Wiener Firma vermarktet "leuchtendes Glas"
Was die Mannschaft rund um Firmenchef und -miteigentümer Paul Brettschuh macht, wirkt auf den ersten Blick irgendwie absurd: Die Mitarbeiter der Wiener Lightglass GmbH arbeiten daran, transparentes Glas wieder völlig undurchsichtig zu machen. Dieses "blickdichte" Glas kann dann etwa statt Jalousien auch als Sonnenschutz eingesetzt werden, erläutert Lightglass-Miteigentümer Felix Zabel. Auf Knopfdruck wird das transparente Fenster zur gläsernen Sonnenblende.
Technisch ist es jedenfalls möglich. Zabel: "Die TU Wien unersucht derzeit, ob das technisch tatsächlich geht. Erstes Ergebnis ist, dass es schon in naher Zukunft in diese Richtung geht."
Fiktive Fenster
Die selbstleuchtenden Glaselemente können aber eine Reihe weiterer Funktionen erfüllen. Brettschuh: "Wir können es zum Beispiel als ,künstliches‘ Fenster einsetzen, also als Leuchtelement dort, wo es kein Fenster gibt." Dabei kann nicht nur Tageslicht simuliert werden, die ganze Glasfläche kann auch im gesamten Farbspektrum leuchten.
Durch die von Lightglass entwickelte Technologie verteilen sich Licht und Farben sehr gleichmäßig und kommen sehr nahe an die Qualität von Tageslicht heran. Zabel: "Bei Tageslicht sprechen wir von 100 CRI, wir bringen es auf 95." Dieser Colour Rendering Index (CRI) misst die Wiedergabequalität von Farben durch unterschiedliche Lichtquellen. Zum Vergleich: Bei Neonlicht macht dieser Index nur etwa 70 Einheiten aus.
Weitere Einsatzmöglichkeiten sind Trennwände, die bei Bedarf transparent werden und den Blick in andere Räume freigeben. Auch als Türen oder in Fassadenelementen kann das selbstleuchtende Glas zum Einsatz kommen. Oder im Ladenbau, um etwa farblich abgestimmte Glasregale zu kreieren. Zusätzliche Funktionen können dem leuchtenden Glas durch den Einbau von Steuerelementen oder LEDs verliehen werden.
Als Vorteil für die Vermarktung sieht Brettschuh die großen Dimensionen der Lightglass-Elemente: "Wir können Leuchtelemente bis zur Abmessung von 3 mal 1,60 Metern herstellen." Das macht unter anderem den Einsatz als Fassadenelemente interessant.
Suche nach Partnern
Derzeit ist Lightglass auf der Suche nach Partnern. Denn die Wiener Glasspezialisten wollen die Glaselemente nicht selbst bauen, sondern Lizenzen an Unternehmen der Baubranche vergeben. Zabel: "Wir sprechen mit Fenster- und Türenherstellern genauso wie mit Fassadenbauern, aber auch mit Aufzugherstellern." Letztere sollen das selbstleuchtende Glas etwa zur dezenten Innenbeleuchtung, aber auch für die Außenhülle von Panorama-Aufzügen einsetzen.
Geholfen bei der Kontaktaufnahme mit Branchengrößen haben nicht zuletzt zahlreiche Architektur- und Erfinder-Preise, die das Lightglass-Team in den vergangenen Jahren eingeheimst hat. Paul Brettschuh: "2015 haben wir es geschafft, zehn große Player anzusprechen, mit denen wir zum Teil auch schon in Entwicklungsprojekten zusammenarbeiten." Namen will und kann er nicht nennen, Geheimhaltung ist ein Teil der Vereinbarung.
Der Start ins große Geschäft wollen die Wiener Lichtpioniere 2017 schaffen. Zabel: "Im nächsten Jahr wollen wir international durchstarten." Wichtig dafür ist ein Partner in den USA, mit dem bereits verhandelt wird. Eine internationale Vertriebsmannschaft wird bereits gesucht.
Weitere Serienteile: kurier.at/pioniere
Teil 1: Aquaponic: Gurken aus dem Aquarium
Teil 2: Wiehag: "Think big" im Innviertel
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