Nowotny: Eurozone ist "Schwachstelle" der Welt

Nowotny: Eurozone ist "Schwachstelle" der Welt
Im Vergleich zu anderen Ländern steht Österreich noch gut da – trotz Stagnation seit 2012.

Bei der Präsentation der neuesten Wirtschaftsprognose der Oesterreichischen Nationalbank redete deren Gouverneur Ewald Nowotny nicht lange um den heißen Brei herum: „Der Euroraum ist die Schwachstelle der Weltwirtschaft.“

Seit November 2011 werden die Wachstumsprognosen ständig nach unten revidiert, die Wirtschaftspolitik habe die Dynamik des Abschwungs unterschätzt.

Aktuell geht die OeNB 2013 von einem BIP-Rückgang um 0,6 Prozent für die Eurozone aus. Im Gegensatz zu der US-Wirtschaft ist es nicht gelungen, sich von der Rezession zu befreien – vor allem, weil am alten Kontinent eine starke Binnennachfrage fehlt. Selbst Staaten wie Finnland und die Niederlande stecken mittlerweile in der Rezession. Das heißt, ihre Wirtschaftsleistung hat seit mindestens zwei Quartalen nicht mehr zugelegt (siehe Grafik). Und auch die viel gepriesene Wachstumslokomotive Deutschland verliert an Dynamik. „Eine beunruhigende Entwicklung“, kommentiert Nowotny.

Hoffnung macht die Tatsache, dass die Exporte und Investitionen wieder etwas in die Gänge kommen. Experten hoffen daher, dass die Talsohle Mitte des laufenden Jahres durchschritten ist.

Nowotny: Eurozone ist "Schwachstelle" der Welt
Schwacher Trost: Im Vergleich der schwächelnden Euro-Staaten schaut Österreich noch relativ gesund aus. Auch wenn die Wirtschaft seit dem zweiten Quartal 2012 stagniert und die OeNB die BIP-Prognose für 2013 und 2014 um jeweils 0,2 Prozentpunkte (auf 0,3 beziehungsweise 1,5 Prozent) nach unten geschraubt hat. Getragen wird das Mini-Wachstum derzeit vor allem vom Export. „Die Erwartungen an steigende Exporte und Investitionen sind allerdings mit Risiken verbunden“, schränkt Nowotny ein. Österreich führt übrigens noch immer weniger Waren in den Euro-Raum aus, als vor Ausbruch der Wirtschaftskrise.

Zumindest auf einer Front gibt der OeNB-Gouverneur – zum wiederholten Male – Entwarnung: „Es gibt eindeutig keine Inflations- und Deflationsgefahr in Österreich“, betont er mit Verweis auf die weiterhin fallenden Energiepreise.

Die Arbeitslosenrate wird auch im kommenden Jahr unter der 5-Prozent-Marke bleiben, schätzt Doris Ritzberger-Grünwald, neue Direktorin der OeNB-Volkswirtschaftsabteilung. Hinter der steigenden Zahl an Beschäftigten stecken allerdings vor allem Teilzeitkräfte und geringfügig Beschäftigte. Das anhaltend schwache Reallohnwachstum dürfte den privaten Konsum anhaltend bremsen. Viele werden auch weiterhin vorsichtshalber Geld auf die hohe Kante legen. Ritzberger-Grünwald: „Trotz niedriger Zinsen rechnen wir weiter mit einer Sparquote von 7,7 Prozent.“

Hochwasserfolgen

Die Hochwasserkatastrophe wird sich gesamtwirtschaftlich kaum auswirken, sagt Nowotny. „Es sind keine großen Industriebetriebe betroffen, die Produktionsausfälle sind nicht sehr groß.“ Das Hochwasser 2002 hat einen BIP-Rückgang von 0,1 Prozentpunkten nach sich gezogen. Das würde auf 2013 umgelegt bedeuten, dass das Wachstum statt 0,3 nur 0,2 Prozent beträgt. „Auch wenn es zynisch klingt: In den Folgejahren hat der Bau von Hochwasserschutz und die Reparatur von Schäden einen Wachstumseffekt am Bau.“

Die Eurozone ist die Schwachstelle der Weltwirtschaft, es fehlt eindeutig eine Wachstumslokomotive. Nach dieser zutreffenden Analyse von Nationalbank-Chef Ewald Nowotny bleibt nur die Frage: Und jetzt?

Sogar das deutsche Wachstum muss man schon mit der Lupe suchen. Ein Anstieg der deutschen Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent (statistische Unschärfe?) hätte vor der Finanzkrise alle Alarmglocken läuten lassen. Heute wird Stagnation achselzuckend akzeptiert, weil sie zu den nicht vorhandenen politischen Konzepten passt und immer noch besser ist, als die Rezession in den meisten anderen europäischen Ländern.

Aber weder das neue EU-Mitglied Kroatien noch Lettland, das 2014 zum Euro stößt, werden das Kraut fett machen. Weit und breit ist keine neue Vision für Europa in Sicht. Wir schauen träge zu, wie die Massenarbeitslosigkeit in vielen Ländern zur allergrößten Belastungsprobe für die sozialen Netze wird.

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