Weltwirtschaftsforum: Heiße Luft im kalten Davos?
Wie zu Beginn jedes Jahres verwandelt sich der beschauliche Schweizer Ski-Ort Davos seit gestern für fünf Tage in eine Hochsicherheitszone. Auch das österreichische Bundesheer ist im Einsatz, wenn beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in der höchstgelegenen Stadt der Alpen eine Rekordzahl von fast 2.700 Teilnehmern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zusammenkommt, darunter rund 50 Staats- und Regierungschefs.
Trifft sich hier die Welt-Elite zum Ränkeschmieden, oder ist die Veranstaltung in erster Linie ein Schaulaufen westlicher Wichtigtuer? Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wer nimmt am Weltwirtschaftsforum teil?
Die Gästeliste für Vertreter aus Politik und Gesellschaft wird jährlich kuratiert. Unternehmen müssen für ihre Teilnahme Summen von bis zu 750.000 Euro bezahlen, ansonsten gibt es keine Kriterien für die Mitgliedschaft – teilnehmen soll, wer "an der Lösung internationaler Konflikte" interessiert ist.
Im Vergleich zu früher fehlen aber die ganz großen Namen: US-Präsident Joe Biden hat abgesagt, sein chinesisches Pendant Xi Jinping schickt lediglich einen Vertrauten, und Multimilliardär Elon Musk findet die Veranstaltung "beschissen langweilig". Unternehmen, die an dem Forum teilnehmen, machen zudem einen immer geringeren Anteil an der Weltwirtschaft aus, wie das US-Medium Bloomberg bereits 2019 analysierte.
Zu den renommiertesten Gästen zählen 2023 daher der deutsche Kanzler Olaf Scholz, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Aus Österreich nehmen Außenminister Alexander Schallenberg und Wirtschaftsminister Martin Kocher (beide ÖVP) teil.
Wer steckt dahinter?
Der deutsche Ökonom Klaus Schwab rief das Treffen 1971 ins Leben, um europäischen Konzernchefs Managementkonzepte aus den USA näher zu bringen. Das Kongresszentrum im nahe gelegenen Davos eignete sich als Austragungsort und blieb es bis heute. Schwabs Vermögen dürfte heute im hohen zweistelligen Millionenbereich liegen.
Teilen sich die Reichen und Mächtigen in Davos die Welt auf?
Derartige Verschwörungstheorien stützen sich meist auf einen Vortrag Schwabs aus dem Jahr 2010, in dem er meinte, dass Regierungen „nicht mehr die überwältigend dominierenden Akteure auf der Weltbühne“ seien und es daher ein Zusammenspiel von Konzernen, Regierungen und der Zivilgesellschaft bräuchte, um Entscheidungen in einer globalisierten Welt zu fällen.
In seinem 2020 erschienenen Buch "The Great Reset" sah er diese Idee durch die Corona-Pandemie bestätigt und forderte daher eine neu aufgestellte Weltwirtschaftsordnung, die sich weniger an Gewinnen und Wirtschaftswachstum orientieren müsse. Verschwörungstheoretiker sehen darin den Versuch, eine "neue Weltordnung" zu etablieren.
Welche konkrete Kritik gibt es an dem Forum?
Auch Proteste gegen das exklusive Treffen und Forderungen nach seiner Abschaffung gehören zum Forum dazu. Die Gründe dafür sind vielfältig: Einnahmen würden nicht transparent offengelegt, und auch die klimaschädlichen Privatflüge vieler Teilnehmer stehen im Zentrum der Kritik. NGOs werfen dem Treffen zudem "Greenwashing" vor: Umweltschädliche Unternehmen könnten sich im Rahmen der Veranstaltung als modern und zukunftsorientiert inszenieren und damit ihr Image aufwerten.
Internationale Konflikte löse das Forum zudem schon lange nicht mehr. Anstatt über Inhalte zu reden, sei das Event vielmehr zu einem pompösen und elitären Networking-Event verfallen. Bono, Sänger der Band U2, witzelte etwa, es kämen lediglich "fette Katzen im Schnee" zusammen. Bezeichnend dafür: Escort-Services haben in Davos während des Forums Hochsaison.
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