So gehen EU-Länder mit den hohen Energiepreisen um
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hinterlässt deutliche Spuren in der Energieversorgung. In nahezu allen Ländern Europas haben die Preise für Strom, Gas und Sprit ihren im vergangenen Herbst gestarteten Höhenflug fortgesetzt. Die Regierungen einzelner Länder setzen oftmals auf unterschiedliche Methoden, um die Bevölkerung zu entlasten: Von Preisdeckeln bis zu gezielten Maßnahmen für besonders betroffene Haushalte oder vorübergehende Steuersenkungen. Eine Auswahl:
Die Bundesregierung in Österreich hat als Entlastungsmaßnahme die eigentlich für Jahresmitte geplante CO2-Steuer auf Herbst verschoben. Der dazu geplante Ausgleich, eine Art Klimabonus, wurde für alle auf 250 Euro angehoben und um eine Einmalzahlung ergänzt, wodurch sich die Gesamtauszahlung auf 500 Euro pro Erwachsenen belaufen wird. Kinder erhalten die Hälfte. Außerdem wurde ein Energiegutschein in Höhe von 150 Euro an vier Millionen Haushalte geschickt, dessen holprige Umsetzung allerdings für Kritik sorgte. Einen Preisdeckel gibt es in Österreich bisher keinen, allerdings prüft die Bundesregierung einen Vorschlag für einen Strompreisdeckel für Endverbraucher.
Im Verkehrssektor führte Deutschland Anfang Juni einen Tankrabatt ein. Weiters gibt es für die Sommermonate das Neun-Euro-Ticket, mit dem man alle öffentlichen Nahverkehrsmittel benutzen darf. Beide Maßnahmen laufen vorerst mit Ende August ab. Ab dem 1. September soll eine einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro an alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen ausgezahlt werden.
Strom- und Gaspreise sind in Frankreich bereits seit vergangenem Herbst gedeckelt. Etwa sechs Millionen einkommensschwache Haushalte erhielten einen Energiescheck von 100 Euro. Seit Anfang April gibt es einen Tankrabatt in Form von 18 Cent pro Liter. Von Februar bis Jänner gilt eine reduzierte Mehrwertsteuer für Strom. Eine Megawattstunde kostet demnach einen Euro statt 22,50 Euro, Unternehmen zahlen 50 Cent. Der Preisanstieg für Strom wurde heuer auf vier Prozent begrenzt.
In Italien sollen einkommensschwache Haushalte je nach ihrer Größe und ihrem Verbrauch ab dem zweiten Quartal 2022 finanziell bei ihren Strom- und Gasabrechnungen unterstützt werden. Außerdem sollen Netzentgelte für Verbraucher entfallen und es gibt eine Mehrwertsteuersenkung bei den Gas-Abrechnungen. Seit März und bis Anfang August werden Benzin und Diesel subventioniert. Mit einer Steuersenkung verspricht die Regierung eine Verbilligung des Sprits um 30 Cent pro Liter.
In Spanien gab es von Ende März bis Ende Juni einen Tankrabatt von 20 Cent pro Liter. Die iberische Halbinsel hat in der europäischen Stromversorgung eine besondere Stellung. Die Stromnetze der iberischen Halbinsel und Nordeuropas sind nur zu 2,8 Prozent verbunden. Sie ist durch diese Umstände weniger abhängig von russischem Erdgas, auch weil Spanien und Portugal früh in Flüssigerdgas investierten. Daher kam es zu einer Sonderregelung. Eine Megawattstunde Gas kostet seit Anfang Mai durchschnittlich 48,80 Euro. Vor der Einigung mit der EU-Kommission lag dieser Preis bei knapp 100 Euro.
Die slowakische Regierung einigte sich Ende Februar mit dem teilstaatlichen Energieunternehmen Slovenské elektrárne auf einen Deal für 6,15 Terawattstunden Strom. Für die Jahre 2023 und 2024 werde der Preis pro Megawattstunde bei 61,20 Euro liegen. Berechnungen des slowakischen Wirtschaftsministeriums zufolge könnte die Bevölkerung bis 2024 etwa eine Milliarde Euro einsparen. Pro Haushalt entspreche das circa 500 Euro.
In Slowenien erhielten einkommensschwächere Bürger einmalig Energiegutscheine in Höhe von 150 Euro, Großfamilien 200 Euro. Ab September werden die Strompreise für Haushalte und kleine Unternehmen gedeckelt. Mittlere und große Unternehmen sind davon ausgenommen. Weiters wurden zwischen Mitte März und Ende April sowie von Anfang Mai bis Ende Juni die Spritpreise gesenkt.
Tschechien hat bereits im November 2021 die Mehrwertsteuer für Strom aussetzen lassen. Als Reaktion auf die russische Invasion wurden außerdem die Straßenverkehrssteuern für Pkw, Autobusse und Laster bis zwölf Tonnen gestrichen. Zugleich wurde die Verpflichtung aufgehoben, Benzin und Diesel teureren Bio-Kraftstoff beizumischen. Die Inflationsrate in Tschechien betrug im Mai 16 Prozent gegenüber des Vorjahresmonats.
In Ungarn existiert bereits seit 2013 eine Wohnnebenkosten-Bremse. Damals wurden die Preise für Strom und Gas um 25 Prozent gesenkt und danach eingefroren. Im November 2021 führte die ungarische Regierung eine Deckelung des Sprits auf 480 Forint (circa 1,20 Euro) an. Seit dem 24. Juni rationieren Tankstellenbetreiber den täglichen Einkauf von Kraftstoffen auf 50 Liter pro Tag. Autos mit ausländischen Kennzeichen tanken seit Ende Mai marktkonform und können nicht vom staatlich gestützten Preis Gebrauch machen.
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