Mayr-Melnhof auf Einkaufstour

Mayr-Melnhof auf Einkaufstour
Nach einem Werk in Finnland schnappt sich der Kartonkonzern nun einen Standort in Polen.

Seit Mai ist Mayr-Melnhof-Chef Peter Oswald erst im Amt. Und hat jetzt schon mehr als eine Milliarde Euro ausgegeben – für Akquisitionen und Investitionen. Der neueste Coup: Mayr-Melnhof kauft um rund 700 Millionen Euro die Kartonfabrik Kwidzyn in Polen von International Paper. Für das polnische Unternehmen zahlt der börsenotierte Konzern 670 Mio. Euro und übernimmt zusätzlich 33 Mio. Euro an Verbindlichkeiten. Das Geld kommt aus Banklinien und Schuldscheindarlehen.

Und das ist nur ein Teil des Einkaufswagens, der bei Mayr-Melnhof prall gefüllt ist. Erst im Dezember hat der Konzern bekannt gegeben, in Finnland die Kotkamills Group um 425 Mio. Euro zu kaufen. Diese Transaktion soll Mitte des Jahres abgeschlossen sein. Abgesehen von den Einkäufen investiert Mayr-Melnhof auch innerhalb von zwei Jahren 100 Mio. Euro in den heimischen Standort Frohnleiten und 18 Mio. Euro in die Faltschachtelproduktion in Hirschwang (die Kartonproduktion an diesem Standort wurde ja im Vorjahr geschlossen – inklusive Stellenabbau).

In Summe stockt Mayr-Melnhof mit dem Polen-Kauf seine Jahreskapazität in der Kartondivision (daneben gibt es noch die Packaging-Division) an frischfaserbasierten Produkten um rund 740.000 Tonnen pro Jahr auf. Mit dem Kauf des Werks in Finnland kommen außerdem 400.000 Tonnen dazu (von denen aber erst 260.000 Tonnen aktiv sind). Bisher lag die Jahresproduktion von Mayr-Melnhof im Frischfaserbereich bei 350.000 Tonnen pro Jahr. Es gibt hier also eine Vervierfachung der Kapazität.

Im Vergleich mit dem Recyclingbereich, der bis dato der klar dominierende in der Kartondivision von Mayr-Melnhof war, gleicht sich der Anteil der Divisionen jetzt auf jeweils rund 50 Prozent an.

In Polen übernimmt Mayr-Melnhof mit dem tatsächlichen Abschluss der Übernahme (Closing) im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2.300 Mitarbeiter, in Finnland waren es 500. Insgesamt stockt der Konzern damit den Mitarbeiterstand auf rund 12.800 auf.

Ob in Polen nach erfolgter Übernahme Mitarbeiter gehen müssen, konnte man bei Mayr-Melnhof nicht beantworten. „Dazu ist es noch zu früh. Es handelt sich um ein kosteneffizientes Werk. Jetzt steht erst einmal die Übernahme und in den kommenden zwei Jahren die Integration des Standorts im Vordergrund“, erklärt ein Sprecher.

Ob die Strategie sei, gerade jetzt in Krisenzeiten zuzukaufen, bestätigte ein Sprecher gegenüber dem KURIER nicht. „Wir nehmen die Gelegenheiten wahr, wenn sie sich bieten. Das ist unabhängig von den großen Bewegungen.“ Weitere große Akquisitionen habe man jetzt nicht im Auge. Aber: „Wenn es etwas Gutes am Markt gibt, werden wir uns das anschauen.“ Mit den Werken in Finnland und Polen habe man in dieser Größenordnung die gekauft, die „am besten zu uns passen“.

Neuer CEO

Der 58-jährige Peter Oswald ist seit 1. Mai 2020 CEO bei Mayr-Melnhof, seit April 2020 im Vorstand. Er kommt vom börsenotierten Verpackungs- und Papierunternehmen Mondi Group, bei dem er seit 1992 tätig war, seit 2017 als CEO.

Mayr-Melnhof steht insgesamt recht gut da: Bei den Jahresergebnissen 2019 (2020 ist noch ausständig) wurde eine Eigenkapitalquote von über 62 Prozent ausgewiesen. Der Umsatz lag bei 2,544 Milliarden Euro (plus 8,8 Prozent), an Jahresüberschuss blieben 190,2 Millionen Euro (Zahlen zum dritten Quartal 2020 siehe Infobox). Die Aktie legte am Freitag rund fünf Prozent zu.

  • Mayr-Melnhof
    In den ersten drei Quartalen 2020 erzielte der Konzern ein Ergebnis in Höhe von 116,3 Mio. Euro (minus 20,5 Prozent; Grund sind Einmaleffekte) und 1.903 Millionen Euro (minus 1,1 Prozent) Umsatz
     
  • Zwei Bereiche
    Zur Mayr-Melnhof Karton AG gehören zwei Divisionen: Karton und Packaging. Erstere umfasst Frischfaserkartonproduktion und Recycling, zweitere die Faltschachtelproduktion

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