On-Running-Gründer: "Schuhe made in Switzerland wäre mein Traum"

Ein Mann präsentiert einen weißen Wanderschuh der Marke On in einem Büro.
Interview: Was On-Mitgründer Caspar Coppetti mit der gehypten Laufschuh- und Lifestyle-Marke noch alles vorhat

Eine Schuhsohle aus zerschnittenen Gartenschläuchen für mehr Dämpfung beim Laufen: Mit dieser verrückten Idee wollten drei Freunde aus Zürich vor zehn Jahren den Laufsport revolutionieren. Heute ist „On Running“ auch eine gehypte Lifestyle-Marke und bietet Größen wie Adidas, Puma und Nike die Stirn. Der KURIER sprach mit Mitgründer Caspar Coppetti über Laufen in Zeiten der Krise, vergängliche Trends und was „On“ eigentlich bedeuten soll.

KURIER: Die Ausgangsbeschränkungen durch das Coronavirus im März haben alle am falschen Fuß erwischt. Sie auch?

Caspar Coppetti: Wir hatten schon Erfahrungen aus China, wo wir Geschäfte haben. Damit gab es ein Drehbuch, wie wir mit der Krise umgehen müssen. Leider mussten etwa 80 Prozent unserer 7.000 Handelspartner schließen und wir malten schon schwarze Zukunftsszenarien. Doch dann kam etwas Überraschendes…

... die Leute haben mehr online eingekauft?

Genau. Die Online-Umsätze sind explodiert. Viele sind nach dem Shutdown wieder das erste Mal nach langer Zeit gelaufen und haben sich einen Laufschuh gekauft. Wir haben daher ganz viele Neukunden gewonnen. Die Volumina sind je nach Online-Partner auf das Zwei- bis Dreifache des Normalwertes gestiegen, viele hatten fast die doppelten Umsätze des Weihnachtsgeschäfts. Wir haben seither gegenüber dem Vorjahr ein Wachstum von knapp 50 Prozent.

Gab es Liefer-Engpässe?

Wir hatten keine Engpässe, weil wir in Vietnam produzieren, das zum Glück von Corona fast nicht betroffen ist.

Werden Sie künftig noch mehr auf den Online-Vertrieb setzen?

Wir vertreiben über alle Kanäle, aber der Online-Verkauf wird noch wichtiger. In Deutschland waren vor Corona schon 40 Prozent des gesamten Laufschuh-Absatzes online, in Österreich etwas darunter. Durch Corona war online die einzige Möglichkeit einzukaufen, daher ging die Entwicklung, die sonst drei bis vier Jahre gedauert hätte, jetzt in einem Quartal.

Drei Männer sitzen in einem Umkleideraum vor Schließfächern und Schuhen der Marke On.

Die drei On-Gründer Caspar Coppetti (re.) Olivier Bernhard  (Mitte) und David Allemann

Sie sind die derzeit schnellst wachsende Laufschuhmarke. Ist durch Corona das Wachstum jetzt gebremst?

Wir wollen auch heuer im mittleren zweistelligen Prozentbereich wachsen und sind aktuell auf Kurs. Die Expansion wird in China, den USA oder Brasilien vorangetrieben. Eigene Stores sind in China bereits offen und in New York geplant.

Zwei Männer laufen auf einem grasbewachsenen Hügel bergauf.

Gründer Coppetti und Bernhard testen neue Modelle höchstpersönlich

Können Sie sich vorstellen, die Laufschuhe auch in Europa zu produzieren?

Schuhe ’Made in Switzerland’ wäre einer meiner Träume, aber für die Massenproduktion ist einfach die nötige Infrastruktur hier nicht verfügbar. Und der Schuh aus dem 3D-Drucker dauert noch immer zwei Stunden und nicht zwei Minuten.

Wie wichtig ist der österreichische Markt für On, welchen Marktanteil haben Sie hier bereits?

Es ist eines unserer wichtigsten Länder nach dem Heimmarkt mit 250 Handelspartnern und einer starken Fan-Gemeinschaft. Wir sind bei Laufschuhen mit mehr als 20 Prozent Marktanteil sicher schon Nummer 2.

Mode- und Lifestyle-Trends sind sehr vergänglich. Wie werden Sie sich in Zukunft behaupten?

Sie haben recht, die Zyklen sind sehr rasch und Marken laufen sich tot. Aber es spielen auch Qualität und Technologie eine Rolle. Mit Outdoor-Bekleidung oder Wanderschuhen sind wir breiter aufgestellt und nicht von einem Produkt abhängig. Es gibt noch die Möglichkeit, mehr in die Bereiche Bergsport, Winter oder Lifestyle zu gehen. Im Vorjahr ist ja Roger Federer bei uns eingestiegen, da kommt bald auch eine tolle Produktlinie.

Tennisausstattung, oder?

(Lacht) Sie werden sehen…

Eine Gruppe von Menschen, darunter Roger Federer in einer roten Jacke, läuft auf einer von Blättern bedeckten Straße.

Roger Federer (Mitte) mit dem On-Team

Bei On gibt es bis heute keinen CEO, sondern rotierende Führungskräfte, warum?

Stimmt, wir haben keinen CEO und wir Gründer wechseln uns im Verwaltungspräsidium ab – wie der Schweizer Bundesrat das mit dem Präsidenten macht. Die Führungskräfte rotieren zwischen den Abteilungen und Regionen. Wir wollen, dass die Informationen schnell fließen und sich nicht jede Abteilung nur ihren Aufgaben widmet und nicht am gemeinsamen Strang zieht. Trotz Wachstums funktioniert es bisher sehr gut. Wir suchen auch heuer wieder 200 Mitarbeiter.

Ist angesichts des Turbo-Wachstums ein Börsengang ein Thema?

Aktuell nicht. An der Börse zu sein, macht nicht so viel Spaß, weil man stark unter Beobachtung steht. Unser gemeinsames Ziel bei der Gründung war es, Verletzungsprobleme beim Laufen zu lösen und eine gewisse Umsatzgröße zu erreichen, um als Unternehmen überleben zu können. Heute laufen sechs bis sieben Millionen Menschen auf der Welt mit On-Produkten. Und die Ideen gehen uns sicher nicht aus.

Wie kam es zum ungewöhnlichen Markennamen „On“ und was bedeutet er?

Wir hatten 800 Namensvarianten, die so ein weiches, balancierendes Gefühl vermitteln. Einer der Namen war Pfote oder Neon. Aber wir dachten, die Farbe könnte irgendwann nicht mehr cool sein. Eines Morgens ging ich Laufen und merkte, ich bin dadurch vom ersten Moment hellwach, also eingeschaltet. Der Name On AG war zum Glück noch frei. Den Namen kann man sich extrem gut merken, auch wenn das Logo anfangs schwer zu lesen ist.

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