Photovoltaik-Ausbauziele verlangen die Nutzung von Freiflächen

Viele fordern eine rasche "Solarwende"
Laut einer Studie reichen Gebäude und Verkehrsflächen nicht aus um die gesteckten Ziele zu erreichen.

Ohne PV-Panele auf Freiflächen lassen sich die Ziele für den Photovoltaik-Ausbau in Österreich nicht erreichen: Die Installation allein auf Gebäuden und Verkehrsflächen ist zu wenig, sagt eine Studie im Auftrag von Oesterreichs Energie, dem Verband der E-Wirtschaft. Eine weitergehende Flächennutzung sei "unausweichlich", so die Strombranche. Letztlich wäre die Hälfte auf Freiflächen zu errichten.

Laut den Ausbauzielen für Erneuerbare Energien, die bis 2030 bilanziell übers Jahr gesehen den gesamten heimischen Strombedarf decken sollen, ist ein Zubau von 27 Terawattstunden (TWh) geplant, darunter 11 TWh Solarenergie, 10 TWh Windkraft, 5 TWh Wasserkraft und 1 TWh Biomasse. Den PV-Ausbau auf Freiflächen sollte man nicht erst nach der Gebäude-PV vornehmen, sondern von Beginn an als Teil der Lösung ansehen, heißt es in einem neuen Positionspapier der E-Wirtschaft.

Dächer reichen nicht

"Dächer alleine sind zu wenig, es braucht auch Freiflächen", betonte dazu Oesterreichs-Energie-Präsident Leonhard Schitter: "Entscheidend für den Erfolg bei PV ist, dass wir von Anfang an keine Option auslassen."

Bei der Freiflächen-Erschließung für PV, die für gut die Hälfte der zusätzlich nötigen 11 TWh infrage kommen soll, wird etwa an den Nahbereich von Infrastruktur gedacht sowie an Parkplatzüberdachungen und Eisenbahn-Flächen - aber auch an Agrar- und Grünlandflächen sowie Wasserflächen, ohne dass dies in Widerspruch mit Tourismus, Ökologie und Naherholung stehen soll, wie es heißt. Richtig ausgelegt, komme es bei Flächen-PV zu keiner Bodenversiegelung mit Beton oder Asphalt, wird schon vorweg möglichen Umweltbedenken entgegengehalten. Befestigungskonstruktionen sollen rückstandsfrei entfernt werden können.

Um die Sonne bestens nutzen zu können (kWh/m2) sollte es eine optimale regionale PV-Verteilung geben; durch Wegfall des Eigenverbrauchs-Vorrangs sollten die Potenziale besser nutzbar werden; Anlagenerweiterungen sollten ohne Verlust bestehender Subventionen gefördert werden. PV-Anlagen sollten von der Energieabgabe befreit werden. Vereinfachungen sollte es bei Anzeigepflicht, Bauordnungen, Wohnungseigentums-, Mietrechts- und Elektrotechnikgesetz geben.

Einer PV-Anlagen-Bewilligung sollte eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes oder des Erholungswertes der Landschaft nicht entgegenstehen, wenn es die Flächenwidmung erlaube - ein Punkt, der wohl noch für Diskussionen sorgen wird. Denn das Ausbau-Ziel von 11 TWh PV erforderte umgehend die Auflösung des Zielkonflikts zwischen Erneuerbaren-Ausbau sowie Landschaftsbild, Flächenverbrauch sowie Natur- und Artenschutz, deponiert die E-Wirtschaft in ihrem Positionspapier.

Unter derzeitigen Bedingungen würden sich an Gebäuden (Dächern, Fassaden) in Österreich bis 2030 wohl nur etwa weitere 4 TWh realisieren lassen, sagt die Studie von FH-Prof. Hubert Fechner, Energieexperte vom Technikum Wien. Fast die Hälfte davon (1,8 TWh) wäre demnach auf Industrie- und Hallendächern möglich, 1,2 TWh bei Ein- und Zweifamilien- sowie 0,5 TWh bei Mehrfamilienhäusern und 0,5 TWh an Fassaden. Zwar bestehe bei den Gebäuden ein technischen Potenzial von 13,4 TWh, doch seien hier die nötigen 80 Prozent binnen nur 10 Jahren "unmöglich" umzusetzen. Da die technischen Gebäudepotenziale nicht ausreichend nutzbar seien, werde es "unabdingbar" sein, auch andere Flächen anzugehen.

