KTM-Entscheidungstag: Betrieb wird fortgeführt, weniger Jobs gestrichen

KTM-Entscheidungstag: Betrieb wird fortgeführt, weniger Jobs gestrichen
Der Betrieb beim insolventen Motorradhersteller KTM kann fürs Erste fortgeführt werden. Außerdem gibt es drei mutmaßliche Investoren. Auch werden weniger Jobs gestrichen.

Der erwartete Gläubiger-Andrang am Landesgericht Ried ist Freitagvormittag ausgeblieben. Jeder einzelne der laut Ö1-Magazin rund 3.000 Gläubiger (die Anmeldefrist läuft noch) hätte das Recht gehabt, heute Vormittag zu erscheinen. Dort stand nämlich eine erste Entscheidung über die Zukunft der insolventen KTM an: die Berichtstagsatzungen zur KTM AG und ihren beiden Töchtern KTM Components GmbH und KTM Forschungs & Entwicklungs GmbH. 

Der Insolvenzverwalter hat dem Gericht also über die vergangenen Wochen berichtet und eine Empfehlung ausgesprochen, ob der Betrieb bei KTM vorerst einmal bis 25. Februar weitergeführt werden soll. Die Empfehlung wurde angenommen.

"Es wurde bestätigt, dass der Schuldnerin weiterhin die Eigenverwaltung zusteht und das Unternehmen fortgeführt wird", sagt Stefan Weber von Creditreform zum KURIER. "Die Zahl des zur Sanierung notwendigen Mitarbeiterabbaus wird von ursprünglich geplanten 500 MitarbeiterInnen auf voraussichtlich unter 300 in allen drei insolventen Unternehmen reduziert."

"Der Sanierungsverwalter hat in der Berichtstagsatzung ausdrücklich hervorgehoben, dass die Löhne und Gehälter der Dienstnehmer für Dezember bezahlt werden können", so Cornelia Wesenauer vom AKV.

Gespräche mit Investoren

"Bereits die ersten Überprüfungen haben gezeigt, dass die insolventen KTM Gesellschaften mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sein werden, die notwendigen Mittel zur Erfüllung der angebotenen Quoten aus eigenen Mitteln zu bedienen bzw. aus dem operativen Cash-Flow zu erwirtschaften", so der AKV. Eine Sanierung wird daher den Einstieg eines Investors bedingen und wie bereits bekannt wurde, hat die KTM-Mutter Pierer Mobility die Citygroup Global Markets Europe AG („Citibank“) beauftragt, eine Investorenlösung herbeizuführen. Bis Mitte Jänner soll eine grundsätzliche Einigkeit und Vereinbarung mit dem potenziellen Investor hergestellt werden."

Es gibt drei mutmaßliche Investoren. "Dem Gericht wurden 3 Absichtserklärungen von Interessenten vorgelegt, die ihre Bereitschaft erklärt haben, der KTM Gruppe über die Konzernmutter PIERER Mobility AG frisches Kapital zuzuführen. Dieses Kapital würde zur Erfüllung des Sanierungsplanes der KTM AG herangezogen werden", so Weber weiters.

KTM Components GmbH

"Auch das Sanierungsverfahren der KTM Components GmbH wird weiterhin in Eigenverwaltung
fortgeführt. Es wurde von keinem der anwesenden Gläubiger der Entzug der Eigenverwaltung beantragt", so der AKV.
"Aus den Berichten des Insolvenzverfahrens der KTM AG ist bekannt, dass die - für eine Fortführung
erforderliche - Liquidität für die KTM Components GmbH über die KTM AG finanziert wird."

Und weiters heißt es: "Die von der Insolvenzschuldnerin vorgelegte Liquiditätsplanung zur Unternehmensfortführung wird eingehalten. Solange weiterhin eine Finanzierung der Fortführungskosten durch die KTM AG erfolgt,
besteht auch ausreichende Liquidität im Unternehmen der KTM Components GmbH für die
Fortführung des Unternehmens im Rahmen des Sanierungsverfahrens."

KTM AG wird fortgeführt

Beobachter gingen im Vorfeld schon davon aus, dass der Betrieb in Mattighofen weitergeführt würde. Gläubigervertreter Karl Heinz Götze, Leiter der Abteilung Insolvenz im KSV1870, meinte beim Eintreffen vor Gericht, dass er eine Fortführung des Unternehmens erwarte. Das hat auch Peter Vogl, Insolvenzverwalter der KTM AG, vor zwei Wochen durchklingen lassen. Vor der Sitzung wollte er sich heute nicht äußern.

