Arbeiten in der Pension
Vor allem die ÖVP will eine Abschaffung bzw. Reduktion der Pensionsbeiträge für arbeitende Pensionisten. Hier gibt es verschiedene Modelle – etwa der Wegfall des Dienstgeber-Anteils, Absetzbeträge für die Senioren oder beides. Der grüne Regierungspartner ist aber skeptisch. Es dürfe nicht zur Situation kommen, dass sich die Jobchancen jüngerer Arbeitnehmer durch eine Senkung der Lohnnebenkosten für Pensionisten verschlechtern.
Arbeiten statt der Pension
Für Männer gilt in Österreich eine Korridorpension. Sie reicht von 62 bis 68 Jahren. Heißt: Wer vor dem regulären Pensionsantrittsalter von 65 Jahren in Frühpension geht, dem werden für jedes zu frühe Jahr 5,1 Prozent von der Pension abgezogen. Wer nach dem 65. Geburtstag seine Pension antritt, erhält für jedes Jahr – bis 68 – 4,2 Prozent Zuschlag. Wer nach dem Pensionsantritt weiterarbeitet, bekommt eine „Höherversicherung“ – einen Bonus fürs Weiterarbeiten. Dabei handelt es sich meist um einen niedrigen zweistelligen Betrag im Monat. Dieses Weiterarbeiten in der Pension möchte die ÖVP attraktiver gestalten. Wer weiterarbeitet, zahlt derzeit weiterhin Pensionsversicherungsbeiträge.
Diese wollen die Türkisen streichen. Arbeitgeber könnten den arbeitenden Pensionisten dann ein höheres Nettogehalt zahlen, da sie Abgaben einsparen würden.
Pensionsexperte Walter Pöltner, ehemals Vorsitzender der Alterssicherungskommission, hält die Abschaffung der Beiträge nur für eine Teillösung. Aber welche anderen Anreize gibt es, um Menschen in Beschäftigung zu halten?
Umschulungen
Ein Ende der Versicherungsbeiträge hilft nur Pensionisten, die bis zum regulären Antrittsalter arbeiten können. Wer in einem körperlich fordernden Beruf tätig war, ist oft gezwungen, früher in Pension zu gehen. Mögliche Lösung: rechtzeitige Umschulungen. Das müsse für Betriebe reizvoller und vom AMS gefördert werden, meint Pöltner.
Teilpension
„Man muss einen flexiblen Ausstieg aus dem Berufsleben schaffen“, sagt Elisabeth Potzmann, Präsidentin des österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes. Das sei für Mangelberufe, wie die Pflege, dringend nötig. Etwa über Teilpensionen, bei denen man neben der Pension weiterhin Teilzeit arbeitet.
Kommunikation
Eine IHS-Studie aus 2019 zeigt, dass viele Österreicher kurzfristig denken, wenn es um den Pensionsantritt geht. Dabei sind die finanziellen Unterschiede massiv: Wer mit 62 statt 68 Jahren in Pension geht, erhält monatlich bis zu 2.000 Euro brutto weniger. Das werde nicht deutlich genug kommuniziert, meint Wifo-Ökonom Thomas Url: „Die Verhaltensökonomie sagt hier, dass die Art und Weise, wie man diese Informationen verpackt, sehr wichtig ist.“
Altersarmut
Die Teilzeitquote von Frauen ist in Österreich rund 20 Prozent höher als bei den Männern. Viele kehren nach einer längeren Karenz auch gar nicht zurück in den Arbeitsalltag. Potzmann fordert die Pensionsversicherungsanstalten auf: „Man muss bei Frauen ein Bewusstsein schaffen, dass es ein Weg in die Altersarmut ist, wenn sie nicht rechtzeitig auf ihre aktiven Erwerbsjahre achten.“
Einsamkeit
Das Berufsleben schafft Strukturen im Alltag. Deshalb sei „das Frühpensionierungsprogramm auch ein Frühablebensprogramm“, sagt Martin Gleitsmann, ehemals WKO-Experte für Sozialpolitik. Es werde unterschätzt, wie wichtig Aufgaben und Ziele im Leben seien. Eine zu frühe Pension gehe oft mit Einsamkeit, Alkoholismus oder Depression einher – und könne somit gesundheitliche Probleme fördern. „Es gibt natürlich Berufe, wo die Pension die Erlösung bedeutete“, relativiert Gleitsmann.
Die Gewerkschaft gibt bei alledem zu bedenken, dass zunächst einmal die Arbeitsbedingungen so stark verbessert werden müssten, dass die Menschen gesund bis ins gesetzliche Pensionsantrittsalter kommen.
Die Hälfte der Frauen geht laut einer Studie der Arbeiterkammer nicht direkt aus der Erwerbstätigkeit in die Pension, weil sie gesundheitliche Probleme, Betreuungspflichten oder Altersarbeitslosigkeit daran hindern. „Selbstverständlich gilt es angesichts des hohen Arbeits- und Fachkräftebedarfs, die Erwerbsbeteiligung von Frauen insgesamt zu erhöhen“, heißt es dazu aus dem Arbeitsministerium. Das unterstütze man mit zahlreichen spezifischen Angeboten.
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