SAP-Chef: „Betriebe rüsten jetzt IT-mäßig nach"

SAP-Österreich-Chef Christoph Kränkl
Der deutsche Softwarekonzern meldet eine gute Auftragslage. Nur Abrechnungstools für Dienstreisen sind jetzt ein Ladenhüter.

Am deutschen Unternehmens-Software-Riesen SAP geht die Corona-Krise bisher scheinbar spurlos vorüber. Als einer der wenigen DAX-Konzerne konnte SAP im zweiten Quartal den Nettogewinn gegenüber dem Vorjahr sogar um 52 Prozent auf  885 Millionen Euro steigern. Vor allem das Geschäft mit Mietsoftware in der Datencloud legte kräftig zu.

Erste Schock überwunden

Auch in Österreich laufe das Geschäft „für das Ausmaß der Krise gar nicht so schlecht“, berichtet SAP-Österreich-Chef Christoph Kränkl dem KURIER. Eigene Österreich-Zahlen veröffentlicht der Konzern nicht. Die Auftragslage für den Herbst sei gut, viele Unternehmen würden auf die neuen Gegebenheiten reagieren und ihre IT-Systeme nachrüsten. „Der erste Schock bei den Betrieben scheint überwunden, wir verzeichnen auch viele Neukunden“, sagt Kränkl.

Kurzfrist-Planung

Gefragt seien vor allem Software im Bereich Logistik- und Produktionsplanung sowie Management-Tools zum raschen Unternehmens-Überblick. „Wegen der Krise sind viele Betriebe von der Jahres- über die Monats- zur Wochenplanung übergegangen“, erzählt Kränkl. Einziger Ladenhüter aus dem Bauchladen der SAP-Anwendungen sei die Dienstreise-Abrechnung. „Das war zuvor noch ein richtiger Renner.“

SAP Österreich kam ohne Kurzarbeit durch die Lockdown-Phase. Nach neun Wochen Homeoffice kamen die 480 Mitarbeiter wieder sukzessive an ihren Arbeitsplatz zurück. Die Präsenzquote im Büro beträgt derzeit 25 bis 30 Prozent. „Es sind wechselnde Belegschaften. Wer ins Büro will, muss sich anmelden“, schildert der SAP-Chef. Permanentes Homeoffice sei kein Thema, man setze auf „hybrides Arbeiten“.

Als Haupt-Profiteur des Homeoffice-Trends sieht Kränkl vor allem Microsoft mit seiner Kommunikations-Software MS Teams. SAP werde hier nicht in Konkurrenz zum langjährigen Partner gehen, sondern sich weiter voll auf das Kerngeschäft mit Geschäfts- und Produktionsprozesse konzentrieren.

SAP-Chef: „Betriebe rüsten jetzt IT-mäßig nach"

Christoph Kränkl ist seit 2018 SAP-Chef

Europa-Strategie

Mit Sorge betrachtet Kränkl den sich zuspitzenden digitalen Handelskrieg zwischen den USA und China. „Da ist für niemanden etwas zu gewinnen. Wir versuchen uns, aus allen globalen Konflikten rauszuhalten.“ Die Informationstechnologie sei eine „offene Weltengesellschaft, die nach überregionaler Kooperationen schreit“.

Technologie-Allianz

Als einer der letzten großen IT-Konzerne in Europa unterstützt SAP europäische Technologie-Allianzen, etwa jene zur Schaffung einer vernetzten, europäischen Dateninfrastruktur (Gaia-X). Erst kürzlich wurde eine Kooperation mit Siemens geschlossen. „Wir stehen ganz klar für eine europäische Wertschöpfung, für europäische Datenschutzrichtlinien und für europäische Partnerschaften“, betont der SAP-Chef.

Eher skeptisch zeigt er sich bezüglich der von Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck initiierten „Austro-Cloud“. „Ich glaube nicht, dass es viel Sinn macht, wenn jetzt alle 27 EU-Länder ihre eigene sichere Datencloud basteln“. Besser sei es, hier einen gemeinsamen europäischen Weg zu gehen.

2.000 Fachkräfte fehlen

Trotz Corona sei nach wie vor ein großes Thema der Fachkräftemangel in der Software-Branche. Allein im SAP-Umfeld würden in Österreich „sicher an die 2.000 Fachkräfte“ fehlen. Mit eigens abgestimmten Schulungsangeboten versucht SAP derzeit Fachkräfte aus anderen Branchen anzulocken.

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