Arbeitsrecht
Es drängt sich die Frage auf: Ist das in Österreich überhaupt erlaubt? Denn Arbeitnehmer trifft hierzulande grundsätzlich eine höchstpersönliche Arbeitspflicht. Das bedeutet, sie dürfen ihre Arbeit nicht vollständig auf einen Dritten verlagern. Damit ist in erster Linie eine Person gemeint. Fraglich ist, ob auch eine KI, wie ChatGPT darunter fallen könnte. „Den Einsatz von KI würde ich insgesamt als zulässiges Hilfsmittel zur Erbringung dieser höchstpersönlichen Arbeitsleistung ansehen“, erklärt Rechtsanwältin Isabel Firneis von der Kanzlei Wolf Theiss dem KURIER. „Im Wesentlichen ist das so, wie wir auch eine Vielzahl von anderen Programmen und Arbeitshilfen nutzen, um unseren Job zu machen“, erklärt die Arbeitsrechtsexpertin.
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Wer sich von ChatGPT also eMails formulieren oder Präsentationen erstellen lässt, ist grundsätzlich auf der sicheren Seite. Auch Benjamins Einsatz von KI wäre in Österreich damit grundsätzlich zulässig – von etwaigen Verstößen gegen Konkurrenzvereinbarungen oder Arbeitszeitüberschreitungen mal abgesehen.
Anders ist die Lage, wenn der Arbeitgeber den Einsatz von KI ausdrücklich verbietet. „Je nach Branche und ausgeübtem Job kann das, etwa beim Umgang mit hochsensiblen Daten, durchaus Sinn machen“, hält Firneis fest. Dann ist der Einsatz von KI jedenfalls unzulässig. Einige Unternehmen, darunter etwa der Technologiekonzern Apple, haben den Einsatz von ChatGPT bereits untersagt, mit der Begründung, dass die Nutzung des Chatbots die Sicherheit der Firma gefährde.
Datenschutzverstöße
Apples Sorgen sind nicht unbegründet. Rund drei Prozent aller Angestellten haben laut einer Umfrage bereits vertrauliche Firmendaten mit ChatGPT geteilt. „Haften würde in Österreich bei der Weitergabe vertraulicher Daten grundsätzlich der Arbeitgeber, auch wenn der Verstoß bzw. Schaden von einem Arbeitnehmer verursacht wurde“, erklärt Firneis. Je nach Schwere des Vergehens kann aber auch den Angestellten eine Strafe drohen oder dieser alleinig haften. „Das könnte z. B. dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber die Nutzung von ChatGPT ausdrücklich verboten hat und der Arbeitnehmer sich eigenmächtig über dieses Verbot hinwegsetzt“, erklärt die Anwältin.
Umgekehrt können sich Angestellte aber auch zur Wehr setzen, wenn der Vorgesetzte die Verwendung von KI am Arbeitsplatz anordnet. Und zwar dann, wenn die besagte KI die Menschenwürde berührt. Das ist etwa der Fall, sobald ein KI-System Angestellte am Arbeitsplatz kontrolliert oder überwacht. Dann dürfte eine solche KI-Anwendung nicht ohne Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer oder des Betriebsrates eingeführt werden. „Gleichzeitig gibt es aber kein generelles Vetorecht des Betriebsrats bzw. Zustimmungsrecht des Arbeitnehmers zur Einführung von KI“, erklärt Firneis. Das bedeutet: Soll KI in anderen Bereichen am Arbeitsplatz zum Einsatz kommen, wäre dies auch ohne Involvierung der Arbeitnehmer möglich.
Kündigung per KI
Auch bei Personalentscheidungen kommt KI bereits zum Einsatz. Viele Unternehmen setzen mittlerweile auf KI-gestützte Algorithmen, die für sie passende Mitarbeiter auswählen. Laut Firneis ist das in Österreich grundsätzlich zulässig mit einigen Ausnahmen: „Der gesamte Recruiting-Prozess, inklusive KI-System, muss den Anforderungen des Antidiskriminierungsrechts entsprechen“, sagt Firneis. „Es darf also zu keiner Diskriminierung von Bewerbern aufgrund des Geschlechts, der Religion, und der sexuellen Orientierung kommen.“
Auch eine Vollautomatisierung von Einstellungen oder gar Kündigungen per KI wäre in Österreich gemäß der Expertin unzulässig. Denn hier greift die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die sieht vor, dass Personen das Recht haben, nicht ausschließlich Entscheidungen unterworfen zu sein, die auf einer automatisierten Verarbeitung beruhen.
KI ist in Österreich eine rechtliche Grauzone. „Es gibt sowohl aus Arbeitnehmer- als auch Arbeitgebersicht gewisse Schutzlücken und Unklarheiten“, kritisiert Firneis. „Das führt für beide Seiten zum unbefriedigenden Ergebnis, dass oftmals erst viel später durch ein Gerichtsurteil klar wird, ob die konkrete KI-Nutzung zulässig war oder nicht.“
Mit dem AI Act, der 2024 auf EU-Ebene in Kraft treten soll, sei man jedenfalls auf einem guten Weg, KI zu regulieren. Was arbeitsrechtliche Fragen anbelangt, gebe es aber auch darin einen erheblichen Aufholbedarf.
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