"Schimmelnder Gorgonzola": Reklamationen von Urlaubern "werden kreativer“
Der Mensch mag es eben, Fehler zu suchen. Egal, ob bei Suchbildrätseln oder im Urlaub, meint Eike Lindinger, Rechtsanwalt in Wien und Experte in Reiserechtsfragen. Seiner Beobachtung nach werden die Reisereklamationen immer kreativer.
Als Beispiel nennt er eine Beschwerde über Schimmel im Gorgonzola-Käse, den ein alleinerziehender Vater als Reisemangel geltend machen wollte. Vor Gericht ist er damit abgeblitzt. Anhand der Verpackung des Käses konnte nämlich nachgewiesen werden, dass der Schimmel kein Mangel, sondern schlicht ein Produktmerkmal war.
Lindinger hat einmal mehr in der „Wiener Liste der Reisepreisminderung“ (gerade in der 4. Auflage im Manz-Verlag erschienen) festgehalten, mit welchen Beschwerden Urlauber vor Gericht auf Reisepreisminderung gepocht haben. Und mit welchem Erfolg.
Klingt nach einer Anleitung zum Querulantentum, ist es aber nicht, sagt der Anwalt: „Im Gegenteil. Die Wiener Liste zeigt die Bandbreite an möglichen Mängeln, die Prozesschancen und die den Klägern seitens der Gerichte zugesprochenen Prozentsätze. Hier ein Auszug aus den jüngst verhandelten Fällen:
Respektloser Reiseleiter: Eine Urlauberin in Tansania hat sich über den Reiseleiter geärgert, der sie de facto ignoriert hat. Geantwortet habe er prinzipiell nur auf die Fragen ihres Mannes, sie als Frau sei dagegen Luft für ihn gewesen. Das habe bei ihr zu einem permanenten Unbehagen geführt, vor allem weil sie mit dem Reiseleiter mehrere Tage auf Safari war. Dazu sei seine „provokant langsame Fahrweise“ an 2 von 6 Tagen gekommen, die sich negativ auf das Besichtigungsprogramm ausgewirkt habe. Die Klägerin bekam letztlich zehn Prozent vom anteilig auf die betroffenen Teile der Reise entfallenden Reisepreis rückerstattet.
Schlacht am Buffet: In einer 5-Stern-Anlage mit 529 Zimmern in Ägypten waren sowohl das Besteck als auch die Tische im Restaurant dreckig und zum Teil nicht abgeräumt, so die Klage eines Reiserückkehrers. Er bekam 5 Prozent rückerstattet. Begründung: Die Reisenden kamen immer recht spät zum Buffet, als dort schon viele andere Gäste gewesen waren oder bereits ihre Mahlzeiten eingenommen hatten.
Dreckige Rutsche: Der Stiegenaufgang zur Rutsche im Hotel war verdreckt und es hat gestunken, klagte eine Familie und bekam 10 Prozent vom Reisepreis zurück. Begründung: Die hygienischen Zustände seien unzumutbar gewesen, die Rutsche nicht verwendbar. Diese sei aber ein Hauptgrund gewesen, weshalb die Familie das vermeintlich kinderfreundliche Hotel gebucht hatte. Es würde der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen, dass Kinder lieber am Pool als am Meer sind – und eine Rutsche zum Erlebnis gehört.
Minibar: Abgeblitzt ist ein Tourist, der sich beschwert hat, dass es in der Minibar nur zwei Dosen Bier, zwei alkoholfreie Getränke und einen Liter Mineralwasser gab. Der Richter verwies darauf, dass die Minibar alle drei bis vier Tage nachgefüllt wurde und sich der Gast zudem selbst Getränke mit aufs Zimmer nehmen hätte können.
Toaster: Ein Gast monierte, dass das Gastronomieequipment, insbesondere Toaster und Kaffeemaschine, total veraltet und verdreckt waren. Mit Erfolg: 5 Prozent Reisepreisminderung. Das Alter der Geräte war zwar irrelevant, die unhygienischen Zustände aber nicht. Allerdings wurde ein Mitverschulden des Gastes von einem Drittel berücksichtigt. Schließlich hätte er sich vor Ort an das Personal wenden können.
Klagen mehren sich
Lindinger – selbst Vertreter zahlreicher Reiseveranstalter – beobachtet übrigens, dass die Gerichte den Argumentationen der Kläger immer seltener folgen. „Bei den ausgewerteten Entscheidungen wurde der zugesprochene Prozentsatz tendenziell häufiger als in der Vergangenheit mit Null oder im niedrigen einstelligen Bereich festgelegt.“
Dennoch klagen – abgesehen davon, dass in Coronazeiten die Fallzahlen sinken – wieder mehr Urlauber. Wohl auch dank ihrer Rechtsschutzversicherung, die die anfallenden Kosten übernimmt. Lindinger: „Der Kläger hat so gesehen nichts zu verlieren.“
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