Von Terroristen gekapertes Schiff ist nun Touristenattraktion

Die Touristen trampeln über Flaggen der USA und Israels, nehmen Selfies auf, posieren mit Kämpfern der Houthi-Rebellen, während jemenitische Fahnen an jeder Ecke der „Galaxy Leader“ hängen – und deren 25 Besatzungsmitglieder nach wie vor als Geiseln festgehalten werden. „Wir werden die israelischen Schiffe im Roten und Meer und der Meerenge von Bab al Mandab beschlagnahmen“, sagt ein jemenitischer Besucher in einem Video. Nach wie vor gehen die Houthis nicht davon ab, dass der am 19. November beschlagnahmte Auto-Transporter ein israelisches Schiff sei – und laden mittlerweile Schaulustige ein, das gigantische Schiff zu besichtigen.
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Drohnen und Raketen
Tatsächlich gehört die „Galaxy Leader“ zu einem Teil dem israelisch-britischen Unternehmer Abraham „Rami“ Ungar und ist derzeit an ein japanisches Unternehmen vermietet.
Die Houthis, eine vom Iran finanzierte, schiitische Terrorgruppe, befinden sich nach eigenen Aussagen im Krieg mit Israel, feuern immer wieder Drohnen und Raketen in Richtung Israel ab – ohne signifikante Wirkung. Die Angriffe auf Handels- und Marineschiffe im Golf von Aden sorgen jedoch für Probleme: Eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt verläuft durch diese Meerenge: Täglich passieren nämlich rund sechs Millionen Barrel Öl durch dieses Nadelöhr, das an der engsten Stelle nur 29 Kilometer breit ist. Vor allem für den europäischen Energiemarkt ist diese Route deshalb von hoher Wichtigkeit.
Preiserhöhungen
Regelmäßig attackieren die Houthis andere Fracht- und Handelsschiffe, das letzte Mal am Wochenende, als ein US-Zerstörer drei Schiffen zur Hilfe kommen musste und mindestens drei Houthi-Drohnen abschoss.
Erste Konsequenzen werden bereits gezogen: Deutschlands größter Reedereikonzern Hapag-Lloyd kündigte gegenüber dem deutschen Handelsblatt an, die Preise für die Transporte zu erhöhen. Um 70 Euro für Importe und 80 für Exporte werde der Transport eines Standardcontainer steigen – und das bei einem aktuellen Durchschnittspreis von 943 Euro. Sollten die Angriffe auf Handelsschiffe weiter zunehmen, wäre mit deutlich höheren Kosten zu rechnen.
Neue „Task Force“?
Das Pentagon erklärte am Dienstag, es sei bereit, ein maritimes Einsatzkommando zwischen verbündeten Nationen zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer einzurichten. Grundsätzlich gibt es mit den „Combined Maritime Forces“ seit 2002 einen Zusammenschluss aus 39 Staaten, die in der Region gegen Piraterie und zum Schutz von Handelsschiffen operieren.
Seit April 2022 existiert zudem die „Task Force 153“, die sich auf die „internationale maritime Sicherheit und den Aufbau von Kapazitäten im Roten Meer, Bab al-Mandab und im Golf von Aden“ konzentrieren soll. Noch ist nicht klar, ob die USA die vorhandenen Ressourcen nutzen oder neue schaffen wollen. Allerdings hofft Washington – wie in einigen anderen Krisen auch – auf stärkere Unterstützung Europas. In Brüssel seien derzeit Gespräche im Gange, heißt es.
Die Houthis sind nicht die einzige Terrorgruppe, die den USA derzeit zu schaffen macht: Seit 17. Oktober attackieren mit dem Iran verbündete Milizen US-Basen in Syrien und dem Irak. Immer wieder führen die USA Vergeltungsschläge durch, versuchen aber dennoch, die Situation nicht eskalieren zu lassen und reagieren lediglich auf die Angriffe.
Keine direkten Angriffe
Das ist auch der Grund, warum bisher keine direkten Vergeltungsschläge auf die Houthis unternommen wurden.
Im Jemen selbst herrscht derzeit ein fragiler Waffenstillstand in einem Krieg, der Hunderttausende das Leben kostete. Seit 2015 kämpfen die Houthis gegen Saudi-Arabien, das damals mit Unterstützung der USA, Großbritannien und anderer Staaten den Houthi-Vormarsch im Jemen niederschlagen wollte. Eine im Frühling durch China vermittelte Annäherung zwischen den Saudis und Houthi-Sponsor Iran konnte die Lage etwas entschärfen. Eine erneute Eskalation des Bürgerkriegs im Jemen ist derzeit im Interesse keiner Partei.
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