Das gesetzliche Ende der Altersdiskriminierung bei Bankkrediten sei ein großer Etappensieg gewesen. Ihr nächstes Etappenziel sei daher die Abschaffung der Altersdiskriminierung bei Versicherungen.
Die Diskriminierung beginne oft mit Erreichen des 65. Lebensjahres und betreffe vor allem Unfall- und Kfz-Versicherungen. „Die Versicherungsprämien müssen von der persönlichen Unfallhistorie abhängen, nicht vom Alter“, fordert Korosec. „Auch heimische Gerichte bestätigen, dass einige Versicherungsklauseln altersdiskriminierend sind.“ Als Beispiel nennt sie ein Urteil des Obersten Gerichtshofs vom November 2020. Damals hob der OGH zwei altersdiskriminierende Klauseln bei der Unfallversicherung der Merkur Versicherung auf. Erstens eine Klausel, wonach sich die Versicherungssummen in der Unfallversicherung ab dem 70. Lebensjahres um 30 Prozent reduziere.
Korosec: „Eine willkürliche Altersgrenze ist unzulässig.“ Und eine weitere Klausel, die vorsieht, dass bei Unfällen ab Vollendung des 75. Lebensjahres für eine unfallbedingt verbliebene dauernde Invalidität anstelle der Kapitalleistung eine Rente ausbezahlt werde. „Versicherungsnehmern, die jahrelang Prämien einzahlen, den Umfang ab einer willkürlichen Grenze zu kürzen, weicht stark von der Leistungsvereinbarung ab“, stellt Korosec dazu fest.
Doppelt perfide
Ihrer Meinung nach liegt schon im Namen: „Versicherung“, dass die Menschen diese Produkte abschließen, um im Ernstfall abgesichert zu sein. Das mache Altersgrenzen doppelt perfide: „Einerseits ist es diskriminierend und andererseits völlig widersinnig, eine Versicherung dann zu kündigen, wenn die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass die Versicherungsnehmer eine Leistung in Anspruch nehmen – und das, nachdem sie oft jahrzehntelang einbezahlt haben.“
Bisherige Gespräche mit dem Versicherungsverband (VVO) haben laut Korosec zu keinem allgemeinen Umdenken geführt. Daher ist ihr Ziel, der Altersdiskriminierung bei Versicherungen (keine Kündigung und keine erhöhten Prämien aufgrund des Alters) per Gesetz einen Riegel vorzuschieben. „Ich werde mich dazu rasch mit Justizministerin Alma Zadic als zuständiger Ministerin in Verbindung setzen.“ Zusätzlich werde sie das Thema in den Österreichischen Seniorenrat tragen.
Objektive Wahrscheinlichkeiten
Gegenüber dem KURIER stellt der VVO fest, dass die Prämienberechnung auf Basis von objektiven statistischen Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt der unterschiedlichen Risiken aufgrund der Lebenserwartung, des Eintritts der Erkrankung bzw. der Unfallhäufigkeit erfolge. „Die Prämien müssen immer so bemessen sein, dass sie die statistisch berechneten künftigen Leistungen abdecken. Die Anordnung einer Gleichstellung ungleicher Risiken widerspricht der Notwendigkeit der risikogerechten Bildung versicherungstechnischer Rückstellungen. Es bedarf daher einer risikogerechten Differenzierung, die nicht mit einer Diskriminierung verwechselt werden darf.“
Korosec widerspricht vehement: "Oft wird von Versicherungsunternehmen bei der Risikoabwägung nicht nach der viel beschworenen statistischen Wahrscheinlichkeit gehandelt. Es ist beispielsweise statistisch erwiesen, dass die Unfallwahrscheinlichkeit bei 65-Jährigen nicht signifikant anders ist als bei 35-Jährigen. Trotzdem werden unterschiedliche Prämien berechnet."
Auch sehe sie nicht, dass etwa bei der Unfallhäufigkeit zwischen Männern und Frauen - Männer seien doppelt so häufig in tödliche Unfälle verwickelt wie Frauen, obwohl sie nur ein Drittel mehr Kilometer mit dem Auto zurücklegen - ein Unterschied bei den Prämien gemacht werde. "Beim Alter scheinen in den Augen der Versicherungen offenbar andere Regeln zu gelten." Eine individuelle Risikoabwägung wäre möglich – etwa mittels Fahrtauglichkeitsbescheiden bei einer Autoversicherung. Viele Seniorinnen und Senioren würden derartige Vorschriften im Gegensatz zu willkürlichen Altersgrenzen akzeptieren.
Zum Prinzip der Privatversicherung gehört laut VVO die Vertragsfreiheit, die Risikoprüfung und die risikoadäquate Tarifierung – im Gegensatz zum Prinzip der Sozialversicherung, die u.a. durch einheitliche Eintrittsregeln gekennzeichnet sei.
Korosec meint zu diesem Standpunkt des VVO: „Die Versicherung soll die Versicherten schützen, nicht die Versicherung selbst.“
Weitere Beispiele:
Frau G. wurde zu ihrem 70. Geburtstag die Unfallversicherung gekündigt. Sie hatte jahrzehntelang einbezahlt und musste die Versicherungsleistungen nie in Anspruch nehmen. Laut Versicherung werden Seniorenunfallversicherungen aufgrund „zu geringer Nachfrage“ nicht angeboten.
Einer anderen Seniorin, Frau A., wurde die Versicherung wegen „erhöhter Unfallgefahr durch Gebrechlichkeit im Alter“ einseitig gekündigt und eine Versicherung angeboten, deren Konditionen für sie viel teurer wurden.
Herr P. ist mit seinen 82 Jahren sehr sportlich unterwegs. Er geht regelmäßig Skifahren, langlaufen, wandern und bergsteigen. Die Bewegung und ein gesunder Lebenswandel halten ihn topfit. Darüber hinaus ist er seit Jahrzehnten in einem Alpenverein tätig. Dieser bietet über ein Versicherungsunternehmen eine Unfallversicherung an, die Herr P. gerne abschließen möchte. Das wird ihm jedoch mit Verweis auf ein Höchstalter von 75 Jahren verwehrt. Herr P. würde einen Gesundheitscheck vor Versicherungsabschluss akzeptieren, die Altersgrenze ist für ihn jedoch unverständlich.
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