Neue SAP-Chefin: "Ich entscheide nicht nach Quoten"
Am 1. Februar löste Christina Wilfinger (38) überraschend Christoph Kränkl an der Spitze von SAP Österreich ab. Für die gebürtige Steirerin und Mutter einer Tochter ist es ein Comeback. Schon vor ihrem Wechsel ins Management von Microsoft Österreich war sie für den deutschen Unternehmens-Softwarekonzern tätig. Wilfinger, die an der TU Wien Wirtschaftsingenieurwesen studierte, gab dem KURIER ihr erstes Interview.
KURIER: Sie sind 38 Jahre, ihr Vorstandskollege Gregor Grindjan ebenfalls. Setzt SAP auf einen Generationswechsel?
Christina Wilfinger: Der gute Mix macht es aus. Es arbeiten fünf Generationen bei SAP. Wir haben viele Kollegen, die seit 20, 25 Jahren im Unternehmen sind. Aber es ist auch notwendig, einen frischen Wind reinzubringen.
Es gibt mit Grindjan als operativen Chef eine Art Doppelspitze. Traut man einer Frau allein nicht?
Diese Rollenverteilung zwischen Managing Director und Chief Operating Officer gibt es schon länger. Ich verantworte das gesamte Geschäft und Grindjan ist die notwendige Unterstützung für die Innenorganisation, sodass der Laden läuft.
Auch an der SAP-Konzernspitze gab es zuletzt eine Doppelführung mit einer Frau als Vorstandschefin. Diese blieb aber nur sechs Monate, jetzt ist Christian Klein alleiniger Chef. Eine Begründung war: In einer Krise brauche es rasche Entscheidungen...
Das war eine CEO-Funktion, in unserem Fall sind die Rollen klar getrennt und aufgeteilt. Was die rasche Entscheidungsfindung betrifft, so denke ich nicht, dass es dafür Männer braucht. Das ist eine Lebenseinstellung. Die Vielfalt macht’s.
Deutschland beschloss zu Jahresbeginn eine verpflichtende Frauenquote für Vorstände von Börsekonzernen. Soll es eine solche Regelung auch in Österreich geben?
SAP erfüllt die Quote und ist in dieser Frage führend als DAX-Konzern in Deutschland. Wir haben bei der SAP in Österreich jetzt schon einen Frauenanteil von knapp 50 Prozent im Management, im Unternehmen sind es 36 Prozent. Wir haben jetzt sicher ein weiblicheres Team als in der Vergangenheit.
Aber sind Sie persönlich für oder gegen eine Quotenpflicht?
Es gibt Beispiele, wo es funktioniert und wo es nicht funktioniert. Ich habe bisher nie nach Quoten oder Zahlen entschieden, sondern wer die beste Person für den Job ist. Jung, alt, männlich, weiblich ist nicht relevant, es muss einfach die beste Übereinstimmung für den Posten sein. Mir ist wichtig, dass wir die besten Köpfe an Bord haben.
Die IT-Branche leidet unter massivem Fachkräftemangel. Haben Sie neue Rezepte dagegen?
Es gibt kein Allheilmittel. Man muss aus meiner Sicht schon in der frühkindlichen Förderung beginnen, Digitalisierungskompetenz aufzubauen. Das passiert jetzt durch die Pandemie aus der Not heraus. Ich würde mir wünschen, dass das jetzt in den Alltag einzieht.
Großes Thema in der Pandemie ist das Homeoffice. Wie wird es bei SAP genutzt?
Wir sind grundsätzlich auf Homeoffice-Modus, für uns als Technologieunternehmen ist das nichts Neues, wir sind sehr mobil. Die Mitarbeiter haben die Möglichkeit, ins Office zu kommen. Derzeit sind wir aber nur zu 20 Prozent belegt.
Wird es nach der Corona-Krise noch fixe Arbeitsplätze geben?
Es wird ein Hybridansatz werden. Viele Dinge sind möglich, die vorher nicht möglich waren, aber ein persönliches Gespräch oder Meeting ist einfach nicht wegzudenken. Jeder sehnt sich danach.
Für viele Frauen gilt das Homeoffice als Karrierefalle. Sehen Sie das auch so?
Ich bin das beste Beispiel, dass es nicht so ist. Ich bin selbst Mutter einer Tochter, maximal zwei bis drei Tage in der Woche im Office und Chefin von SAP Österreich.
Um vom Homeoffice-Trend zu profitieren, kooperiert SAP jetzt eng mit Microsoft und seiner Kommunikationsplattform Teams. Was haben die Kunden davon?
Wir verbinden das Beste aus beiden Welten. MS Teams ist bei vielen Firmen etabliert. Microsoft macht den Bereich Kommunikation perfekt, SAP die Geschäftsprozesse. Wir erwarten uns hier große Synergien. Für den Kunden heißt das: Heraus aus den Business-Applikationen schnell einen Chat starten, Dokumente austauschen etc. Und zwar nicht nur innerhalb des Unternehmens, sondern mit Kunden und Lieferanten.
SAP kommt ganz gut durch die Krise. Bei der IT wird offenbar nicht gespart. Wie ist die Auftragslage?
Wir sehen eine starke Nachfrage beim Thema Transformation von Kunden- und Lieferantenbeziehungen. Die Welt ist zunehmend vernetzt, Digitalisierung ist da keine Option mehr, sondern eine Notwendigkeit. Wir sind dabei den Mittelstand mit einfachen, aber flexiblen Anwendungen zu unterstützen und bieten Business-Transformation as a Service an. Großes Thema sind auch Cloud-Lösungen für Unternehmen.
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