Wie wichtig ist der Suezkanal?
Etwa zehn bis zwölf Prozent des globalen Frachtvolumens und etwa 30 Prozent der Container passieren den Suezkanal, für gewöhnlich auf etwa 50 Schiffen pro Tage. Für Warenlieferungen nach Europa ist er die wichtigste Route. Für große Schiffe kostet die Passage 300.000 bis 500.000 Dollar (bis zu 460.000 Euro), sagt Alexander Till, Repräsentant des Hamburger Hafens in Wien zum KURIER.
Was bedeutet das für Schifffahrt und Handel?
Sofern der Handelsweg nicht militärisch geschützt werden kann, müssen weite Umwege in Kauf genommen werden. Wenn etwa am Weg von China nach Europa das Kap der Guten Hoffnung umfahren werden muss, bedeutet das einen Umweg von 6.000 Kilometern und die Fahrt dauert deutlich länger (siehe Grafik). Das verbraucht nicht nur mehr Treibstoff, sondern die Schiffe sind länger mit ein und demselben Transport belegt. Bei den Frachtraten ist deswegen „ein Sprung nach oben zu erwarten“, sagt Till. Mutmaßlich in dieser Erwartung stiegen zu Wochenbeginn die Aktienkurse der Reedereien.
Was hat das mit dem Panamakanal zu tun?
Ursächlich nichts, aber die Situation im Welthandel ist bereits angespannt, weil der Panamakanal wegen Wassermangels nur eingeschränkt benutzt werden kann. Der Panamakanal verbindet den Pazifik mit dem Atlantik, für den Betrieb wird aber auch dem Gatun-Stausee benötigt. Grund für den mangelnden Niederschlag ist das Wetterphänomen „El Nino“, die Regenzeit beginnt erst wieder im Frühling. Mehr als 120 Frachtschiffe sollen sich Medienberichten zufolge schon stauen, denn die Alternative ist, ganz Südamerika zu umfahren. Mit der Taiwan-Straße ist aufgrund von politischen Spannungen die Nutzung einer dritten wichtige Route für den Welthandel bedroht.
Kommt es dadurch in Europa zu Engpässen?
Für das Weihnachtsgeschäft sind keine Auswirkungen mehr zu erwarten. Sowohl Till als auch Vincent Stamer vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnen damit, dass einige Schiffe Verspätung haben werden. Die Situation könnte sich aber bald einspielen, sodass nicht mit größeren Verwerfungen auf den Lieferketten zu rechnen sei. Das Rote Meer ist auch die wichtigste europäische Importroute für Erdöl. Die britische BP hat etwa am Montag bekannt gegeben, vorläufig keine Tankschiffe mehr durchzuschicken. Halten die Probleme an, könnte das zu steigenden Energiepreisen in Europa führen. Bedrohlicher für die Energieversorgung ist der Konflikt mit dem Iran, der die Straße von Hormus (siehe Grafik) schließen könnte.
Wie reagieren Reedereien und Politik?
Vorläufig haben die großen Unternehmen die Durchfahrt eingestellt. Sie appellieren an die westlichen Staaten, die Frachtschifffahrt militärisch zu beschützen. Die USA, Frankreich und Großbritannien haben bereits Militärschiffe in der Region, Deutschland prüft den Einsatz der Marine. Die Reeder müssen in solchen Fällen für gewöhnlich Sicherheitsabgaben zahlen, sagt Till. Diese verrechnen sie den Kunden weiter.
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