Manipulative Praktiken: Temu im Visier von Konsumentenschützern

FILE PHOTO: Illustration picture of e-commerce platform Temu
Gegen die chinesische Billig-Shoppingplattform werden in Deutschland rechtliche Schritte geprüft

„Beeile dich! Über 126 Personen haben diesen Artikel in ihrem Warenkorb“ oder: „Mehr als 54 Nutzer haben wiederholt gekauft! Warum nicht 2 auf einmal“: Mit solchen Anreizen versucht die chinesische Shopping-Plattform Temu Konsumenten zum Kauf von Produkten zu verleiten.

In der EU sind psychologischen Tricks im Online-Handel, die auch „Dark Patterns“ genannt werden, seit dem Inkrafttreten des Gesetzes für digitale Dienste (Digital Services Act) im vergangenen Februar eigentlich verboten. Die  deutsche Verbraucherschutz-Staatssekretärin Christiane Rohleder sprach sich am Montag für ein konsequentes Vorgehen gegen die Plattform und solche manipulativen Kaufanreize aus: Es sei wichtig, dass die Regelungen auch durchgesetzt werden, sagte Rohleder. 

Die deutsche Verbraucherzentrale des Bundesverbands (VZBV) prüft rechtliche Schritte gegen Temu und mahnte die Plattform auch bereits ab.

Grenzen nicht immer klar

Die Grenzziehung zwischen unzulässiger Manipulation, die Nutzer in ihrer Selbstbestimmung einschränken, und gerade noch zulässiger Werbung sei nicht immer leicht zu ziehen, sagt die Konsumentenschützerin Daniela Zimmer von Arbeiterkammer (AK). Gerade deswegen sei es wichtig, dass es exemplarische Fälle gebe, bei denen ersichtlich werde, was rechtswidrig sei, um den Druck auf Plattformen erhöhen zu können.  

Würden etwa Nutzer beim Kauf von Produkten zur Eile genötigt, etwa durch den Verweis, dass nur noch eine geringe Anzahl verfügbar sei, so sei dies nur unlauter, wenn die Information nicht stimme. Das nachzuweisen, sei aber nur schwer möglich, sagt Zimmer. Bei Temu verweist man etwa darauf, dass die Bestands- und Kaufaktualisierungen den realen Stand der Lagerbestände widerspiegeln würden.

"Jede relevante Plattform trickst"

Gerade bei großen Plattformen seien Manipulationsversuche der Nutzer eher die Regel als die Ausnahme, sagt Zimmer. "Jede relevante Plattform trickst." Gegen Temu selbst liegen bei der AK laut Zimmer aber bisher keine Beschwerden vor.  

Auch bei der KommAustria, die in Österreich für die Einhaltung des Gesetzes für digitale Dienste und das darin enthaltene Verbot von „Dark Patterns“ im Online-Handel zuständig ist, sind noch keine Beanstandungen eingegangen, heißt es auf Anfrage des KURIER. 

Bei Plattformen außerhalb Europas sei in der Regel das Land zuständig, in der die europäische Vertretung angesiedelt sei, sagt Zimmer. Es mache aber Sinn auch auf nationaler Ebene Verstöße aufzuzeigen, um Druck zu erzeugen. 

Auch Händler machen gegen Billig-Plattformen mobil

Die Praktiken der Shopping-Plattform sind hierzulande aber nicht nur Verbraucherschützern ein Dorn im Auge. Der Handelsverband wirft chinesischen Billig- und Fast-Fashion-Anbietern wie Temu, aber auch Shein unfairen Wettbewerb vor. 

Die niedrigen Preise der chinesischen Billiganbieter würden auch ermöglicht, weil die Grenze für die zollfreie Einfuhr von 150 Euro auch mithilfe der kreativen Verpackung der Güter umgangen werde, heißt es: Aus großen Lieferungen würden Teillieferungen gemacht, um unter 150 Euro zu kommen. 

Die Branchenvertreter sehen heimische Händler durch solche Schlupflöcher benachteiligt und fordern die rasche Aufhebung der Zollfreigrenze, spätestens 2026.

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