Kostenfalle Fernwärme bei Wien Energie: Preis verdoppelt
Die Bewohner eines Mehrparteienhauses in Wien staunten nicht schlecht: Die monatlichen Kosten für die Fernwärme, mit der sie Heizung und Warmwasser beziehen, haben sich diesen Winter schlagartig verdoppelt.
Die Bewohner wendeten sich an den KURIER, da die Erklärungen dazu eher schwammig waren. Die mehrere Seiten lange Berechnung liegt der Redaktion vor. Geht das also? Gleich 100 Prozent mehr für Heizung und Warmwasser, eine Erhöhung im dreistelligen Bereich?
Nun: 20 Prozent der Anhebung entfallen nicht auf den Wärmelieferanten Wien Energie, sondern auf einen Energiedienstleister, der für die Hausverwaltung die Verrechnung übernimmt. Da die Kosten erst mit Verzögerung an die Bewohner weitergegeben wurden, so wird erklärt, falle die Erhöhung der Vorschreibung um 20 Prozent höher aus.
Der Großteil der verbliebenen 80 Prozent geht auf eine Anhebung der Vorschreibung von Wien Energie zurück – und zwar obwohl der Verbrauch im Jahresvergleich nur um zehn Prozent gestiegen ist.
Gaspreis stark gestiegen
Wie geht das? Einerseits kommt auf die Bewohner eine Nachzahlung zu. Neben dem höheren Verbrauch wirkt sich dabei der höhere Gaspreis im vergangenen Jahr aus – denn die Wiener Fernwärme ist zu einem Gutteil fossil, die Müllverbrennung hat nicht ausreichend Leistung.
Der Großhandelspreis für Gas hat sich im letzten Jahr – und schon vor dem Ukraine-Krieg – vervielfacht. Und da der Vertrag mit dem Großhandelspreis steigt und fällt („Indexierung“) hat sich im Nachhinein herausgestellt, dass die Energiekosten höher waren als veranschlagt. Bei einem um zehn Prozent höheren Verbrauch betragen die Mehrkosten etwa ein Drittel.
Zweitens wirkt dieser Mechanismus auch in die Zukunft: Das bedeutet, dass die Akontovorschreibung für das laufende Jahr um 45 Prozent erhöht wurde, heißt es bei Wien Energie auf Anfrage des KURIER. „Ziel der Akontovorschreibungen ist immer, die Jahreskosten im Vorhinein bestmöglich abzubilden“, Nachzahlungen sollen so vermieden werden.
Dass diese Überraschung vielen anderen Wiener Fernwärmekunden erspart geblieben ist, liegt daran, dass etwa zwei Drittel von ihnen direkt Wien-Energie-Kunden sind. Um die Vorschreibungen zu erhöhen, muss das Unternehmen dann einen Antrag bei der Preisbehörde stellen. Das wurde in der laufenden Heizperiode nicht gemacht und ist auch nicht mehr geplant, heißt es bei Wien Energie. Dass die Fernwärme kommenden Winter teurer wird, ist damit freilich nicht ausgeschlossen.
Ein Drittel der Kunden betroffen
Das „Pech“ unserer Leser ist: Sie sind nicht direkt Kunden von Wien Energie und ihre Hausverwaltung hat einen index-gebundenen Liefervertrag abgeschlossen. Davon sind etwa ein Drittel der 420.000 Wiener Haushaltskunden der Fernwärme betroffen. Das mag in den Jahren niedriger Energiepreise ein Vorteil gewesen sein, seit 2021 rächt es sich aber. Wie stark, hängt von der jeweilig vereinbarten Indexierung ab, wobei nicht nur der Gaspreis eine Rolle spielt.
Die Kosten tragen dabei nicht diejenigen, die diesen Vertrag geschlossen haben, sondern die Bewohner. Und Anbieter wechseln kann der einzelne in diesem Fall nicht. Wer also eine solche Vertragskonstellation hat, hat vermutlich ein ähnliches „Wunder“ erlebt.
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