Wiener Städtische: Lebensversicherungen wieder gefragt
Die Lebensversicherung, vor allem die klassische Variante mit Garantie-Verzinsung, war lange ein Ladenhüter. Seit 2010 gingen die laufenden, jährlichen Prämienzahlungen in Österreich um rund eine Milliarde auf 4,6 Milliarden Euro zurück. Hauptgrund waren die niedrigen Zinsen, manche Anbieter verkaufen die klassische Lebensversicherung gar nicht mehr.
"Für eine Renaissance ist es noch etwas zu früh, aber die klassische Lebensversicherung ist wieder en vogue", beobachtet Ralph Müller, Chef der zum VIG-Konzern gehörenden Wiener Städtischen Versicherung. Der Anteil an den Altersvorsorge-Produkten sei im Vorjahr von nur 25 bis 30 Prozent auf 35 bis 40 Prozent gestiegen.
Dank der steigenden Zinsen ist diese konventionelle Form der privaten Vorsorge für die Konsumenten etwas attraktiver geworden. Die Gesamtrendite bei der Wr. Städtischen beträgt derzeit rund zwei Prozent.
➤ Mehr lesen: Höhere Prämien, mehr Gewinn: Starkes Jahr für Wiener Städtische
Die heimische Politik habe bisher nichts für die private Altersvorsorge getan, bedauert Müller. Das staatliche Pensionssystem in Österreich sei nach wie vor sehr leistungsfähig und die Pensionszahlungen hoch, doch angesichts der demographischen Entwicklung sei es "nicht ratsam oder gesund, in der Altersvorsorge alles nur auf eine Karte zu setzen". Notwendig sei auch der Ausbau der privaten und der betrieblichen Säule.
Lange keine Anpassungen mehr
Müller plädiert für die Halbierung der Versicherungssteuer im Lebensbereich von vier auf zwei Prozent. "Der Steuersatz wurde nie gesenkt. Die vier Prozent gab es, als die Verzinsung bei sechs bis acht Prozent lag, und auch während der Null-Zins-Phase".
Zudem fordert der Städtische-Chef die Reform der staatliche (bescheiden) geförderten Zukunftsvorsorge und Verbesserungen in der betrieblichen Altersvorsorge. Die steuerfreie Höchstgrenze von 300 Euro im Jahr sei seit Jahrzehnten nicht mehr angepasst worden.
Unwetter häufiger
Die Sachversicherungen werden für die Kunden inflationsbedingt teurer, kündigte Müller am Mittwoch vor Journalisten an. Vor allem Eigenheim- und Haushaltsversicherungen, Kfz-Polizzen und Betriebsversicherungen würden um sechs bis sieben Prozent teurer. Er warnte die Konsumenten vor einer Unterversicherung. Neue Produkte hätten zwar Indexklauseln eingebaut, "aber die Leute haben viel in ihr zu Hause investiert. Besonders bei Naturkatastrophen ist eine Unterversicherung sehr nachteilig", rät Müller den Kunden, ihre Polizzen überprüfen zu lassen.
Durch die Klimaerwärmung komme es häufiger zu Unwettern, zwischen 2010 und 2022 summierten sich die Schäden auf 1,1 Milliarden Euro, rechnete Müller vor. Unwetterschäden seien weiterhin finanzierbar, Beschränkungen gebe es aber in Hochrisiko-Zonen wie Hochwassergebieten. Trotzdem biete das Unternehmen auch in diesen Regionen gegen einen Prämienaufschlag eine Höchstdeckung bis zu 50.000 Euro an.
Mit dem Ergebnis 2022 zeigt sich Müller zufrieden, der Gewinn vor Steuern stieg um 14 Prozent auf 220 Millionen Euro. Die Prämien erhöhten sich um 2,1 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro.
Kommentare