Der rasante Vormarsch der Künstlichen Intelligenz (KI) werde zwar einfache Jobs kosten, sei im Wesentlichen aber ein Wachstumstreiber für die heimische IT- und Beraterbranche. Dieser Ansicht ist Alfred Harl, Obmann des Fachverbandes Unternehmensberatung/IT (UBIT) in der Wirtschaftskammer.
„Durch KI nimmt die Komplexität zu und es braucht immer Menschen, die diese Komplexität erklären können“, sagt Harl im Gespräch mit dem KURIER. In der IT- und Beraterbranche, wo das Thema gerade richtig einschlägt, entstehen dadurch laufend neue Berufe. „Wir haben jetzt schon mehr als 80 verschiedene Berufsfelder, mit der KI entstehen noch etliche neue“, ist Harl überzeugt. Je komplexer ein Thema, desto mehr Beratung und Schulung brauche es.
Das gelte nicht nur für die KI, sondern auch für Themen wie Nachhaltigkeit, Compliance oder Cybersecurity, die ebenfalls das Geschäft treiben. Harl nennt als Beispiel das Lieferkettengesetz, das von Betrieben laufende Updates ihrer IT-Programme verlange. „Wir sind eine Helferbranche und es gibt immer Neues, wo Hilfe benötigt wird“.
Das schlägt sich auch in den Erlösen der „Wachstumsbranche“ nieder. Die rund 80.000 Mitgliedsbetriebe im Fachverband UBIT setzten im Vorjahr rund 45 Mrd. Euro um, ein Plus von 13,2 Prozent gegenüber 2021. Um fast 40 Prozent auf mehr als 542 Mio. Euro gestiegen sind die Ausgaben für Aus- und Weiterbildung. Insgesamt werden in der von Ein-Personen-Unternehmen dominierten Branche 112.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt.
Größtes Problem ist nach wie vor der Fachkräftemangel – aktuell gibt es mehr als 12.000 offene Stellen. Harl will jetzt angehende Pensionisten mobilisieren. „Wenn die drei Jahre länger im Job bleiben würden, könnten wir einen Großteil des Fachkräftemangels im Inland abfangen“, glaubt er und fordert steuerliche Anreize. Ohne Zuzug aus dem Ausland werde es aber nicht gehen, weshalb die Kriterien für die Rotweißrot-Karte weiter gesenkt werden müssten. Schon vor zwei Jahren hatte Harl die Idee für eine eigene „Rotweißrot-Card digital“ für IT-Fachkräfte. Der Vorschlag fand bis dato wenig Anklang.
Ganz auf Linie der Wirtschaftskammer ist der Branchensprecher beim Thema Arbeitszeit. Eine 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich könne sich Österreich nicht leisten. Im Gegenteil, „wir müssen sogar mehr arbeiten, wenn wir in IT-Rankings nicht weiter abrutschen wollen“. Für „großartig“ hält er hingegen den Vorstoß der Jungen Wirtschaft für Gründen ab 16. Wenn es um Erleichterungen bei der Gründung gehe, müssten alle Schleusen geöffnet werden.
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