Eine Weiterführung eines Unternehmens wird in der Regel nur dann untersagt, wenn weiterer finanzieller Schaden entstehen könnte. Davon ist bei KTM allerdings zurzeit nicht auszugehen, schließlich steht die Produktion seit einer Woche still.

Heute findet die erste von drei Gläubigerversammlungen statt, bei jener im Jänner müssen die Gläubiger dann ihre offenen Forderungen einbringen. Im Februar wird schließlich entschieden, ob KTM mit der angebotenen Quote von 30 Prozent saniert werden kann.

Pierer wird wohl nicht erscheinen

Begonnen hatte die Spirale der schlechten Nachrichten bereits im ersten Halbjahr, als der Mutterkonzern Pierer Mobility 373 Jobs strich - gut 300 davon am KTM-Standort Mattighofen - und wenig später noch einmal 120 bei der KTM Forschungs & Entwicklungs GmbH. Für die ersten sechs Monate 2024 meldete der börsennotierte Motorrad- und Fahrradhersteller schließlich einen Umsatzrückgang von 27 Prozent auf 1 Milliarde Euro, bei einem Periodenverlust von 172 Mio. Euro. 

Die Finanzmarktaufsicht prüft derzeit, ob den Ad-hoc-Pflichten korrekt nachgekommen wurde. Im August kündigte man an, aufgrund von Absatzrückgängen weitere 200 Jobs abzubauen. Man habe aber "frühzeitig tiefgreifende Maßnahmen" gestartet, die im zweiten Halbjahr zu "einer deutlichen Verbesserung der Ergebnisse führen werden", war Firmenchef Stefan Pierer damals überzeugt. Dass er am Freitag nach Ried kommen wird, war nicht zu erwarten.

Ungewissheit in der Belegschaft

Es kam jedenfalls anders als damals von Pierer prognostiziert: Mitte November wurde bekannt, dass KTM einen dreistelligen Millionenbetrag benötige, es folgte die Ankündigung von neuerlich 300 Kündigungen und eines Produktionsstopps für Jänner und Februar. Ende November leitete die Pierer Industrie AG ein europäisches Restrukturierungsverfahren - ein neuartiges Vorinsolvenzverfahren - ein. 

In der Belegschaft herrscht Ungewissheit, wen es treffen wird. Nachdem auch eine Tochterfirma der insolventen KTM Components GmbH, die Vöcklabrucker Metallgießerei GmbH, einen Konkursantrag gestellt hat, verlieren dort zusätzlich 134 Menschen ihre Jobs.

Die Mitarbeitenden bei KTM warten immer noch auf ihre November-Gehälter und das Weihnachtsgeld - beides bekommen sie aus dem Insolvenz-Entgelt-Fonds - sowie auf die Dezember-Entgelte, die von der Firma versprochen, aber bisher noch nicht ausbezahlt wurden. Für jene, die von der Kündigung bedroht sind, bauen AMS und Land Oberösterreich eine Insolvenzstiftung auf.

Produktionsstopp vorgezogen

Der angekündigte Produktionsstopp wurde vorgezogen, die Fertigung in Mattighofen steht seit Freitag voriger Woche still. Im Jänner und Februar erfolgt dann die bereits angekündigte Betriebsunterbrechung - mit Lohn-und Gehaltskürzung - wegen des hohen Lagerbestands. Wie berichtet stehen bei KTM rund 130.000 Motorräder auf Lager, die zumindest teilweise nicht der ab kommenden Jahr geltenden Euro5+ Abgasnorm entsprechen sollen. Als Insolvenzursache verwies das Unternehmen aber unter anderem auf gestiegene Standortkosten und auf die Rezession.

Laut Gläubigerschutzverbänden hat KTM Schulden in der Höhe von mindestens 1,8 Mrd. Euro angehäuft, davon soll ein Großteil von rund 1,3 Mrd. Euro Banken betreffen. Gläubiger können noch bis spätestens 16. Jänner ihre Forderungen anmelden. Die Prüfungstagsatzung wurde für den 24. Jänner, die Abstimmung über den Sanierungsplan für 25. Februar anberaumt. Den Gläubigern wird im Sanierungsplan eine Quote von 30 Prozent zahlbar innerhalb von zwei Jahren angeboten.

Kommentare