On-Gründer zum Börsengang: "Der größte Geldautomat der Welt"

Börselauf der On-Running-Gründer mit 100 Läufer/innen
Der Schweizer Sportschuh-Hersteller erlöste 746 Millionen Dollar bei IPO an der Nasdaq. Mitgründer Caspar Coppetti über die weiteren Pläne.

Der Börsengang wurde perfekt inszeniert - mit einem Börsenlauf Gemeinsam mit rund 100 Läuferinnen und Läufer sprinteten die Gründer der Schweizer Laufschuh-Marke On heute, Mittwoch, entlang des Hudson Rivers zur Wall Street, um pünktlich um 15.30 Uhr an der New Yorker Stock Exchange die "Opening Bell" zu läuten.

Der IPO an der Nasdaq wurde mit Spannung erwartet, gilt der Schweizer Newcomer On doch derzeit als schnellstwachsender Sportartikelhersteller der Welt, der  den etablierten Playern Nike und Adidas den Kampf ansagt. Platziert wurden insgesamt 31,1 Millionen Aktien. Der Ausgabepreis der Aktie wurde mit 24 Dollar festgelegt, somit wurden 746,4 Millionen Dollar in die Kassen des Unternehmens gespült. Der Börsenwert kletterte damit auf mehr als 6 Mrd. Dollar.

On-Gründer zum Börsengang: "Der größte Geldautomat der Welt"

Erster Börsetag von On in New York

Als Grund für den Börsengang in den USA statt in der Schweiz nannte On, dass die Hälfte der Kunden in Nordamerika seien. On sei eine globale Marke mit der logischen Konsequenz, in New York an die Börse zu gehen.

„Der Börsengang gibt uns die Möglichkeit zu gestalten und unsere unternehmerischen Ideen zu verwirklichen“, sagt On-Mitgründer Caspar Coppetti im Telefongespräch mit dem KURIER. „Wir können uns jetzt auch die eine oder andere Innovation zukaufen“. Vor allem Start-ups kämen  oft auf On zu, „weil sie spüren, dass wir nicht der große Dampfer sind und Innovationen relativ schnell umsetzen können.“  Die  New Yorker Börse ist für Coppetti „der größte Geldautomat der Welt. Wenn jemand eine Idee hat, kommen wir jetzt relativ einfach zu Kapital“.

Die On-Story

On wurde 2010 vom Spitzen-Triathleten Olivier Bernhard und  seinen Freunden und Hobbyläufern Caspar Coppetti und David Allemann  in Zürich gegründet. Die Idee: Eine Schuhsohle aus zerschnittenen Reifenschläuchen sollte für mehr Dämpfung beim Laufen sorgen und Verletzungen vorbeugen. Die neue Dämpfungstechnologie fand rasch Anklang.

Erster Schuh in Österreich

„Der allererste Schuh von uns wurde im Juni 2010 in einem Laufsportgeschäft in Innsbruck verkauft“, erzählt Coppetti.  Österreich sei  das Land mit der höchsten On-Dichte nach der Schweiz. Mit viel Marketing und dem Einstieg von Tennisstar Roger Federer legte On ein Turbo-Wachstum hin, wie es zuvor noch keine Sportschuhmarke schaffte. Heute laufen sechs bis sieben Millionen Menschen auf der Welt mit On-Produkten, die inzwischen auch Alltags- und Berg-Schuhe, Outdoor-Bekleidung und diverse Accessoires umfassen. Die Produkte sind bei 6.500 Einzelhändlern in 60 Ländern erhältlich.  

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Roger Federer ist an On beteiligt

Expansionskurs

Die weitere Expansion soll in den USA und vor allem Asien stattfinden. Im Nike-Land USA ist On derzeit die Nummer 4, in China haben  die Schweizer kürzlich die ersten sieben Shops eröffnet. „Der Casual-Trend wird anhalten. Heute trägt kaum noch jemand Anzug und Lederschuhe, sondern Sneakers und eine lockere Hose“, so Coppetti. Die Pandemie habe den Trend  noch befeuert.

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Die Lifestyle-Schuhe werden auch im Büro getragen

Im ersten Halbjahr 2021 erzielte On einen Umsatz von 315,5 Mio. Franken (290,28 Mio. Euro), ein Plus von 85 Prozent im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr. Insgesamt ist On von 2018 bis 2020 um jährlich 66 Prozent gewachsen. Der bereinigte Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisationen (adjusted EBITDA) belief sich in den ersten sechs Monaten 2021 auf 47,3 Mio. Franken nach 16,0 Millionen im Vorjahr. Unter dem Strich erreichte On mit einem Reingewinn von 3,8 Mio. Franken wieder die schwarzen Zahlen. Im Vorjahr hatte die Firma wegen der Coronapandemie einen Reinverlust von 33,1 Mio. Franken erlitten.

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Die drei On-Gründer wissen sich zu inszenieren

Hohe Erwartungen

Die Erwartungen der Investoren sind hoch, was auch am Engagement von Tennisstar Roger Federer liegt. Analysten jedoch sind skeptisch und warnen vor zuviel Euphorie. "Die Aktie ist mit einem Kurs von 20 bis 24 Dollar klar überbewertet", sagt etwa der Schweizer Aktienexperte Alfred Herbert ("Cash-Guru") zu 20 Minuten. Bei einer Gesellschaft mit massiver Konkurrenz, einem Jahresumsatz von 500 Millionen Dollar und einem Gewinn von fünf Millionen Dollar sei die Börsenkapitalisierung maßlos überzogen.

Auch ein ZKB-Analyst  hält die Bewertung für "stolz", verweist aber auf die Zukunftsperspektive: "On ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen und hat einen bemerkenswert hohen Bekanntheitsgrad erreicht". Falls weiteres starkes Wachstum gelingt, würden künftig auch die Gewinne in die Höhe schnellen. Der weltweite Markt für Laufschuhe wird allein heuer auf 14,3 Milliarden Dollar taxiert. Bis 2025 soll er auf 16,6 Milliarden Dollar zulegen. 

Zumindest am ersten Handelstag bewahrheiteten sich diese Einschätzungen nicht. Die On-Aktie startete mit einen Erstpreis von 35,40 Dollar. Aus dem Handel ging sie geringfügig niedriger bei 35,06 Dollar - ein Plus von 46 Prozent gegenüber dem Ausgabepreis.

(Hinweis: Der Artikel wurde um 19 Uhr mit Aussagen Coppettis und nach Handelsschluss aktualisiert)

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