Energieversorger müssen künftig hohe Preise rechtfertigen

FILE PHOTO: A gas hob is seen in this photo illustration taken in London
Sondergesetz soll für niedrigere Preise am heimischen Energiemarkt sorgen. Die E-Wirtschaft warnt vor staatlichen Eingriffen in die Preisgestaltung.

Die Bundesregierung will mit einem Sondergesetz für niedrigere Preise am Energiemarkt sorgen. Ein Initiativantrag wurde am Donnerstag eingebracht, das Vorhaben soll noch vor der Sommerpause im Nationalrat beschlossen werden. 

Ziel sei, "potenziellen Preismissbrauch marktbeherrschender Energieversorgungsunternehmen" zu verhindern, so Justizministerium und Klimaschutzministerium in einer Aussendung. Konkret sollen diese keine Angebote machen dürfen, die "ungünstiger sind als diejenigen anderer Versorgungsunternehmen oder von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten". Betroffen sind leitungsgebundene Energieträger, also Strom, Gas und Fernwärme. 

Damit zielen die Regierungsparteien mutmaßlich vor allem auf die Landesenergieversorger ab. Denn diese haben in ihren jeweiligen Netzgebieten bei Strom Marktanteile von 60 Prozent aufwärts, in einigen Bundesländern sogar von mehr als 90 Prozent.

In der Energiebranche ruft das Vorhaben wenig Begeisterung hervor. Von einem fehlenden Wettbewerb könne bei 130 Lieferanten im Markt keine Rede sein, sagt Christian Zwittnig, Sprecher der Branchenvertretung Oesterreichs Energie. Den Kunden stehe es schließlich frei, Anbieter zu wechseln.

Umsetzung

Im Kern der neuen Regelung steht die Beweislastumkehr in Kartellverfahren. Bisher müssen die Wettbewerbshüter den Unternehmens einen Marktmissbrauch nachweisen, künftig sollen stattdessen die Energieversorger nachweisen, dass ihre Preise gerechtfertigt sind.

MINISTERRAT: ZADIC

Justizministerin Alma Zadic (Grüne)

Mit der deutlichen Verschärfung des Kartellrechts sorgen wir dafür, dass Missbrauch im Energiemarkt verhindert werden kann.

von Alma Zadic

Justizministerin

Während die Regierung argumentiert, dass dadurch der Wettbewerb gestärkt werde, steht andererseits die Befürchtung, dass das Gegenteil eintreten könnte, wenn die Unternehmen in ihren Entscheidungen stark eingeschränkt werden.

Denn erstens haben diese unterschiedliche Voraussetzungen: Etwa, ob sie die Energie für ihre Kunden im Großhandel einkaufen, oder ob sie eigene Kraftwerke betreiben und auf welche Technologien sie dabei setzen. Auch verfolgen die Unternehmen unterschiedliche Strategien, etwa ob sie langfristig oder kurzfristig ein- und verkaufen, wie sie sich gegen Preisverwerfungen absichern oder welche Angebote sie ihren Kunden machen: Setzen sie zum Beispiel auf möglichst niedrige Verbraucherpreise, oder machen sie Angebote mit Preisgarantien.

Die Verbraucherpreise von Haushaltsenergie sind im Zuge der Energiekrise europaweit gestiegen und inzwischen wieder rückläufig. In Österreich haben sich sowohl Anstieg als auch Rückgang der Großhandelspreise bei den meisten Kundinnen und Kunden erst verzögert ausgewirkt. Das liegt daran, dass die Tarife bei den in in Österreich üblichen Verträge im Nachhinein an die Großhandelspreise angepasst werden.

"Man müsste wahrscheinlich sehr tief in die Unternehmen hineinschauen", um festzustellen, ob die jeweilige Preisgestaltung gerechtfertigt ist, sagt Zwittnig zum KURIER. Und selbst dann sei fraglich, wie ein Nachweis erbracht werden kann. Denn Entscheidungen, etwa im Energiehandel, könnten im Nachhinein anders beurteilt werden. Zudem müsse es Unternehmen auch möglich bleiben, Gewinne zu erzielen, auch, um ihre Investitionen in die Energiewende zu finanzieren.

Energiekrise

Der Markt habe "eine Zeit lang schlecht funktioniert", räumt Zwittnig ein, allerdings aufgrund einer gezielten Verknappung des Angebots durch Russland. Staatliche Eingriffe wären beim Auftreten solcher externer Schocks notwendig, nicht aber bei normal funktionierenden Märkten.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hingegen argumentiert, dass mit dem Sondergesetz die Position der Konsumentinnen und Konsumenten gestärkt werde, auch in Zeiten ohne Marktverwerfungen. Das Klimaschutzministerium verweist auf Nachfrage des KURIER auf die Situation in Deutschland. Dort seien im ersten Jahr nach Einführung einer solchen Regelung bereits 35 Verfahren gegen Energieversorger eingeleitet worden.

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