E-Control: Mehr kleinere Kraftwerke sollen Netz-Reserve schultern

E-Control: Mehr kleinere Kraftwerke sollen Netz-Reserve schultern
Mehr Erneuerbare erfordern mehr Flexibilität, die Netztarife könnten moderat steigen. Auch höhere Ökostromkosten zu erwarten

Die Reservekapazitäten zur Stabilisierung des Stromnetzes aufgrund immer mehr volatilen Erneuerbaren-Stroms sollen künftig statt einiger weniger Großkraftwerke mehrere kleinere Anlagen gemeinsam schultern, sagte E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch am Dienstag. Die neuen Energiegemeinschaften und ihre lokalen PV-Strom-Anlagen sieht er als "das Salz in der Suppe" zur Wettbewerbserhöhung an.

Als erstes sollte man den genauen Flexibilitätsbedarf erheben, denn zu viel davon käme sehr teuer. Dann sollte man prüfen, wie viel davon Gaskraftwerke decken könnten und wie viel durch gepoolte kleine Einheiten bewerkstelligt werden könnte: "Wir sollten künftig noch mehr in Alternativen denken", auch Kraftwerke im industriellen Bereich kämen in Frage. Im Winter seien Gaskraftwerke im Markt, im Sommer nicht. Gerade im Sommer brauche der Hochspannungsnetzbetreiber APG aber eine Netzstützung. Die APG zahlt für die Bereitstellung einen Basisbetrag, zusätzlich noch etwas bei konkreten Abrufen.

Mehr Grünstrom im Netz

Da künftig immer mehr volatile Erneuerbare Strom ins System liefern würden, sei für die Netze und die Systemstabilität mehr Flexibilität notwendig. Erforderlich seien Anbieter steuerbarer Kraftwerke, Batterien und auch Pumpspeicherwerke. Dabei sollten der Gesetzgeber und der Regulator aber keine bestimmte Technologie bevorzugen, sondern man sollte nach wirtschaftlichen, technischen und ökologischen Gesichtspunkten vorgesehen, betonte der Vorstandsdirektor der Energieregulierungsbehörde E-Control im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Primär solle der Markt die Flexibilitäten beibringen - falls das nicht möglich sei, sollten die Netzbetreiber die Möglichkeit haben, Flexibilitäten abzurufen. Die Netzbetreiber sollten als natürliche Monopolisten aber nicht selbst Flexibilitäten bereitstellen: "Sie sollen nicht den Markt verzerren und vielleicht auch Batterien betreiben", so Urbantschitsch.

Trotz Netzregulierung würden die Netzbetreiber geeignete Rahmenbedingungen für Investitionen vorfinden, betonte der E-Control-Vorstandsdirektor. Das noch bis Ende 2023 laufende 5-jährige Modell sehe als zentrales Element einen Mischsatz von 4,88 Prozent aus Eigen- und Fremdkapitalverzinsung vor - beim Eigenkapital allein seien es daraus mehr als 8 Prozent. "Der Netzbetreiber muss das Netz so führen und ertüchtigen, dass man die Erneuerbaren hineinbringt ins Netz." Die Betreiber hätten bisher auch sehr gut agiert, natürlich würden sie auch unter schleppenden Genehmigungen leiden. Das Einmahnen eines rascheren Ausbaus, auch von Erzeugungsanlagen, sei "vorrangig auf der politischen Agenda" zu sehen.

Netztarife könnten steigen

Wenn die Netze ertüchtigt werden, könnten die von den Stromkunden zu tragenden Netztarife "moderat, aber doch ansteigen", vermutet Urbantschitsch. Teils seien Netze auch am Ende ihrer technischen Laufzeit. Die Kostenbelastung der Haushalte durch die Ökostrom-Förderung, die im Schnitt 90 bis 100 Euro pro Jahr ausmache, "würde etwas mehr" werden, gehe man von der im Regierungsprogramm genannten Summe von (bis zu) einer Milliarde Euro im Jahr an Förderung aus. Wie die Forderung künftig aussehen soll, sei eine politische Frage. Jedenfalls "möglichst effizient", so Urbantschitsch.

Um die Energiekonsumenten in die neue Energiewelt mitzunehmen, sollte auch noch mehr in Transparenz investiert werden, wie dies etwa die E-Control mit ihrem Tarifkalkulator oder dem Ladestellenverzeichnis getan habe. Trotz zuletzt über vier Prozent Strom- und über sechs Prozent Gas-Anbieterwechseln zähle für die Kunden nicht nur der Preis, sondern auch "der Inhalt des Produkts", also ob zum Beispiel Ökostrom angeboten werde: "Es geht künftig weniger ums bloße Verkaufen von Kilowattstunden."

Das gelte auch für den nachgelagerten Bereich der E-Mobilität, in dem es auch Wettbewerb geben müsse. Mehr als 5.000 Ladepunkte im öffentlichen Bereich seien mittlerweile ins Ladestellenverzeichnis eingespeist, die E-Control habe sich immer dafür eingesetzt, dass alle öffentlichen Einspeiser möglichst umfassend zu den Stationen informieren sollten: "Man sollte mehr als den bloßen Standort einmelden - die meisten tun das auch."

Kommentare