Neustart für Start-up: Wie sich die Musik-App Fretello sanieren will
Das Linzer Start-up Fretello scheint der Pleite zu entgehen. Das Unternehmen, das Nutzern aus der ganzen Welt das Gitarrespielen beibringt, hat ein Sanierungsverfahren in Eigenverantwortung eröffnet.
Nach seiner Gründung 2016 galt Fretello als eine der nächsten großen Start-up-Hoffnungen in Österreich. Das Unternehmen betreibt eine Smartphone-App, durch die Nutzer mit einem Abo um 120 Euro pro Jahr das Gitarrespielen erlernen können.
Mehr als 700.000 Menschen nutzten die App zur Hochzeit weltweit. Erst im Frühling 2022 konnte das Unternehmen ein Investment von drei Millionen Euro einsammeln. Auch eine Ausweitung der App auf andere Instrumente stand im Raum.
Verschärfte Datenschutzkontrollen
Im vergangenen Oktober hatte Fretello dann aber ein Konkursverfahren beim Landesgericht Linz beantragt. Die neuen Vertriebspartner hätten der App nicht den erwarteten Zuwachs an Abonnenten gebracht.
Außerdem machte das Unternehmen damals die verschärfte Datenschutzkontrollen durch Apple verantwortlich, durch die man die Werbung auf Social Media nicht mehr so effektiv gestalten konnte. Auch ein gewinnbringender Verkauf der App scheiterte.
Von der Pleite galten 26 Gläubiger als betroffen. 780.000 Euro Aktiva standen etwas mehr als eine Million Euro Passiva gegenüber.
Raus aus der Krise
In den vergangenen Monaten wurde unter Begleitung von Rechtsanwalt Michael Proksch daran gearbeitet, einen Sanierungsplan aufzustellen, der vorsieht, Fretello in vier Jahren aus der Krise zu führen.
Die Quote beträgt 20 Prozent und das nötige Kapital wird von den Bestandsinvestoren aufgebracht. Der Sanierungsplan wurde vom Handelsgericht Linz angenommen.
Die Interimsgeschäftsführung übernahm Berthold Baurek-Karlic. Er stammt aus dem Kreis der Investoren und ist „noch immer mit einem recht großen Betrag in Fretello investiert“, wie er sagt.
„Irgendeiner musste ran und das Ruder herumreißen und da habe ich mich bereit erklärt“, sagt Baurek-Karlic dem KURIER. Die Geschäftsführung übernehme er unentgeltlich und das wolle er tun „solange es eben notwendig ist“, so Baurek-Karlic.
Externe Partner statt Angestellte
In einem ersten Schritt mussten die Kosten gesenkt werden. Bevor das Unternehmen im November Konkurs angemeldet hatte, waren bei Fretello 18 Dienstnehmer beschäftigt.
Jetzt setzt das Start-up auf externe Partner anstatt auf Angestellte, um flexibler agieren zu können. So wurden die Technik, die PR und das Marketing ausgelagert.
„Wir müssen das Unternehmen aktuell mit möglichst geringen Fixkosten fahren.“, sagt Baurek-Karlic. Das gelingt nicht in allen Bereichen, als App-Anbieter müsse Fretello regelmäßig für verschiedene Software-Tools bezahlen, die „auch nicht gerade günstig“ seien, so Baurek-Karlic.
100.000 Nutzer zurückholen
Seine Community in der App möchte Fretello in naher Zukunft wieder stärken. Aktuelle Nutzerzahlen nennt das Unternehmen aus Wettbewerbsgründen nicht. Jedoch sei geplant rund 100.000 inaktive User durch den Fretello-Newsletter zu einer Rückkehr zur App zu bewegen, um die Umsätze rasch zu steigern.
In der Vergangenheit hatte Fretello eine Kooperation mit dem japanischen Musikinstrumente-Hersteller Yamaha. Diese und auch die Zusammenarbeit mit dem europaweit größten Instrumente-Onlineshop Thomann wolle das Start-up in Zukunft wiederbeleben, so Baurek-Karlic.
Es gehe darum, das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen und Profitabilität herzustellen. „Wir müssen aus eigener Kraft ein Team aufbauen und schauen, ob wir dem Unternehmen so ein zweites Leben ermöglichen können“, sagt Baurek-Karlic und schließt für die Zukunft auch einen Verkauf des Unternehmens nicht aus.
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