Semperit-Chef: "Es muss nicht immer schwarzer Gummi sein"

Martin Füllenbach
CEO Martin Füllenbach erklärt, warum er trotz Hochkonjunktur die Schutzhandschuh-Sparte verkauft und die Corona-Krisenpolitik für mutlos hält.

Bei jeder Corona-Impfung weltweit wird er derzeit getragen: Der medizinische Schutzhandschuh aus Natur-Latex oder Nitril. Davon profitiert auch der heimische Gummiverarbeiter Semperit, der dank der Sonderkonjunktur bei Handschuhen im Vorjahr einen Umsatz- und Gewinnrekord schaffte.

Unterm Strich blieb ein Nettogewinn von fast 195 Mio. Euro, im Vorjahr gab es noch einen Verlust von 44,9 Mio. Euro. Der Umsatz kletterte um 10,4 Prozent auf 927,6 Mio. Euro, allein die Medizinsparte Sempermed legte um 53 Prozent zu.

 

Lieferengpässe

Ob der hohen Nachfragen nach Medizin-Handschuhen kämen die Lieferketten über den Seeweg aus Asien nach Europa, berichtet Semperit-Vorstandschef Martin Füllenbach dem KURIER. Die Verfügbarkeit von Nitril, einem Rohstoff für die Schutzhandschuhe, sei derzeit herausfordernd, die Containerkapazitäten limitiert. "Es gibt einfach zu wenige Container derzeit. Und wenn man einen bekommt, dann ist er länger auf Reisen".

In diesem Jahr eher nicht

von Martin Füllenbach zum Verkauf der Medizinsparte

Füllenbach geht davon aus, dass ein gesteigerter Bedarf an Handschuhen auch nach der Krise anhalten wird, das derzeitige Niveau aber schon 2022 zurückgehen wird. Semperit hält daher am im Vorjahr fixierten Verkauf der einstigen Problemsparte Sempermed fest. Einen genauen Zeitpunkt dafür gibt es noch nicht. "In diesem Jahr aber eher nicht", so Füllenbach. "Wir erfreuen uns an großen Gewinnen und starken Cashflow".

Zu klein am Weltmarkt

Die Sonderkonjunktur werde aber nicht ewig anhalten. "Die Marktdynamik zeigt, dass wir in ein paar Jahren mit noch mehr Wettbewerbern und höherer Kapazität konfrontiert sein werden", erläutert der Semperit-Chef. Den erhöhten Preisdruck könne man dauerhaft nicht standhalten. "Wir sind heute die Nummer 9 am Weltmarkt und in ein paar Jahren vielleicht die Nummer 15."

Martin Füllenbach
Martin Füllenbach mit Gummiprofilen

Sich mit Zukäufen in dem Bereich zu stärken sei keine Option. Akquisitionen plant der Gummikonzern daher lieber im Industriesegment, wobei Füllenbach auch den Einstieg in neue Marktfelder anvisiert. "Wir limitieren uns hier nicht auf spezielle Bereiche, es muss nicht immer schwarzer Gummi sein", es könnten auch Zukäufe sein, "die um den Gummi herum stattfinden", drückt sich Füllenbach etwas kryptisch aus und verweist auf Megatrends in der Industrie, die derzeit vor allem von der Klimadebatte bestimmt sind. Nur der Einstieg in die FFP2-Maskenproduktion schließt er dezidiert aus: "Das ist kein Thema für uns". Konkret geplant ist ein neuer Produktionsstandort in den USA für die Profile-Tochter .

Fette Dividende

Die Gewinnausschüttung an die Aktionäre von immerhin 1,50 Euro pro Aktie "Ich halte die Dividendenhöhe im Lichte des Ergebnisses des Vorjahres für angemessen und nicht überzogen".

In der Krise braucht es Mut und klare Worte der Politik und kein Taktieren.

von Martin Füllenbach

Kritik an Krisenpolitik

Unzufrieden ist Füllenbach mit der schleppenden , von Streitereien geprägten Krisenbewältigungspolitik in Österreich und in der EU. "Wenn ich unternehmerische Maßstäbe an diese Aufgabe anlegte und eine ähnliche Performance zeigen würde, müsste ich mir zeitnah eine neue Aufgabe suchen". In der Krise brauche es Mut und "klare Worte" der Politik und kein Taktieren. Die Menschen und auch die Unternehmen bräuchten klare Ansagen, worauf sie sich einstellen müssen.

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