Wie die Teuerung die einzelnen Haushalte trifft
Von Montag bis Freitag pendeln Katharina und Martin mit jeweils einem Auto in die Arbeit. Gemeinsam kommen sie auf 700 Kilometer pro Woche. "Die hohen Preise an der Tankstelle bemerken wir natürlich. Wir sind froh, dass wir im Haus nicht auch noch mit Öl zu heizen", sagt Katharina.
Die 4-köpfige Familie lebt in einem Einfamilienhaus in der Steiermark auf 140 Quadratmetern. Der tägliche Arbeitsweg kommt pro Woche auf 700 Kilometer, ein Umstieg auf die Öffis ist nicht möglich.
Stromverbrauch pro Jahr: 7.988 kWh
Strom: +370 Euro
Gas: 0 Euro
Sprit: + 1.067 Euro
Klimabonus: - 600 Euro
Energiebonus: - 150 Euro
Mehrkosten pro Jahr: 687 Euro
Ein Umsteigen auf die öffentlichen Verkehrsmittel ist bei ihnen am Land nicht möglich. In Städten wie Wien gibt es zwar Zugang zu U-Bahn, Straßenbahn und Bus, dort sind es aber die Gasheizungen, die das Geldbörserl schlanker machen.
Gasheizungen in der Stadt
Gasheizungen sind in der Hauptstadt auf Platz Eins der Heizsysteme. "Die Wohnung im Dachgeschoss ist richtig schlecht isoliert und die Wärme bleibt einfach nicht da, wo sie bleiben soll. Auf die nächste Rechnung freue ich mich nicht", sagt Nora, die in einer Einzimmerwohnung in Wien lebt.
Die junge Frau wohnt in einer Einzimmerwohnung in Wien auf knapp 30 Quadratmetern und heizt mit einer Gaskonvektorheizung . Der Klima- und Energiebonus federt die hohe Rechnung ab.
Stromverbrauch pro Jahr: 485 kWh
Gasverbrauch pro Jahr: 6.108 kWh
Strom: +22 Euro
Gas: + 94 Euro
Sprit: 0 Euro
Klimabonus: - 100 Euro
Energiebonus: - 150 Euro
Ersparnis pro Jahr: 134 Euro
Für Corinna aus Niederösterreich, die mit ihrer erwachsenen Tochter in einem Haus lebt, sind es die Sprit- und Gaspreise, welche die Fixkosten in den nächsten Monaten in die Höhe treiben werden. Ohne Auto geht es aber auch hier nicht.
Die Mutter wohnt mit ihrer erwachsenen Tochter in einem Reihenhaus in Niederösterreich auf 100 Quadratmetern. Der wöchentliche Arbeitsweg beläuft sich auf 350 Kilometer mit dem Auto. Die Tochter pendelt mit einem Zug zur Uni.
Stromverbrauch pro Jahr: 2.964 kWh Gasverbrauch pro Jahr: 19.582 kWh
Strom: +132 Euro
Gas: + 94 Euro
Sprit: + 534 Euro
Klimabonus: - 266 Euro
Energiebonus: 0 Euro
Mehrkosten pro Jahr: 494 Euro
"Wie es im nächsten Jahr weiter geht, hängt von den Entwicklungen in den nächsten Monaten ab. Denn der Durchschnitt des heurigen Jahres bestimmt die Preissteigerung im nächsten Jahr", so sagt Johannes Mayer, Leiter der Volkswirtschaftsabteilung der Regulierungsbehörde E-Control. Zumindest bei den Energieversorgern der Ostregion (EVN, Energie Wien und Burgenland). Schon vor dem Ukraine-Krieg waren die rasant steigende Energiepreise zentrales Thema in der Politik und der Hauptfaktor für das nach oben schnellen der Inflation.
