Trinkwasser: Sitzen wir bald auf dem Trockenen?
Fast unbemerkt wird die Infrastruktur für Österreichs Wasserversorgung täglich instand gehalten und ausgebaut. Auch derzeit: In Wien wird eine sechste Wasserleitung über die Donau nach Floridsdorf und Donaustadt verlegt, um den Durst der wachsenden Bevölkerung nach klarem Wasser zu stillen. Im Norden Wiens entsteht eine neue, große Transportleitung.
Doch in welchem Zustand befindet sich die Trinkwasserinfrastruktur, wie sicher ist die Versorgung in Zeiten des Klimawandels und lässt sich damit eigentlich Geld verdienen?
Der KURIER hat mit Wasserexperten über einen der größten und gleichzeitig unbeachtetsten Schätze Österreichs gesprochen.
In Österreich ist die Wasserversorgung sehr kleinteilig strukturiert – von der kleinen Genossenschaft ab drei Anschlüssen bis zum großen Anbieter wie der EVN ist alles dabei. Insgesamt gibt es über 5.000 Wasserversorger im Bundesgebiet. Grundsätzlich gilt: "Die Trinkwasserversorgung in Österreich ist sehr sicher", sagt Wolfgang Nöstlinger, Vizepräsident der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW).
Mehr Dürrephasen
Das Trinkwasser in Österreich stammt zu 100 Prozent aus Grund- und Quellwasser. "Nicht, wie in anderen Ländern notwendig, aus Oberflächengewässer", erklärt Nöstlinger. "Wir haben genügend Wassermengen zur Verfügung. Aber die Bevölkerung wächst, und wir müssen sicherstellen, dass das auch so bleibt und auf den Grundwasserschutz achten." Denn Dürrephasen und Trockenperioden werden mehr.
Die Prognosen, wie sehr der Klimawandel in den kommenden 30 bis 40 Jahren den Wasserverbrauch steigern wird, gehen weit auseinander und reichen von einem Plus von zehn Prozent bis zu einer Verdoppelung. Eine Forderung, die die ÖVGW durchgesetzt haben will: die Priorisierung der Nutzung des Wassers für Trinkwasserzwecke im Falle einer Krisensituation. Diese gesetzliche Verankerung gibt es bisher nicht.
Österreichs Trinkwasserinfrastruktur stammt großteils aus der Kaiserzeit bzw. aus den 50er- bis 70er-Jahren, sagt Roman Neunteufel, Wasserexperte von der Universität für Bodenkultur in Wien. Die Qualität der Bauten ist sehr gut, man hat sich damals etwas geleistet, das von Bestand war. Heute würden Riesenprojekte wie die Wiener Hochquellleitungen nicht mehr umgesetzt werden, sagt Neunteufel.
Sichere Hydranten
"Die Errichtung der Infrastruktur wurde aus Steuergeldern bezahlt", sagt Neunteufel. Zukünftige Ausgaben, wie für Wartung, werden über Preissteigerungen finanziert. Doch müsse sich keiner fürchten, das wirke sich finanziell für den Einzelnen kaum aus. Größere Instandhaltungsprojekte werden in 20 bis 30 Jahren nötig, wenn manche der Leitungen in die Jahre kommen.
Eine der größten Herausforderungen, klares Wasser in die Haushalte zu liefern, ist der flächendeckende Grundwasserschutz. "Der Zugang zur Wasserinfrastruktur ist sehr gut geschützt", sagt Neunteufel. Sabotageakte sollen so gut wie unmöglich sein. In Österreich könnte man sogar einen Hydranten umfahren, und es würde kein Wasser verloren gehen. Anders als in vielen Filmen dargestellt, würde keine Wasserfontäne herausspritzen, da das Ventil tief in der Erde liege.
Für Blackout gerüstet
Allerdings gibt es noch ein Schlagwort, das im Zusammenhang mit der Versorgungssicherheit immer wieder genannt wird: Blackout, also der länderübergreifende Ausfall des Stromnetzes. Der kann, etwa bei Pumpen oder der Fernsteuerung, auch die Trinkwasserversorgung gefährden. Grundsätzlich ist in einem solchen Krisenfall die Trinkwasserversorgung und damit auch die Abwasserentsorgung gesichert. In einzelnen, entlegenen Gebieten kann es aber sein, dass die Wasserversorgung nicht mit Notstromaggregaten abgesichert oder durch die bloße Schwerkraft betrieben werden kann.
Bewusstsein ist da
"Das Bewusstsein dafür ist aber bei den Genossenschaften angekommen", bekräftigt Winfried Kunrath, Geschäftsführer des Dachverbands der Salzburger Wasserversorger, gegenüber dem KURIER. Man arbeite an Lösungen. Dass in Ballungsgebieten über mehrere Stunden die Wasserversorgung großflächig ausfällt, ist so gut wie ausgeschlossen.
Trinkwasserspeicher gibt es bei vielen Wasserwerken, sie fassen genug Wasser für etwa einen Tag. Nach 20 bis 30 Stunden sollte im Falle ein Strom-Blackout behoben sein und damit auch die Trinkwasserversorgung wieder ganz normal funktionieren.
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