Postenbesetzungen: Hochspannung um die E-Control
Die nächsten zehn Jahre werden die wichtigste Dekade für die Energiewirtschaft. Bestimmt von den Klimazielen, müssen die Versorger ihre Geschäftsmodelle ändern und sich neu aufstellen. Davon wird abhängen, wie und ob die Unternehmen die Transformation meistern.
Michael Strugl, designierter Verbund-Chef, arbeitet an der Neuaufstellung von Österreichs größtem Stromerzeuger. OMV-Boss Rainer Seele baut den Öl- und Gaskonzern in ein Petrochemie-Unternehmen um.
In dieser heiklen Phase hat die E-Control eine ganz besondere Rolle. Der Regulator für leitungsgebundene Energien (Strom, Gas) ist mehr als eine Aufsichtsbehörde. Dem Klima-ministerium zugeordnet, ist die E-Control maßgeblich mitverantwortlich für die Energiezukunft des Landes.
Die Verträge der Vorstände, Wolfgang Urbantschitsch (ÖVP) und Andreas Eigenbauer (SPÖ), laufen im März 2021 aus. Verständlich, dass nicht nur die Energiewirtschaft die Personalie diesmal besonders kritisch beäugt.
Entscheiden wird die grüne Ministerin Leonore Gewessler. Was beim Koalitionspartner ÖVP für Spannungen sorgt. Gewessler wolle, wird befürchtet, knallhart grün umfärben. Man habe bereits so seine Erfahrungen.
Tatsächlich dürfte sich Gewessler auch diesmal nicht mit Türkis abstimmen. Stimmt schon, die E-Control ist nicht explizit im Koalitionsabkommen erwähnt. Doch angesichts der Bedeutung will der Regierungspartner ein gewichtiges Wörtchen mitreden.
Beide E-Control-Vorstände, deren Bestellung auf die rot-schwarze Koalitionsregierung zurückgeht, haben sich wieder beworben. Es ist anzunehmen, dass Eigenbauer, der keinen politischen Rückhalt mehr hat und als Manager nicht sonderlich aufgefallen sein soll, von seinem Rückkehrrecht in das Wiener Rathaus Gebrauch macht.
In der ÖVP macht man sich für die Verlängerung von Urbantschitsch stark. Auch wenn es in der Energiewirtschaft einige kritische Stimmen gibt, wird dem Juristen insgesamt ein gutes Zeugnis ausgestellt. Außerdem ist es wohl nicht der Job eines Regulators, einen Beliebtheits-Contest in der Branche zu gewinnen, die er beaufsichtigt.
Urbantschitsch schaffte es, die E-Control aus politischen Diskussionen herauszuhalten. Gerade die mehrheitlich staatliche Stromwirtschaft ist in Österreich nach wie vor hochpolitisch, die Jobs werden parteipolitisch genau austariert. Die Großabnehmer rechnen Urbantschitsch hoch an, dass er es bei der Trennung der Strompreiszone mit Deutschland als Verhandlungsführer schaffte, dass die Tarife nicht so stark stiegen wie befürchtet. Und er senkte die Kosten der Behörde deutlich.
Andererseits muss sich Urbantschitsch Kritik gefallen lassen, nicht genügend Reservekapazitäten für den Fall eines Strom-Blackouts zuzulassen.
Dass Gewessler als Headhunter ausgerechnet Deloitte anheuerte, kommt bei der ÖVP auch nicht gut an. Chefin Gundi Wentner wird dem roten Lager zugeordnet.
FavoritInnen
Die Ausschreibungsfrist endete am 26. Oktober, die Bewerberliste ist lang. Der Ausschreibungstext ist reichlich allgemein gehalten. Damit sich Gewessler alles offen halten könne, wird vermutet. Der Text sei wortgleich mit der vorherigen Ausschreibung unter Rot-Schwarz, kontert man im Ministerium.
Fix ist, dass Gewessler eine Frau an der Doppelspitze will. Als Favoritinnen werden Christine Materazzi-Wagner (E-Control-Abteilungsleiterin für Strom) und die ehemalige grüne Politikerin Christina Brunner gehandelt, die Wolfgang Anzengruber in den Verbund holte.
Bei den Herren wird Benedikt Ennser kolportiert, Rechtskoordinator in der Energie-Sektion des Ministeriums, sowie Ex-Ökostrom-Vorstand Lukas Stühlinger, vormals OMV-Strategiechef.
Auch René Fischer, wirtschaftlicher Geschäftsführer und Ex-Kollege von Gewessler bei Global 2000, wird genannt. Er dürfte sich allerdings nicht beworben haben. Müsste er auch nicht. Nachnominierungen sind bei Postenbesetzungen im staatlichen Umfeld keine Seltenheit.
Ziel sei es, in einem transparenten Verfahren jene Personen zu nominieren, „die die größte Kompetenz und Unabhängigkeit mitbringen“, heißt es dazu aus dem Ministerium. Plus bestmöglicher Beachtung der Geschlechterparität. Um die Ausschreibung so transparent wie möglich zu machen, habe man Deloitte, die Aufsichtsratsvorsitzende der E-Control (Edith Hlawati) und den Wirtschaftsausschuss des Nationalrats in die Hearings eingebunden.
ÖVP-Aufsichtsräte laufen aus
Anwältin Hlawati ist auch Aufsichtsratschefin von Telekom und Post und hat das Vertrauen der ÖVP. Auch der ÖVP-nahe ehemalige Flughafenvorstand Christian Domany sitzt im E-Control-Aufsichtsrat. Aber entscheiden wird die Ministerin. Die E-Control-Mandate von Hlawati und Domany laufen ebenfalls im März 2021 aus.
Stichwort Regulator
Die E-Control wurde 2001 als Aufsichts- und Regulierungs-behörde für leitungsgebundene Energien, Strom und Gas, gegründet. Sie stellt die technischen und organisatorischen Regeln für Elektrizitäts- und Gasunternehmen auf. Die E-Control soll den Wettbewerb stärken, die Versorgung sicherstellen und ist für erneuerbare Energieträger zuständig. Die Behörde beeinflusst die Preisgestaltung der Unternehmen, steuert die Ökostromzuschläge und bietet für die Konsumenten öffentliche Preisvergleiche für Strom und Gas.
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