Sommerurlaub: Offene Grenzen, ausgebuchte Seen und leer gefegte Städte
Die gute Nachricht vorweg: Von Gesetzes wegen muss heuer niemand zu Hause bleiben. Im Gegenteil. Die Liste jener Länder, in die Österreicher ohne Auflagen reisen können, wird von Tag zu Tag länger. Stand heute, Sonntag, sind es 32.
Selbst für Reisen nach Spanien gibt es seit diesem Sonntag wieder grünes Licht. So wie schon seit längerem für Italien, Kroatien oder Griechenland. In Europa sind lediglich noch die Reisewarnungen für Großbritannien, Portugal, Russland, Schweden, die Türkei, die Ukraine, Weißrussland sowie die norditalienische Region Lombardei aufrecht.
Bleibt die Frage, was das für das Tourismusland Österreich bedeutet. Schließlich hoffen Hoteliers wie Politiker, dass die Österreicher heuer verstärkt Urlaub im eigenen Land machen und damit das Ausbleiben ausländischer Gäste so gut es geht kompensieren. Sprich, die Wirtschaft ankurbeln.
Großes Minus
Oliver Fritz, Tourismusexperte vom Wirtschaftsforschungsinstitut Österreich (WIFO), ist skeptisch. Er geht davon aus, dass Österreich diese Sommersaison bestenfalls mit einem Minus von 27 Prozent davon kommt. Im schlimmsten Fall steht ein Minus von knapp 50 Prozent in seiner Szenario-Rechnung (siehe Grafik).
„Das Umfeld ist unglaublich dynamisch“, sagt er. Ständig ändern sie die Rahmenbedingungen. Grenzen gehen auf, Veranstaltungen werden schrittweise möglich, die Verhaltensregeln gelockert.
Eine Umfrage im Auftrag der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) würde Grund zu Optimismus geben. Demnach planen heuer auffällig viele Österreicher einen Urlaub im eigenen Land. Auch wegen der latenten Angst, bei einen Auslandsaufenthalt mit einem Corona-Fall und einer Quarantäne konfrontiert zu werden.
„Was im Fall einer Infektion passiert, ist aber selbst bei einem Urlaub im Inland unklar“, merkt Fritz an. „Letztlich wird auf lokaler Ebene, also von der jeweiligen Bezirksbehörde, entschieden, ob etwa ein Hotel unter Quarantäne kommt. Der Bund kann keine Vorgaben machen.“
"Mit Anfragen überrannt"
Wie die aktuelle Buchungslage in Österreich ausschaut, hängt ganz davon ab, wo man nachfragt. „Seit Mitte Mai sind wir mit Anfragen überrannt worden. Im Juni, Juli und August sind wir ausgebucht, wir können nur noch Absagen schreiben“, sagt etwa Hubert Koller, Hotelier am Kärntner Millstätter See. Ein Luxus-Problem, zugegeben. In der Stadthotellerie sind nach wie vor acht von zehn Gästebetten leer, eine Erholung ist in absehbarer Zeit auch nicht in Sicht.
Wie verkalkter Wasserhahn
„Als wir coronabedingt von einem Tag auf den anderen zusperren mussten, hatten wir eine Auslastung von 80 Prozent“, erzählt Robert Rogner vom steirischen Rogner Bad Blumau. Beim Wiederaufsperren am 29. Mai lag die Auslastung dann bei gerade einmal 20 Prozent. „Die Kosten sind aber die gleichen.“
Rogner befürchtet eine Pleitewelle im Tourismus, weil die Hilfen oft zu kurz gedacht seien. „Der Betrieb wurde über Nacht abgedreht wie ein Wasserhahn.“ Jetzt, beim Wiederaufdrehen, komme man drauf, dass das nicht so reibungslos funktioniert. Seine Hundertwasser-Anlage mit 600 Gästebetten habe den Vorteil, ein Ganzjahresbetrieb zu sein. „Ich nehme an, dass wir bis Jahresende wieder eine Art Normalität erleben werden.“
Mit seinem Hotel im albanischen Tirana sei er davon weit entfernt. „Dort hängt alles vom Flugverkehr ab, wir haben eine Auslastung von zehn Prozent. Das halten wir nur durch, weil die Personalkosten relativ niedrig sind und das Haus schuldenfrei ist.“
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