Altersvorsorge wird für viele unleistbar: Besonders Frauen betroffen
Fast jeder zweite Österreicher weiß über sein Guthaben am staatlichen Pensionskonto Bescheid. Bloß: Nur rund die Hälfte ist damit auch zufrieden. Das zeigt eine repräsentative IMAS-Befragung rund um das Thema der privaten Altersvorsorge unter 1.000 Menschen zwischen 16 und 65 Jahren im Auftrag der Erste Bank und der Wiener Städtischen. Vor allem Frauen sehen finanzielle Probleme im Alter auf sich zukommen.
Denn nur 45 Prozent sind mit ihrer aus jetziger Sicht zu erwartenden staatlichen Pension sehr bzw. eher zufrieden. Bei Männern sind es 57 Prozent. Auch schätzen Frauen das Risiko der Altersarmut mit 48 Prozent höher ein als Männer (38 Prozent). "Frauen sollten einen gesunden Egoismus leben", sagt Sonja Brandtmayer, Generaldirektor-Stellvertreterin der Wiener Städtischen. "Der Partner ist keine geeignete Vorsorge."
78 Prozent der Österreicher machen sich Sorgen darüber, dass der Staat aufgrund der demografischen Entwicklung immer mehr Geld für die Finanzierung der Pensionen zuschießen muss. Die private Vorsorge deutlich stärker fördern, um so den Staat zu entlasten, wünschen sich 39 Prozent der Befragten. Die Pensionsbeiträge der Berufstätigen erhöhen oder das gesetzlich festgelegte Regelpensionsalter anheben, ist mit 15 bzw. 12 Prozent ziemlich unbeliebt. Ganz abgeschlagen ist die Option, die gesetzlich festgelegten Pensionen zu kürzen (3 Prozent).
Sinnvoll selbst vorzusorgen
Selbst Vorsorge zu betreiben und möglichst frühzeitig mit privater Vorsorge zu starten, wird am häufigsten als sinnvoll erachtet (83 Prozent), um das Risiko einer Altersarmut zu reduzieren. Eine umfassende finanzielle staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge nennen 79 Prozent, immer Vollzeit arbeiten, damit die Pension (später) höher ist, 69 Prozent. 61 Prozent nennen eine höhere Mindestpension für alle und 38 Prozent länger als das gesetzliche Pensionsantrittsalter arbeiten. "Es gibt durchaus Menschen, die auch im Alter gerne arbeiten", so Brandtmayer. 6 von 10 Befragten gehen davon aus, in der Pension arbeiten müssen, um sich den gewünschten Lebensstandard auch im Alter erhalten zu können.
Bei der eigenen finanziellen Vorsorge geben jedoch 63 Prozent an, sich infolge der Teuerung die Vorsorge nicht mehr leisten zu können. Auch in diesem Punkt sind Frauen benachteiligt. Männer können demnach mit 299 Euro pro Monat im Durchschnitt signifikant mehr als Frauen mit 192 Euro zur Seite legen. "Wobei diese Differenz schon deutlich reduzieren werden konnte", merkt Gerda Holzinger-Burgstaller, Vorstandsvorsitzende der Erste Bank Oesterreich, an. Frauen würden allerdings noch immer überdurchschnittlich auf Sparbücher/Sparkarten zur Vorsorge setzen.
Ausbau der betrieblichen Vorsorge
WIFO-Chef Gabriel Felbermayr brachte am Mittwoch den Ausbau der betrieblichen Vorsorge zur Sicherung des Lebensstandards im Alter ins Spiel. Sein Institut hat im Auftrag des Fachverbands der Pensions- und Vorsorgekassen eine Studie erstellt, die die Auswirkungen des Ausbaus der sogenannten zweiten Säule auf die Pensionen errechnet hat.
Schon bei einer jährlichen Einzahlung von 150 Euro würden laut der Studie die Pensionen je nach Geschlecht, Ausbildung und Voll- oder Teilzeitarbeit zwischen ein und neun Prozent steigen. Eine Beitragsleistung von 2,5 Prozent des jährlichen Bruttogehalts würde zu 15 bis 19 Prozent mehr Pension oder zu einem monatlichen Plus zwischen 160 und 400 Euro führen. Am stärksten würden Geringverdiener von einer solchen betrieblichen Altersvorsorge profitieren, führte Felbermayr aus. Sie könnte auch zur Verringerung der Ungleichheit unter Pensionisten beitragen und habe damit auch eine "sozialpolitische Komponente"
Finanziert werden könnte sie durch den einmaligen Verzicht auf eine Lohnerhöhung, regte der Wirtschaftsforscher an. Das wäre für Arbeitgeber kostenneutral, für Arbeitnehmer würde sich die Steuerlast auf den Zeitpunkt der Auszahlung verschieben, Sozialversicherungsbeiträge würden für den Betrag entfallen.
"Deutlich unterentwickelt"
Die betriebliche Altersversorgung sei in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern "deutlich unterentwickelt", sagte Felbermayr. Sie könnte aber zur Entlastung der Pensionen aus dem Umlagesystem beitragen. Denn die Zuzahlungen aus dem Budget werden in den nächsten Jahren steigen.
Bis 2029 rechnet der WIFO-Chef mit 7 bis 8 Mrd. Euro, die zusätzlich in die Pensionsversicherung fließen müssen, weil die Anzahl der Pensionisten stärker zunimmt als die Anzahl der Beitragszahler. Weil gleichzeitig wegen des hohen Budgetdefizits auch rund 6 Mrd. Euro pro Jahr eingespart werden müssen und die Wirtschaft kaum wächst, werde auch der Druck auf die Politik zu einer Reform des Pensionssystems steigen.
Forderungen an Politik
Auf die hofft auch Andreas Zakostelsky, der Obmann des Fachverbandes der Pensions- und Vorsorgekassen. Er forderte von der künftigen Regierung eine verpflichtende betriebliche Zusatzpension für alle. Der Fachverband wünscht sich auch eine staatlich Förderung der Beiträge der Arbeitnehmer.
Die angespannte Budgetsituation sieht Zakostelsky nicht als Hindernis. Ein Zuschuss von 80 Euro pro Jahr würde rund 320 Mio. Euro kosten. Weil damit auch der Altersarmut entgegengewirkt werde, die sonst zur zusätzliche Leistungen aus dem Pensionssystem abgemildert werden müsste, sei das "gut investiertes Geld", sagte der Fachverbands-Obmann.
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