehmen derzeit vergeblich nach Personal Ausschau halten. "Je mehr Kriterien verlangt werden, desto schwieriger wird die Stellenbesetzung", weiß Lercher und verweist auf Vorbehalte etwa gegenüber älteren Arbeitnehmern oder ausländischem Personal. Die Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht sei bei der Rekrutierung im Ausland derzeit auch nicht gerade förderlich.
Die Fachkräftenachfrage ist so hoch wie nie. Laut einer Umfrage des Wirtschaftsprüfers EY bei rund 600 Firmen wird der Mangel an Fachkräften als größte Gefahr für die Unternehmensentwicklung angesehen. Rund 83 Prozent der befragten Unternehmen tun sich nach eigenen Angaben schwer, qualifiziertes Personal zu finden. Der Wirtschaftsbund-Stellenmonitor umfasst aktuell knapp 250.000 offene Stellen. Nur ein Bruchteil davon, nämlich 110.000, sind beim AMS ausgeschrieben. Je höher die Qualifikation, desto weniger werde über das AMS gesucht, meint Lercher.
Die in Österreich und Deutschland tätige TTI-Gruppe, die Nummer 2 am heimischen Zeitarbeitsmarkt hinter Trenkwalder, hat aktuell 1.600 Jobs zu vergeben. Querbeet, vom IT-Spezialisten, Schweißer bis zum kaufmännischen Personal, mehrheitlich im TTI-Kernland Oberösterreich. Zugleich "verlor" der Arbeitskräfteüberlasser im Vorjahr 850 seiner Zeitarbeitskräfte an seine Kunden. "Etwa ein Drittel unseres Personals wird fix übernommen. Jetzt natürlich häufiger als vor der Krise. Es wird daher auch für uns schwieriger, nachzurekrutieren", so der TTI-Chef.
Die Pandemie sorgt aber auch für eine noch nie dagewesene Dynamik am Arbeitsmarkt. "Im Homeoffice oder in Kurzarbeit hatten viele Zeit, über die Sinnhaftigkeit ihres Jobs nachzudenken und sind frustriert. Sobald die Krise vorbei ist, werden viele einen neuen Job suchen ", ist Lercher überzeugt. Niedriglohnbranchen wie die Gastronomie oder der Pflegesektor bekommen den Personalexodus bereits jetzt zu spüren. Dort wird sich die Situation weiter zuspitzen.
Arbeitnehmermarkt
Um bestehendes Personal nicht zu verlieren, müssten Betriebe mehr für die Mitarbeiter-Bindung tun, mahnt Lercher, etwa durch eine bessere Work-Life-Balance und Aus- und Weiterbildungskonzepte. Neues Personal zu rekrutieren werde nämlich sehr viel teurer als vor der Pandemie. Besonders gefragtes Personal könnten sich den Arbeitgeber aussuchen. "Wir haben längst einen Arbeitnehmermarkt. Man muss wie um eine Braut werben“.
Auch bei TTI sei die Personalberatung und -rekrutierung inzwischen wichtiger als die -überlassung. "Wir sind die Forensiker des Arbeitsmarktes", nennt es Lercher. Weil die Gesamtbeschäftigung nach wie vor steige und die Konjunktur labil sei, bleibe die Zeitarbeit auch in Zukunft eine fixe Größe. Aktuell gibt es rund 100.000 überlassene Arbeitskräfte in Österreich.
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