Ein Klimabonus, der je nach Wohnort unterschiedlich hoch ausfällt, steht jedem Haushalt in Österreich zu. Wer in Wien lebt, erhält heuer 100 Euro. Wer in Gemeinden außerhalb der Hauptstadt wohnt, bekommt 133, 167 oder 200 Euro. Je schlechter die Öffi-Anbindung des Wohnortes ist, desto mehr Bonus gibt es. Kinder erhalten jeweils die Hälfte. Der Energiekostenausgleich funktioniert anders: Diesen erhalten alle Haushalte in Österreich, die ein geringeres Bruttoeinkommen als 5.670 Euro pro Monat haben.
Wie gut die Förderungen die Mehrkosten abfangen, hängt von der individuellen Situation beim Heizen, Wohnen und Pendeln ab und welche Tarif man hat. Mayer rät mit dem Wechseln des Anbieters noch zu warten und "den aktuellen Tarif auszusitzen". Ein Wechsel könnte sich gegen Endes des Jahres oder Anfang nächsten Jahres wieder lohnen.
Lebensmittelhersteller unter Druck
Für Gas und Strom müssen die Konsumenten künftig tiefer in die Tasche greifen. Doch damit nicht genug. Die hohen Energiepreise bringen auch noch Teuerungen in fast allen anderen Bereichen des täglichen Lebens mit sich, weil sie sich dort ebenfalls niederschlagen.
Verstärkend wirkt der Krieg in der Ukraine, der die Agrarrohstoffpreise in die Höhe treibt. Das alles zusammen setzt zum Beispiel die heimische Lebensmittelindustrie unter Druck. Es gibt „eine historische Kostenwelle“, sagt Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des WKÖ-Fachverbands der Lebensmittelindustrie. Wie stark die Lebensmittelpreise für Konsumenten im laufenden Jahr noch steigen werden, wollte Koßdorff nicht kommentieren: „Das kann man seriöserweise nicht sagen.“
Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke verteuerten sich heuer im Februar laut Statistik Austria im Vergleich zum Vorjahresmonat im Schnitt um 4,3 Prozent, im Jänner sogar um 4,9 Prozent.
Fleisch verteuerte sich für die Endverbraucher um drei Prozent. Die Preise für Brot und Getreideerzeugnisse stiegen um 5,9 Prozent, jene für Gemüse um 6,8 Prozent. Milch, Käse und Eier insgesamt kosteten um drei Prozent mehr und Öle und Fette um 12,9 Prozent. Limonaden wurden um fast zehn Prozent teurer, Kaffee um sechs Prozent. Einen starken Preisanstieg gab es mit fast 22 Prozent bei Butter.
Massive Teuerung
Damit nicht genug kommen jetzt auch massive Teuerungen auf Mieter zu. Mit 1. April steht die Anpassung der Richtwertmieten an die Inflation bevor. Die Entscheidung, ob die Anpassung heuer wie gesetzlich vorgesehen durchgeführt oder neuerlich ausgesetzt wird, ist noch nicht gefallen. Die Richtwertmieten werden automatisch alle zwei Jahre per 1. April an die Inflation angepasst – das ist gesetzlich festgelegt. Da die Erhöhung 2021 coronabedingt ausgesetzt wurde, steht 2022 eine höhere Mietanpassung bevor. Die Mieten könnten sich ab April um durchschnittlich 5,85 Prozent erhöhen. Die Richtwertmieten gelten, grob gesprochen, für Altbau- und Gemeindewohnungen.
Auch der Kauf eines Hauses oder einer Wohnung hat sich deutlich verteuert – im Vorjahr im Durchschnitt um 12,3 Prozent. Dies ist der höchste jährliche Anstieg seit 2010 und liegt weit über den Werten der Vorjahre-
Der Ausblick für die kommenden Monate ist ebenfalls nicht blendend. Ein vollständiger Ausfall der Exportmärkte Russland, Ukraine und Belarus würde Österreichs Wertschöpfung laut IHS um rund ein Prozent dämpfen. In der Winter-Prognose war fürs zweite und dritte Quartal 2022 noch ein kräftiger Anstieg des BIP erwartet worden, nun sieht das Institut nur noch eine Zunahme um 0,1 bzw. 0,2 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorquartal. Im ersten Quartal dürfte das Wachstum laut Wifo noch kräftig gewesen sein.
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