Ricosta, Primigi, superfit und Richter – die Kinderschuh-Branche wird von diesen vier Marken geprägt, wobei Richter das älteste Kinderschuhunternehmen Europas ist. Es wurde im Jahr 1893 gegründet und errichtete 1949 Produktionsanlagen am Stadtrand von Linz. Ende der 1960er-Jahren exportierte der Betrieb schon nach halb Europa, anfangs der 1980er-Jahre wagte man sich auch auf den asiatischen Markt.
Im Jahr 1998 ist der Industrielle Georg Kapsch bei der Ferdinand Richter GmbH & Co KG eingestiegen, weil er einmal „etwas anderes machen wollte“, wie er heute sagt. Ein Jahr später verlagerte der Betrieb seine Produktion zum überwiegenden Teil in die Slowakei, wobei dort die Schuhfabrik Bata gekauft wurde. Kapsch hält persönlich und mit seiner Traditio Privatstiftung als Gesellschafter 50 Prozent der Kommanditanteile, den anderen Teil hielt vor kurzem noch Thomas Ridder, einer der zwei Geschäftsführer.
Millionenhohe Rückforderung der FInanz
In den vergangenen Jahren hat Kapsch’ Privatstiftung laut Firmencompass immer wieder Darlehen und Genussrechtskapital gewährt, um die Verluste bei Richter aufgefangen. Allein im Geschäftsjahr 2022/23 wurden von der Stiftung 3,5 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln „als Verlustersatz und Sicherstellung der Finanzierung“ zur Verfügung gestellt.
Bis Ende September 2023 sollte eine Umschuldung des Unternehmens bei einer neuen Bank durchgeführt und erneut ein Betriebsmittelkredit aufgenommen werden, der von den Gesellschaftern besichert werden sollte. Kurz vor Abschluss des Kreditvertrages grätschte das Finanzamt dazwischen. Laut Finanz soll Richter 1,9 Millionen Euro Covid-Förderungen von der stattlichen Agentur COFAG zu unrecht bezogen haben. Dieser Rückforderungsanspruch war in der Finanzplanung nicht berücksichtigt gewesen und warf alle Pläne über den Haufen. Aus dem Betriebsmittelkredit wurde vorerst nichts. Es kam noch schlimmer. Das Unternehmen musste Mitte November 2023 mit 7,91 Millionen Euro Verbindlichkeiten Insolvenz anmelden. Im Insolvenzverfahren fordert die COFAG von Richter jetzt sogar 2,44 Millionen Euro Covid-Förderungen zurück.
Insolvenzverwalter zuversichtlich
„Die Sanierungsbemühungen laufen auf Hochtouren, ein Gesellschafter ist ausgestiegen und es gibt einen ausländischen Investor. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Sanierungsbemühungen am Ende von Erfolg gekrönt sein werden“, sagt der renommierte Insolvenzverwalter Arno Lerchbaumer zum KURIER. „Wir haben den Berg noch nicht überschritten, aber wir sind daran, mit der Gesellschaftersphäre und der Geschäftsführung, dass wir diesen Berg auch schaffen.“ Insgesamt benötigt das Unternehmen bis Ende März 2024 drei Millionen Euro frisches Kapital, davon 2,4 Mio. Euro für die Bezahlung der Frühjahrs- und Sommerkollektion 2024, die in Fernost hergestellt wird. Das ist ein sehr enges Zeitkorsett.
Eine Million Euro bereits zugeschossen
Fakt ist: Thomas Ridder, der erst 2019 einstiegen war, ist als Co-Gesellschafter ausgeschieden und ein ausländischer Investor ist jetzt an Bord – der ungenannt bleibt. Jedenfalls haben der Investor und Kapsch bereits je 500.000 Euro zur Verfügung gestellt. „Ja, die Sanierung wird gelingen, sonst hätte ich nicht noch einmal Kapital zur Verfügung gestellt“, sagt Gesellschafter Georg Kapsch zum KURIER. Und was die weiteren zwei Millionen Euro betrifft, soll auch diese Finanzierung seitens der Eigentümer aufgestellt werden. Kapsch sagt dazu: „Gehen sie davon aus, dass es das gegeben wird.“
Das Unternehmen
Die Ferdinand Richter GmbH & Co KG (20 Mitarbeiter) wird fortgeführt und soll gerettet werden. Der Sanierungsplan (20 Prozent Quote) soll aus dem operativen Geschäft, der Verwertung des Warenlagerns und auch von dritter Seite finanziert werden.
Die Tochterfirma
Richter Slovakia (67 Mitarbeiter) erwirtschaftet ihren Gesamtumsatz mit der Mutterfirma. Das Geschäft wird neu ausgerichtet. Sie soll künftig nur noch die Bestellungen prüfen und den Versand übernehmen
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