Heiße Debatte um kalte Progression
Durch die schleichende Steuererhöhung in Form der „kalten Progression“ holt sich der Staat pro Jahr geschätzte 500 Millionen Euro an Mehreinnahmen. Ist das gerecht? Nach Deutschland ist auch in Österreich eine Debatte über eine Neuregelung der Steuerstufen ausgebrochen. Eine kalte Progression liegt dann vor, wenn trotz Lohnerhöhung netto weniger übrig bleibt, weil ein höherer Steuersatz den Lohnzuwachs wieder wegfrisst.
Der im KURIER von Wirtschaftsexperten sowie der IV geforderten Inflationsanpassung der Steuertarife schließt sich auch die Arbeiterkammer (AK) an. „Diese ungleiche Belastung zwischen Arbeitnehmer und Unternehmen muss abgeschafft werden“, sagt AK-Steuerexperte Otto Farny. In der nächsten Steuerreform müssten daher die Tarife angepasst werden. Als Ausgleich will die AK Vermögen ab einer Million Euro mit 0,5 Prozent, ab zwei Mio. Euro mit einem Prozent und ab drei Mio. Euro mit 1,5 Prozent besteuern.
Wahlkampfthema
In Deutschland ist die kalte Progression bereits Wahlkampfthema und sorgt für einen heftigen politischen Schlagabtausch. Wie am Dienstag bekannt wurde, nimmt der Staat über die schleichenden Steuererhöhungen allein im kommenden Jahr rund drei Milliarden Euro mehr ein. Diese Summe ist noch weit höher als von Experten erwartet. CDU und FDP wollen daher nach den Wahlen die kalte Progression so rasch wie möglich ganz abschaffen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf gibt es bereits, er sieht vor allem eine Entlastung bei den niedrigeren Einkommen vor. Der Vorschlag wird aber von der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat blockiert. Die Opposition lehnt eine Abschaffung aus Spargründen ab. Dem Staat würden damit Milliarden an Steuereinnahmen entgehen. Um diese Einnahmenausfälle zu kompensieren, fordert Rot-Grün im Gegenzug eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes.
So aufgeregt die Diskussion war, so einfach wird letztlich die Lösung sein: Österreich wird sich innerhalb der EU am automatischen Datenaustausch für die Konten von Ausländern beteiligen. Das wird auch Liechtenstein tun. Der öffentliche Druck wird dazu führen, dass zivilisierte Länder nicht mehr als Hafen für Schwarzgeld auffallen wollen. Gleichzeitig wird bei uns das Bankgeheimnis für die Sparbücher der Österreicher bleiben. Da muss man sich ohnehin schon seit vielen Jahren bei der Bank ausweisen.
Jetzt können wir uns wieder den wichtigen wirtschaftspolitischen Themen zuwenden. Und da ist und bleibt das Ärgernis, dass die Bürger in Österreich zu hohe Steuern zahlen. Der KURIER hat das gestern im Detail vorgerechnet: Wer sich in den letzten Jahren regelmäßig über eine Steigerung seines Bruttoeinkommens freuen durfte, musste beim Netto feststellen, dass der Staat ihm alles genommen hatte. Kalte Progression nennt man das, Enteignung würde auch stimmen.
Vor allem die Mitarbeiter in den ungeschützten Bereichen erleben in ihren Unternehmen, dass umstrukturiert wird, stets mit dem Ziel geringerer Kosten und höherer Effizienz. Nur Vater Staat kann das nicht. Die Vorschläge des Rechnungshofes zu Einsparungen in der Verwaltung werden nur mehr im Ordner „Resignation“ abgelegt. Forderungen nach Steuersenkung werden wegen der hohen Verschuldung abgeschmettert. Aber was können die Steuerzahler dafür, dass die Politik seit Jahrzehnten zu viel Geld ausgibt?
Mit Stronach-Radikalismus wird es aber auch nicht funktionieren. Eine Körperschaftssteuer von 10 % (statt derzeit 25 %) würde kurzfristig die Schulden erhöhen. Aber gut, dass Stronach wieder im Land ist. Vor allem, wenn er bereit ist, über sein Programm zu diskutieren.
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