Aquaponic: Gurken aus dem Aquarium

Harnstoff der Fische dient dem Gemüse als Biodünger.
Außergewöhnliche Kombination aus Fisch- und Gemüsezucht.

Gurken, Salat und Tomaten – das beliebte Gemüse lässt sich nicht nur auf dem Acker, sondern auch in Fisch-Aquarien aufziehen. Diese Methode klingt im ersten Moment außergewöhnlich, doch schon die Azteken haben Aquaponic, so nennt man die Kombination von Aquakultur und Gemüseanbau, praktiziert. Sie bepflanzten Flöße und brachten sie auf Süßwasserseen aus. Damit glichen sie den schwachen Nährstoff-Zulauf ihrer Bergseen aus und erhöhten damit die Besatzdichte der Fische. 700 Jahre später macht diese gewiefte Kombination wieder von sich reden.

In Österreich gilt der Tierarzt und Agraringenieur Gerhard Zechner als der Aquaponic-Pionier. Seit 2011 betreibt er im burgenländischen Mönchhof eine Forschungsanlage mit vier Fischbecken mit je 500 bis 700 Liter Wasser. Auch in der Steiermark gibt es eine Anlage, die Gerhard Zechners Firma GNZ geplant hat.

Aquaponic: Gurken aus dem Aquarium
Ponganic, Siegfried Hülsner, honorarfrei lt. Kid Möchel
Im April 2016 hat sein Sohn Gert gemeinsam mit Siegfried Hülsner die Wiener Start-up-Firma Ponganic gegründet. In der Nähe des Wiener Hauptbahnhofs ist eine eigene Aquaponic-Anlage geplant, die 2018 in Betrieb gehen soll. "Es eignen sich viele Gemüsearten dafür und insbesondere auch Kräuter", sagt Zechner Junior. Vor allem Gemüsesorten wie Tomaten und Gurken, die in die Höhe wachsen, werden in Fischbecken eingesetzt. In den Wasserbecken schwimmen vor allem robuste Warmwasser-Speisefische, wie der afrikanische Wels und der Buntbarsch, die wie in jedem Zuchtteich gefüttert werden.

"Ihre Ausscheidungen gelangen ins Wasser, aber das Wasser wird gefiltert und durch biologische Filter umgepumpt", erklärt Aquaponic-Experte Zechner die Methode. Dabei wird der Harnstoff der Fische mittels Bakterien am Ende in Nitrat umgewandelt. "In der konventionellen Fischzucht wird dieses nährstoffhaltige Wasser, also dieser Biodünger, vergeudet und in die Kanalisation abgelassen", sagt der Fachmann. "Wir verwenden dieses gelöste Nitrat, sprich das nährstoffreiche Wasser, zum Aufziehen der Pflanzen." Etwa 25 Grad Celsius soll das Wasser haben, damit die Pflanzen diese Nährstofflösung effizient aufnehmen können.

Komplexe Aufzucht

Was so simpel klingt, ist in Wahrheit ein sehr aufwendiger Aufzucht-Prozess. Für die Belüftung und die Umwälzung des Wassers wird viel Energie benötigt. Vor allem Glashäuser eignen sich für diese Kombi-Zucht. "Man schaut, wie viel Sonneneinstrahlung es gibt und wie viele LED-Lampen ich zusätzlich zur Stimulierung der Pflanzen brauche", sagt Gert Zechner. "Im Sommer muss ich kaum zusätzlich beleuchten, im Winter aber schon." Nachsatz: "Der wirtschaftliche Vorteil von Aquaponic ist, dass ich das ganze Jahr züchten kann." Und, dass damit viele Hunderte Liefer-Kilometer für Gemüse und Fische aus dem Ausland wegfallen.

Aquaponic: Gurken aus dem Aquarium
Ponganic, Gert Zechner, honorarfrei lt. Kid Möchel
Die gezüchteten Speisefische werden hierzulande verkauft. Zechners Firma Ponganic eröffnet in wenigen Wochen in Wien-Margareten ihr erstes Lebensmittelgeschäft: einen sogenannten Concept Store.

"Es wird nicht nur Fisch aus unserem Familienbetrieb und Gemüse geben, sondern auch verschiedene Antipasti", sagt Zechner. "Wir werden über das Thema Aquaponic aufklären." Zielgruppe sind auch Leute, die Aquaponic als eine Art Hobby betreiben möchten. Kleinere Anlagen kann man auch auf der Terrasse einer Stadtwohnung betreiben. Der Concept Store soll auch dem Verein Aquaponic-Austria (www.aquaponic-austria.at) als Treffpunkt dienen. In dem Wiener Feinkost-Geschäft werden überdies Partner wie die Pilzzüchter Hut & Stiel und andere ihre Spezialitäten feilbieten.

KURIER-Serie "Pioniere"

Teil 1: Aquaponic: Gurken aus dem Aquarium

Teil 2: Wiehag: "Think big" im Innviertel

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