Verkehrsflächen (Lärmschutzwände und Parkplatzüberdachungen) würden ein weiteres realisierbares Potenzial von etwa 1 TWh bis 2030 bieten, Deponieflächen aber wohl insgesamt nur etwa 0,3 TWh. Samt Gebäuden wäre man in Summe somit erst bei 5,3 der 11 TWh. Deshalb sollte von Anfang an die Nutzung von Flächen-PV verfolgt werden - am besten mit Wettbewerbsverfahren (Ausschreibung mit jährlichen Kontingenten je Flächenkategorie), weil dies die geringste Förderintensität habe. "Hier kann also mit minimalen Mitteln eine maximale zusätzliche Strommenge erzeugt werden", heißt es.

Nationaler Masterplan

Für die Freiflächen-Erschließung sollte es einen eigenen "Nationalen PV-Masterplan" geben, wobei grundsätzlich "Flächen mit Vorbelastung" und "Flächen mit Doppelnutzung" bevorzugt werden sollten, etwa versiegelte Flächen, Flächen mit geringer ökologischer Bedeutung bzw. Flächen in der Nähe von vorhandenen Stromnetzanschlusspunkten, fordert die E-Wirtschaft.

Als förderwürdig ausgewiesen werden sollten Flächen nahe von Infrastruktur wie Umspannwerken, Trafostationen, Kraftwerken, Windparks, Leitungs-Trassen, Autobahnen, Bahnstrecken usw. Auch Betriebsbau- und Industriegebiete werden dabei angedacht, Parkplatzüberdachungen (zB verbunden mit E-Ladestationen), Agrar- und Grünlandflächen (auch mit Doppelnutzung) sowie Wasserflächen. Den für die Widmung zuständigen Ländern sollten dazu Leitlinien an die Hand gegeben werden. Es sollte eine Sonderwidmung "Solarpark" geben, nach Ende der Nutzung sollte automatisch wieder die ursprüngliche Widmung gelten.

Für die Flächen-PV im Ausmaß von 6 TWh bis 2030 würden jährlich 8,4 km2 benötigt, pro Jahr also 0,01 Prozent der Fläche Österreichs. Betont wird von Oesterreichs Energie, "dass es bei entsprechender Auslegung der Flächen-PV zu keiner Bodenversiegelung mit Beton oder Asphalt kommt und die Befestigungskonstruktionen nach Nutzungsende rückstandsfrei entfernt werden können". Derzeit würden in Österreich circa 43 km2 pro Jahr versiegelt und dem natürlichen Kreislauf entzogen.

Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz

Zum geplanten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) befürchtet die E-Wirtschaft, dass der dort vorgesehene Vorrang für Eigenverbrauch bewirkt, dass kleinere Anlagen gebaut und insgesamt der PV-Ausbau gebremst wird, weil zu wenig vorhandene größere Gebäude- und Freiflächen genutzt werden. Bei PV-Anlagen, die der Sektorkopplung dienen (in Industrie oder Mobilität) sollte es Erleichterungen und Anreize geben. Hier könnten große PV-Potenziale ungenutzt bleiben, wird gewarnt, da eine Marktprämien-Förderung ohne Einspeisung ins öffentliche Netz nicht vorgesehen sei und Invest-Förderungen auf kleinere Anlagen beschränkt seien.

Zudem sollten die Bauordnungen vereinfacht und harmonisiert werden. Schitter: "Mehr PV braucht weniger Bürokratie und geeignete Gesetze, also vereinfachte und österreichweit harmonisierte Bewilligungsverfahren." Im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sollten gemeinschaftliche PV-Anlagen in die "Liste der Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung" aufgenommen werden, um die Errichtung zu beschleunigen. Ebenso sollten sie im Mietrechtsgesetz (MRG) in die Liste nützlicher Verbesserungen aufgenommen werden.

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