Die umstrittenen Coronabonds haben uralte Ahnen

Die umstrittenen Coronabonds haben uralte Ahnen
Tiefe Risse gehen durch die Eurogruppe - und das wegen eines Instruments, das schon seit 1976 in Krisenzeiten eingesetzt wurde.

Wie sollen die Staaten jene Löcher stopfen, welche die Coronakrise in die Budgets schlägt? Wegen dieser Frage hatten sich die EU-Finanzminister schon vor zwei Wochen zerstritten.

Auch am Dienstagabend zog sich eine Videokonferenz der Eurogruppe endlos in die Länge. Schon der Auftakt war durchwachsen: Eine Stunde verspätet wurde um 16 Uhr gestartet.

Kurz vor Mitternacht waren noch immer nicht alle Konflikte ausgeräumt, die Abschlusspräsentation wurde kurzerhand auf Mittwochvormittag verschoben.

Dabei galten die Eckpunkte eigentlich als fixiert:

  • EU-Kurzarbeitsgeld

Alle EU-Staaten subventionieren momentan die Erhaltung von Jobs. Als Finanzierungshilfe will die EU-Kommission 100 Milliarden Euro auf dem Kapitalmarkt aufnehmen und günstig weiterreichen.

  • Kredite der EU-Bank

Für mittelständische Unternehmen soll die Europäische Investitionsbank (EIB) zusätzliche Kreditlinien bereitstellen. Garantien der Staaten sollen 200 Milliarden Euro Extra-Volumen ermöglichen.

  • Rettungsschirm

Der Europäische Stabilitäts-Mechanismus (ESM) soll Corona-Krisenländern Hilfskredite in Höhe von bis zu zwei Prozent ihrer jährlichen Wirtschaftsleistung ermöglichen, bis zu einem Gesamtbetrag von 240 Milliarden Euro.

Der Riss, der sich durch die Eurozone zieht, hat aber einen anderen Grund.

Insbesondere Italien und Frankreich bestanden darauf, dass es eine Finanzquelle für die Zeit nach der Coronakrise geben müsste. Und zwar in Form von Gemeinschaftsanleihen (Coronabonds).

Die Idee: Gemeinsam würden die Länder bessere Zinskonditionen für Kredite erhalten, als jeder für sich als „Einzelkämpfer“.

Deutschland, Österreich, Niederlande und Finnland lehnen das vehement ab. Sie fürchten, mit "Eurobonds" für die Altlasten von hoch verschuldeten Staaten zu haften.

Der politisch vergiftete Streit zieht sich bereits seit mehr als einem Jahrzehnt hin.

Sachlich ist das schwer zu erklären. Denn EU-Gemeinschaftsanleihen gibt es längst, etwa im erwähnten Corona-Paket: Für das Kurzarbeitsgeld will die Kommission den Finanzmarkt anzapfen. Die EIB finanziert sich seit eh und je über Anleihen, detto der ESM.

Diese Schuldtitel sind mit Garantien der EU-Staaten abgesichert. So wie es auch Coronabonds wären.

Das Instrument ist sogar noch viel älter. Schon 1976, lange vor Österreichs EU-Beitritt, wurde so der Schock durch die Ölkrise abgefedert, analysiert das Institut für Weltwirtschaft in Kiel

Und auch danach immer wieder: In tiefen Krisen seien Europas Regierungen wiederholt bereit gewesen, für Gemeinschaftsanleihen zu haften. Allerdings für klar definierte Ziele und „nur für begrenzte Zeit“.

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