Millionenpleite eines Luftfahrt-Unternehmens
„Das Hauptgeschäft der Primus Aero GmbH war ursprünglich das Management und die Verwaltung von Flugzeugen sowie in verschiedenen technischen und unterstützenden Dienstleistungen für die Luftfahrt. Mittlerweile wird der größte Teil des Umsatzes (ca. 70 Prozent des Gesamtumsatzes) durch den Handel mit Flugzeugersatzteilen erwirtschaftet. Infolge langfristiger Wartungsverträge mit Flugzeugbetreibern sowie der vorhandenen Lizenzen zur Vergabe von Betriebsgenehmigungen für rund 50 Flugzeugtypen konnte sich die Primus Aero GmbH eine gute Marktpositionen erarbeiten“, so der KSV1870. „Die Wartungsarbeiten selbst werden von Vertragswerkstätten (Werften) durchgeführt. Die Primus Aero GmbH überwacht dabei die ordnungsgemäße Durchführung, bestätigt die Betriebsbereitschaft der Luftfahrzeuge und beschafft die notwendigen Ersatzteile.“
Und weiter heißt es: „Als Grundlage für den weiteren Ausbau des Geschäftsfelds erwarb die Primus Aero GmbH 2022 sämtliche Geschäftsanteile der Austrian Aircraft Corporation - AAC, Österreichische Luftfahrzeug Gesellschaft m.b.H., einem österreichischen Anbieter von Wartungs- und Reparaturdienstleistungen. Gemeinsam mit der AAC beschäftigte die Schuldnerin im Jahr 2023 insgesamt knapp unter 100 Mitarbeiter. Die Erweiterung der Dienstleistungen sowie das schnelle Wachstum des Hauptkunden führte in den vergangenen Jahren zu einem stabilen und stetigen Wachstum.“
Die Rede ist von der Primus Aero GmbH mit Sitz in Feldkirchen bei Graz. Sie hat laut KSV1870 ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt. Aktuell sind 20 Mitarbeiter von der Pleite betroffen.
Die Insolvenzursachen
"m Oktober 2022 erwarb die Unternehmen "die AAC GmbH zu einem Kaufpreis von 3,3 Millionen Euro, angeblich um seine Wertschöpfungskette durch eine Werft zu erweitern. Die zum Vertragsabschluss fällige Anzahlung in Höhe von 800.000 Euro wurde aus kurzfristigen Betriebsmitteln finanziert, die geplante Refinanzierung über einen Abstattungskredit konnte schließlich jedoch nicht umgesetzt werden. Die verbleibenden 2,5 Millionen Euro wurden seitens der Verkäuferin schließlich gestundet, sodass der Restkaufpreis erst in 09/2032 zur Zahlung fällig ist. Bis dahin ist lediglich der Zinsdienst (8 Prozent pro Jahr) laufend zu bedienen".
"2022 zog das Unternehmen in ein neues Bürogebäude und vergrößerte ihre Strukturen um mit den kommunizierten Wachstumsplänen ihrer größten Kundin mithalten zu können, welche die Übernahme einer Airline sowie die „Einflottung" von zusätzlich fünf Embraer 190 Jets vorsahen. Tatsächlich wurden diese Wachstumspläne der Kundin jedoch nicht wie geplant realisiert, wodurch die Primus Aero GmbH auch die zugesagten Aufträge im Zusammenhang mit der Betreuung der vergrößerten Flotte entgingen", heißt es weiter. "Die mit dem Umzug und den vergrößerten Strukturen verbunden Ausgaben führten schließlich zu Engpässen im Cashflow. Die Primus Aero GmbH versuchte, dem Liquiditätsengpass durch Factoring der Ausgangsrechnungen entgegenzuwirken, was Mitte 2023 tatsächlich zu einer Verbesserung der Liquidität führte. Gleichzeitig wurde jedoch der Zessionsrahmen bei einer Bank auf lediglich 100.000 Euro reduziert."
Geld ausgegangen
Seit November 2023 kommt die Kundin ihren Zahlungsverpflichtungen nur mehr unregelmäßig nach, wodurch die Primus Aero GmbH selbst nicht mehr in der Lage war, die vereinbarten Zahlungspläne mit ihren Lieferanten einzuhalten.
"Trotz intensiver Bemühungen der Primus Aero GmbH konnte die notwendige Liquidität schließlich nicht gewährleistet werden. Der Factoring-Vertrag wurde schließlich im Februar 2024 aufgrund der schlechten Zahlungsmoral der Kundin gekündigt. Darüber hinaus führte die Ablehnung eines Antrags auf einen höheren Zessionsrahmen (aufgrund rapide verschlechterter Finanzzahlen) durch die Bank zu einer Verschlechterung der Liquidität. Ohne die Finanzierung war die Primus Aero GmbH nicht mehr in der Lage, in dem erforderlichen Ausmaß neue Geschäfte zu generieren und Zahlungen fristgerecht zu leisten. Auch die im Jänner 2024 lukrierten Umsätze aus Franchiseverträgen konnten die Situation nicht mehr nachhaltig entspannen", so der KSV1870. "Die Primus Aero GmbH ist daher nicht mehr in der Lage, ohne die angestrebten Sanierungsmaßnahmen ihren Betrieb in der derzeitigen Form fortzuführen. Es wurden daher die Zahlungen eingestellt und ist die Zahlungsunfähigkeit eingetreten."
Schulden und Vermögen
Die Verbindlichkeiten werden mit 6,014 Millionen Euro beziffert, die Aktiva mit 2,018 Millionen Euro.
Die Zukunft
„Die Primus Aero GmbH strebt den Fortbetrieb und die Sanierung des Unternehmens an. Die Finanzierung des Sanierungsplans soll aus dem laufenden Geschäftsbetrieb erfolgen“, heißt es weiter. „Es sollen ausreichende Aufträge zur Gewährleistung der Liquidität vorhanden sein.“
Zum Insolvenzverwalter wurde der renommierte Anwalt und Sanierungsexperte Norbert Scherbaum in Graz bestellt.
Kommentare