Luxemburg will sein Bankgeheimnis lockern

Das Land lehnt den automatischen Informationsaustausch nicht mehr strikt ab. Muss Österreich nachziehen?

Luxemburg ist bereit, sein Bankgeheimnis zu lockern. "Wir wollen eine verstärkte Zusammenarbeit mit den ausländischen Steuerbehörden", sagte der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. "Der internationale Trend geht zu einem automatischen Informationsaustausch. Den lehnen wir, anders als früher, nicht mehr strikt ab." Bei diesem Austausch werden Zinserträge von Ausländern automatisch an die Finanzbehörden des Heimatlandes gemeldet.

Luxemburg baue nicht auf Kunden, die Steuern sparen wollen, erklärte Frieden. Bisher schützt die ausländischen Anleger dort eine anonyme Quellensteuer von 35 Prozent der Zinserträge. Diese wird den Angaben zufolge zum großen Teil nach Deutschland überwiesen, ohne den Namen zu nennen. Deutsche Steuersünder sollen nun nicht mehr gedeckt werden, so Frieden.

"Luxemburg ist keine Steueroase. Wir unterwerfen uns allen EU- und OECD-Regeln zu Geldwäsche und Steuerhinterziehung" - Luc Frieden

Luxemburgs Finanzminister hatte bereits vor seinen Aussagen gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung eine Verhandlungsbereitschaft durchklingen lassen.

Luxemburg ist seit der Zypern-Rettung und der Steueroasen-Affäre wieder ins Visier deutscher Politiker geraten. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poß wies den Vorschlag Friedens am Sonntag zurück. "Dieses halbherzige Angebot ist kein Beitrag zur Problemlösung. Wenn der Informationsaustausch nur die Zinserträge umfassen soll, dann bringt uns das nicht viel weiter", erklärte er. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte ein härteres Vorgehen gegen Euro-Partner wie Österreich, die Niederlande und Irland.

Österreich unter Beschuss

Österreich und Luxemburg sind bis dato die einzigen der 27 EU-Staaten, die die Erteilung eines Verhandlungsmandats an die EU-Kommission über eine Reform der Zinsbesteuerungsrichtlinie blockieren. Österreich fürchtet, nach solchen Verhandlungen mit fünf europäischen Drittstaaten sowie mit den USA zum automatischen Informationsaustausch übergehen zu müssen. Das würde de facto eine Aufhebung des Bankgeheimnisses bedeuten und wird von Wien bisher abgelehnt. Bereits am Freitag wurde Kritik am österreichischen Modell laut: Attac Österreich und Deutschlands Finanzminister Schäuble sprachen sich gegen das Bankgeheimnis aus.

Unzufrieden ist auch Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO). Österreichs bekanntester Ökonom forderte im KURIER-Gespräch die sofortige Abschaffung des Bankgeheimnisses in seiner heutigen Form und Praxis.

Österreich müsse sich „einen Ruck hin zu mehr Transparenz und Ehrlichkeit geben“. Auch im Kontext der Korruptionsfälle und Skandale der letzten Jahre dürfe Österreich schon aus Imagegründen nicht länger das Bankgeheimnis aufrechterhalten und müsse massiver als in der Vergangenheit gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche vorgehen.

Lockerung auch für Inländer denkbar?

Für Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske ist eine Lockerung des Bankgeheimnisses auch für Inländer "durchaus vorstellbar". Das sagte er am Sonntag in der Pressestunde. Man müsse aber den "kleinen Sparern sagen, dass es nicht um sie geht". Für die ausländischen Kunden heimischer Banken werde es "über kurz oder lang sicher eine europäische Lösung geben", meinte Kaske.

"Steuerbetrüger dürfen nicht geschützt werden", betonte der AK-Präsident. Man müsse der "Steuerhinterzieher habhaft" werden, aber "die Kleinen sollten wissen, es geht nicht um sie". Deshalb müsse auch die Bevölkerung in die Diskussion über das Bankgeheimnis einbezogen werden.

Der Sprecher der österreichischen Finanzministerin Maria Fekter, Gregor Schütze, erklärte am Sonntag laut AFP trotz der neuen Luxemburg-Aussage, die Position von Österreich bleibe unverändert. "Es ist nicht gerechtfertigt, dass man ein kleines Land hier unter Druck bringen möchte für eine Tradition, die bei uns in der Bevölkerung gut verankert ist", hatte Fekter bereits am Samstagabend in der ZiB1 des ORF-Fernsehens gemeint. Und laut ZiB20 sagte die Ministerin zudem: "Der Datenschutz ist doch in anderen Bereichen auch enorm wichtig - warum nicht hier? Warum wirft man ihn hier so einfach über Bord?" Sie sei "nicht an einem automatischen Informationsaustausch interessiert, der nur zu einem Datenfriedhof der Sonderklasse führt", hatte Fekter dazu am Freitag in Brüssel erklärt.

Will die heimische Justiz wegen Ermittlungen Informationen dazu, wer wo in Österreich ein Konto besitzt, so muss bei den Bankenverbänden dahingehend eine Anfrage gestellt werden - samt Begründung, warum es ein Verfahren gegen die Person gibt. Die Verbände verteilen die Information dann an die Banken. Die Bank ist dann verantwortlich, zu nennen, ob die entsprechende Person ein Konto hat. Erst in einem zweiten Schritt werden die Kontodaten möglicherweise offengelegt.

OECD-Experten forderten zuletzt Anfang Jänner erleichterten Zugang der Justiz zu Bankdaten in Österreich. Auch hatte die Korruptionsstaatsanwaltschaft kritisiert, dass Auskunftsersuchen durch die zahlreichen Berufungsmöglichkeiten der Finanzinstitute verzögert würden. In die selbe Kerbe schlug dann auch die OECD. Die Kreditinstitutsverbände würden gegen Anfragen der Justiz "automatisch" Berufung einlegen, hieß es. Und weiter: "Die routinemäßige Beeinspruchung gerichtlicher Anordnungen" durch die Banken sei ein "ernsthaftes Hindernis" bei der Strafverfolgung.

In Deutschland haben die Behörden hingegen die Möglichkeit, alleine aufgrund eines Verdachtes und ohne Begründung in ein Register einzusehen. Die Nichtregierungsorganisation Attac kritisiert an der heimischen Lösung, dass "durch die Verzögerungen aufgrund der nötigen Anfragen in Österreich Versteckmöglichkeiten Tür und Tor geöffnet" seien, sagte deren Sprecher David Walch am Freitag zur APA.

Der Bankenverband wies schon im Jänner den Vorwurf umgehend zurück, durch routinemäßige Beeinspruchung von Kontoöffnungen Ermittlungen verzögern zu wollen. Demnach hätten die fünf Fachverbände der Banken im Vorjahr zwei Drittel der insgesamt 122 Kontoöffnungsbeschlüsse sofort an die Banken weitergeleitet. Nur in 34 Prozent der Fälle habe es Beschwerden gegeben. Gut der Hälfte der Beschwerden sei vom Gericht stattgegeben worden.

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