Was Österreich beim Ökostrom gelungen ist und wo die ÖVP blockiert
Beim Erneuerbaren-Ausbau hat sich die schwarz-grüne Bundesregierung viel vorgenommen. Einiges ist gelungen, in anderen Fällen sind Branchenvertreter enttäuscht. Sie bemängeln, dass wichtige Gesetze dem politischen Muskelspiel im Vorwahlkampf zum Opfer fallen dürften.
Der KURIER hat aus diesem Anlass beim Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) und der Österreichischen Energieagentur (AEA) nachgefragt, welche Meilensteine erreicht wurden und welche Schritte als nächste getan werden sollten.
Erneuerbaren–Ausbau-Gesetz (EAG)
Sowohl Günter Pauritsch von der AEA als auch Martina Prechtl-Grundnig von EEÖ bezeichnen das Erneuerbaren–Ausbau-Gesetz im Gespräch mit dem KURIER als „wichtigen Meilenstein“.
In dem Gesetz wurden die Ausbauziele für die einzelnen Ökostrom-Technologien und die jeweiligen Förderungen festgelegt (siehe Grafik). Bis 2030 soll Österreich seinen Strombedarf bilanziell (Produktion und Verbrauch über das Jahr gerechnet, Anm.) aus Erneuerbaren decken können.
UVP-Novelle
Der Erneuerbaren-Ausbau wird oft durch die langen Zulassungsverfahren gebremst. Die neuen Bestimmungen für die Umweltverträglichkeitsprüfung aus dem Frühling 2023 sollen für schnellere und effizientere Verfahren sorgen.
Österreichischer Netzinfrastrukturplan
Mit dem ÖNIP gibt es erstmals in Österreich einen Plan, wie die verschiedenen Energienetze aufeinander abgestimmt ausgebaut werden sollen. Die überregionalen Netze von Strom-, Gas und künftige Wasserstoff müssen aufeinander abgestimmt werden, damit die notwendige Infrastruktur auch der Energiespeicher möglichst effizient funktioniert.
Förderungen und Gebühren
Die Bundesregierung hat eine Reihe an Förderpaketen für spezifische Technologien aufgelegt, etwa für Wasserstoff, den Heizungstausch und die E-Mobilität.
Beide Gesprächspartner betonen gegenüber dem KURIER den auch davon unterstützten Boom beim Ausbau der Photovoltaik. Allerdings müsste die Windkraft „dementsprechend nachgezogen werden“, sagt Pauritsch. Denn die Erzeugungsprofile der beiden Technologien ergänzen einander gut.
Zwiespältig sieht Prechtl-Grundnig jedoch den koalitionären Kompromiss zum Heizungstausch.
Herausgekommen seien „wahnsinnig hohe Förderungen“, einen „klaren Pfad“ zum Ausstieg aus fossilen Heizsystemen, der Konsumenten und Betrieben auch Planungssicherheit geben würde, fehle aber.
Nicht direkt mit dem Erneuerbaren-Ausbau hängt die Einführung eines CO2-Preises zusammen. Allerdings dürfte diese Bepreisung in den kommenden Jahren in ganz Europa eine große Wirkung entfalten, denn sie wird fossile Energieträger schrittweise verteuern, wodurch Erneuerbare naturgemäß attraktiver werden.
Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz
Mit dem EABG sollte eine EU-Richtlinie umgesetzt werden, um den Erneuerbaren-Ausbau zu beschleunigen. Das Vorhaben wurde Anfang 2023 angekündigt, im Herbst hätte die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt sein sollen.
Vorgesehen war darin unter anderem die verpflichtende Ausweisung von Beschleunigungsgebieten, in denen Infrastruktur einfacher errichtet werden kann. Laut Pauritsch wäre das auch für die Umsetzung des ÖNIP wichtig.
Elektrizitätswirtschaftsgesetz
Knapp vor dem Ziel gescheitert ist das ElWG, das das mehr als zwanzig Jahre alte Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) ablösen sollte. Auch hier geht es um die Umsetzung von EU-Vorgaben, in der Angelegenheit läuft bereits ein Vertragsverletzungsverfahren.
Für Prechtl-Grundnig ist das „absurd“ und „wirklich ärgerlich“. Die ÖVP begründe ihren Widerstand damit, dass erst noch eine neue EU-Binnenmarktrichtline berücksichtigt werden soll, die EEÖ-Chefin hält das für „scheinheilig“. „Die ÖVP will das jetzt einfach nicht mehr“, sagt Prechtl-Grundnig zum KURIER.
Nationaler Klima- und Energieplan
Säumig ist Österreich auch beim NEKP. In diesem müssen die EU-Mitglieder skizzieren, wie sie ihre Klima- und Energieziele bis 2030 erreicht wollen. Österreich ist inzwischen das einzige Land ohne NEKP, selbst Beitrittskandidat Ukraine hätte einen eingereicht, bemängelt Pauritsch.
Zwar hat das grüne Klimaschutzministerium einen Entwurf nach Brüssel geschickt, die ÖVP legte aber ein Veto dagegen ein. Auch in dieser Sache läuft ein Vertragsverletzungsverfahren.
Erneuerbares-Gas-Gesetz
Schlecht steht es auch um das Erneuerbares-Gas-Gesetz für den Hochlauf von „grünen“ Gasen wie Biomethan und Wasserstoff aus Ökostrom. Die Regierung ist sich dabei zwar einig, sie bräuchte aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat und weder SPÖ noch FPÖ wolle dem Regierungsentwurf zustimmen.
Ausblick
Wie es mit den Erneuerbaren-Regelungen weitergeht, wird massiv vom Wahlergebnis abhängen. „Leichter wird es nicht“, warnt Prechtl-Grundnig.
Pauritsch ist im KURIER-Gespräch etwas optimistischer: Viele Vorhaben, die in der laufenden Legislaturperiode vielleicht nicht mehr umgesetzt werden, seien weit gediehen und könnten theoretisch auch von einer neuen Regierung beschlossen werden – für die inhaltliche Ausarbeitung seien ohnehin nicht die Parteien, sondern die Ministerien zuständig.
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