SAP-Chef: "Können von Apple viel lernen"
Der deutsche Software-Konzern SAP ist trotz Börsenturbulenzen optimistisch, die ehrgeizigen Jahresziele zu erreichen. Der KURIER sprach mit Vorstandssprecher Jim Hagemann Snabe über die neue Mobilitäts-Strategie, "Vorbild" Apple und Software zur Bugdetsanierung.
KURIER: SAP hat kürzlich seine Jahresprognose angehoben. Derzeit gibt es aber wieder Konjunktursorgen. Werden die Prognosen halten?
Jim Hagemann Snabe: Unsicherheit im Markt ist nicht gut für Unternehmen. Wir sehen aber nach wie vor einen großen Bedarf an Software. In den deutschsprachigen Ländern hatten wir im zweiten Quartal ein 30-prozentiges Wachstum, obwohl unsere Marktposition dort schon sehr stark ist. Es ist wichtig, dass die Politik uns dabei hilft, eine gewisse Stabilität zu haben. Vor allem die Stabilität des Euro wäre wichtig. Ein zu starker Euro würde uns schaden, weil unsere Mitbewerber vor allem US- Unternehmen sind.
Ein Schwerpunkt der neuen SAP-Strategie ist Mobilität. Was genau sind die Ziele?
Die meisten mobilen Anwendungen sind derzeit für Privatkunden, wir wollen zum Marktführer für mobile Geschäftsanwendungen werden. Das ist auch ein Grund, warum wir den US-Konzern Sybase übernommen haben. Das ermöglicht uns, SAP-Software auf mobile Endgeräte zu integrieren.
Sind nach der Sybase-Übernahme weitere Zukäufe in diesem Bereich geplant?
Wir haben uns sehr deutlich für eine eigene Innovationsstrategie entschieden und werden daher nur Übernahmen machen, wenn sie helfen, diese Strategie rascher umzusetzen. Wir werden keinesfalls nur Marktanteile zukaufen. Dass man mit eigenen Innovationsstrategien erfolgreich sein kann, beweist zum Beispiel Apple.
Sie sagten kürzlich, Sie wollen SAP zum Apple für Business Software machen. Was macht Apple so erfolgreich?
Apple hat nicht Marktanteile zugekauft, sondern eigene Innovation besser und schneller vorangetrieben. Wir können von Apple viel lernen, etwa die Benutzeroberfläche für Anwender besser zu machen. Heute wird auch Business-Software mit Apple, Facebook oder Google verglichen und die Anwender wollen einfach eine Software, die auch schön zu benutzen ist. Auch die Idee, dass man nicht alles selbst bauen muss, sondern andere daran teilnehmen lässt, ist gut. Apple hat 300.000 Applikationen gebaut, davon aber nur 20 selbst. Aber SAP unterscheidet sich auch von Apple. Wir haben kein Spielzeug, wo sich vielleicht ein Kind ärgert, wenn etwas nicht funktioniert, sondern heikle, unternehmenskritische Daten.
Was bedeutet die Google-Motorola-Fusion für SAP?
Für uns ist das gut. Wir unterstützen alle mobilen Plattformen, Android von Google ist für uns sehr wichtig.
Will SAP mit seiner mobilen Strategie auch neue Zielgruppen, z. B. Private, ansprechen?
Durch mobile Endgeräte können viel mehr Benutzer erreicht werden. Wir bieten unsere Software zwar nicht direkt Privaten an, aber viele unserer Kunden haben Direkt-Kontakt mit Konsumenten, etwa Banken oder Versicherungen. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, bis 2015 eine Milliarden Benutzer mit unserer Software zu erreichen. Derzeit sind es rund 50 Millionen. Das wäre also ein Riesensprung. Breiter gefasst könnte ein Benutzer einer SAP-Software auch ein Auto sein, das mit der Werkstatt kommuniziert. Oder denken Sie an den ganzen Bereich der intelligenten Zähler (Smart Meters, Anm.) im Strombereich.
Wie wichtig ist der Standort Österreich für SAP?
Wien war vor 25 Jahren unsere erste Auslandsniederlassung. Heute profitieren wir von den Erfahrungen in Österreich, weil hier neue Technologien rascher umsetzbar sind als anderswo. Ergebnisse werden dann zu globalen Lösungen.
Sie haben gerade einen Großauftrag mit der Wiener Städtischen abgeschlossen. Worum geht es da genau?
Die Vienna Insurance Group ist ein globaler Referenzkunde für unsere Branchenlösung im Bereich Versicherung. Es ist ein großes, strategisches Projekt. Da geht es etwa darum, wie man mit mobilen Endgeräten Versicherungskunden noch besser betreut, etwa bei einem Autounfall.
Stichwort Schuldenkrise. Viele Staatshaushalte - auch der österreichische - werden mit SAP erstellt. Kann Software bei der Budgetsanierung helfen?
Letztlich muss ein Land geführt werden wie ein Unternehmen, es kann nicht mehr ausgeben als es verdient, um ausgeglichen zu bilanzieren. Bei den Ausgaben kann Software helfen, den Staatshaushalt zu sanieren, ich denke da etwa an eGovernment oder den Gesundheitssektor (Healthcare), wo Österreich vorbildhaft ist. Mit entsprechender Analysesoftware kann auch auf Fehlentwicklungen schneller reagiert werden.
Zur Person: Jim Hagemann Snabe
Zwei-Mann-Spitze Jim Hagemann Snabe, gebürtiger Däne, ist seit Februar 2010 gemeinsam mit Bill McDermott Vorstandssprecher der SAP AG. Im Konzern ist er vor allem für die Bereiche Strategie und Innovation zuständig. Snabe kam 1990 zu SAP und ist seit 2008 im Vorstand, von 1994 bis 1996 arbeitete er für IBM.
SAP Das weltweit drittgrößte Softwareunternehmen wurde 1972 in Walldorf/Deutschland gegründet und beschäftigt heute 54.000 Mitarbeiter in 70 Länder, davon 400 in Österreich. Weltweit nutzen rund 170.000 Kunden Unternehmenssoftware von SAP, in Österreich sind es 1300. 2010 setzte SAP 12,46 Mrd. Euro um und schrieb einen Gewinn von 1,81 Mrd. Euro.
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