Corona: Urlaub in Österreich, auch mangels Alternativen

Lunzer See
Jene, die sonst an der Adria Urlaub machen, sind unter anderem mit den Öffnungszeiten und der Gastfreundschaft unzufrieden

„Die wirtschaftliche Lage ist derzeit für wenige in Deutschland niederschmetternd. Denken Sie nur an Beamte, Lehrer oder Pensionisten, an deren Einkommenslage sich nichts geändert hat“, sagt Martin Lohmann, Tourismusexperte und Herausgeber der deutschen Reiseanalyse, am ÖHV-Kongress in Linz. Die Reiselust in Deutschland ist also ungebrochen, zeigt seine aktuelle Analyse.

Für das Urlaubsland Österreich heißt das seiner Meinung nach, dass die Deutschen sowohl im Sommer wie im Winter Österreich auf der Wunschliste haben. Betonung auf „Wunschliste“. Denn ob Urlaubsträume Wirklichkeit werden, steht auf einem anderen Blatt. Gerade in der Pandemie. „Viele wollen zwar, verschieben die Pläne dann aber doch lieber auf nächstes Jahr.“ Dennoch: Bei einer Umfrage im Mai stand das Urlaubsland Österreich im Sommer hoch im Kurs. Nur Italien und Spanien waren auf der Liste der gefragtesten Auslandsdestinationen der Deutschen noch weiter vorne. Detail am Rande: Die Deutschen bleiben – wie auch die Österreicher – in Pandemie-Zeiten überproportional oft letztlich im Urlaub im eigenen Land.

Optimistisch ist Lohmann aber speziell auch für den kommenden Winter. „Wintersport in den Alpen heißt für den typischen Deutschen im Wesentlichen Urlaub in Österreich.“ Und heuer dürfte die Lust auf einen eben solchen besonders ausgeprägt sein – aus Verlegenheit. „Denn viele werden sich noch nicht trauen, im Winter eine Fernreise zu machen.“

Es würde nun an den österreichischen Touristikern liegen, Sicherheitskonzepte zu präsentieren, die allerdings nicht das Urlaubserlebnis beeinträchtigen. Lohmann: „Schließlich will keiner in den Urlaub fahren, weil man sich dort so schön die Hände desinfizieren kann.“

Ein Thema, das die Branche auch im Sommer beschäftigt, der zumindest in der Ferienhotellerie schon gut gebucht ist. Im Vorjahr waren es neben den Deutschen die Österreicher, die die Sommersaison gerettet haben. Ein Erfolg, der nur „geliehen“ ist, da die Urlauber mangels Alternativen in Österreich gestrandet sind.

Raunzende Gäste

Laut Klaus Grabler vom Forschungsinstitut Manova waren diese neuen Gäste aber nicht restlos von Österreich begeistert. Wer sonst den Urlaub an der Adria oder in Spanien verbringt, ist es gewöhnt bis spät in der Nacht durch die Einkaufsstraßen zu bummeln oder Essen zu gehen. Entsprechend kritisiert wurden die Öffnungszeiten und das gastronomische Angebot in Österreich, sagt Grabler. Weitere Kritikpunkte waren der öffentliche Verkehr, das Wetter und – für viele wohl erschreckend – die (mangelnde) Gastfreundschaft in Österreich.

Ein Rückblick auf die vergangenen Sommer: Zwischen 2010 und 2019 ist die Zahl der Gästenächtigungen in Österreich im Sommerhalbjahr um durchschnittlich 2,3 Prozent im Jahr gestiegen. Dann kam Corona und ein Einbruch von 32 Prozent. Die Fernmärkte sind quasi völlig weggebrochen (China zum Beispiel um 99 Prozent).

Einigermaßen gerettet haben die Saison die Österreicher gemeinsam mit den Deutschen. Diese zwei Nationen waren im Vorjahr für mehr als 80 Prozent der Gäste in Österreich verantwortlich. Profitiert haben vor allem jene Regionen, die schon in der Vergangenheit auf den Inlandsgast gesetzt haben. „Viele Tourismusregionen konnten tatsächlich ein Nächtigungsplus erzielen unter anderem im Osten und im Süden des Landes“, sagt Oliver Fritz, Tourismusexperte beim Wirtschaftsförderungsinstitut (Wifo). Er nennt ein Beispiel: Sieghartskirchen in Niederösterreich hat im vorigen Sommer fast 600 Prozent mehr Gäste begrüßt. Ein Plus, das aber nicht einmal Fritz erklären kann.

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