Thomas Wieser: "Es braucht einen viel größeren EU-Haushalt"

Thomas Wieser
Wie kann der Wiederaufbau nach Corona gelingen? Weniger Kredite, mehr Zuschüsse, sagt der Spitzenökonom. Die Regierung sieht das anders.

Mit einem riesigen Wiederaufbau-Fonds soll Europas angeschlagener Wirtschaft nach der Coronakrise wieder auf die Beine geholfen werden. Die Pläne dafür will die EU-Kommission in den kommenden Tagen vorlegen. Wie schwer sich die EU-Staaten mit der Wahl der dafür nötigen Instrumente tun und wie tief dabei die Gräben vor allem zwischen den Nord- und den Südländern gehen, weiß kaum jemand besser als der Ökonom und frühere Chef der Euro-Arbeitsgruppe Thomas Wieser.

KURIER: Was wäre nötig, um Europas Wirtschaft nach dem Corona-Schock aus der Krise zu holen?

Thomas Wieser: Wenn es 2021 zu einer Rückkehr in Richtung Normalität kommen sollte, sind wir mit drei Problemen konfrontiert: Erstens muss man  verhindern, dass Zinsausschläge zu weiteren Verschärfung der Krise hin in Richtung Italien, Spanien etc. führen. Dafür sorgt die Europäische Zentralbank EZB mit ihrem Anleiheankaufsprogramm (PEPP).

Zweitens muss man sicherstellen, dass Kredite an Unternehmen ordentlich fließen, damit sie wieder investieren, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen. Dafür sorgt das Bankensystem und auch in erheblichem Umfang die Europäische Investitionsbank EIB.  

Drittens hat die Krise, obgleich symmetrischen Ursprungs, durchaus asymmetrische Auswirkungen; die teils auch selbst verschuldet und teils fremdverschuldet sind. 

Da ist es ein Gebot der europäischen Solidarität, aber auch des Eigennutzes, denen zu helfen, die tief im Schlamassel sitzen. Dazu braucht es verlorene Zuschüsse an die Mitgliedsstaaten. Und dafür hat man den EU-Haushalt.

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