Was Österreich beim Klimaschutz von Dänemark lernen kann
Österreich gefällt sich als Umwelt-Musterland – auch wenn es nicht stimmt, sagen Kritiker und verweisen darauf, dass die Treibhausgas-Emissionen allen politischen Sonntagsreden zum Trotz nicht ab- sondern zugenommen haben: Im Jahr 2019 lagen sie mit 79,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente um 1,8 Prozent höher als noch 1990.
Europaweit gilt Dänemark als Vorreiter: Das Land hat seine CO2-Emissionen zwischen 1990 und 2019 um 36 Prozent gesenkt. Der KURIER hat analysiert, wie Dänemark das geschafft hat und worin sich das Land von Österreich unterscheidet.
Wind und Wasser
Wegweisend für die Reduktion der Emissionen in Dänemark war der Ausbau der erneuerbaren Energieträger. Im Vergleich zum Höchststand Mitte der 90er sind die Emissionen des Energiesektors um drei Viertel gesunken. Inklusive Biomasse gewinnt das Land über 80 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien. Ohne Biomasse sind es zwei Drittel. Ihr Anteil soll zwar sinken, sie erfüllt aber auch die Rolle einer Reserve – für Zeiten, in denen die Erneuerbaren weniger Strom liefern. Allerdings muss der Großteil der Biomasse importiert werden. Andere Länder, darunter Österreich, setzen dafür auf Erdgas, das ebenfalls großteils importiert wird.
In Österreich stellt sich die Situation anders dar, denn hier ist der Ökostrom-Anteil traditionell hoch. Drei Viertel des österreichischen Stromes sind „grün“, für den Löwenanteil ist die Wasserkraft verantwortlich.
Dänemarks Ökostrom-Joker ist die Windkraft. Das Land hat seit den 1990er Jahren stark in den Ausbau investiert, auch, als die Technologie noch weit weniger effizient war. Heute beheimatet Dänemark mit Vestas den weltgrößten Hersteller von Windkraftanlagen und mit dem Energieunternehmen Orsted den größten Produzenten von Offshore-Windstrom.
Beim Anteil der Erneuerbaren am gesamten Energieverbrauch hat Dänemark die Nase vorne (siehe Grafik). Das ist insofern beeindruckend, als Dänemark traditionell stark von fossilen Energieträgern abhängig war und aktuell der größte Öl- und Gasproduzent der EU ist.
CO2-Ausstoß pro Kopf
Der absolute Ausstoß von Treibhausgasen durch die Dänen ist aber nur bedingt relevant für den Beitrag zum Klimaschutz. Denn er sinkt, wenn schadstoffintensive Güter vermehrt importiert werden – etwa aus Ländern mit niedrigeren Umweltstandards. Deswegen ist ein Vergleich von Volkswirtschaften in diesem Fall besonders aussagekräftig.
Sowohl Dänemark als auch Österreich sind vergleichsweise reiche Länder mit hohem Konsumniveau und Ressourcenverbrauch. Die dadurch pro Kopf verursachten Emissionen sind in beiden Ländern trotzdem leicht unter dem OECD-Schnitt (siehe Grafik). Auch hier fällt allerdings auf, dass Dänemark stark reduziert hat, während sie in Österreich, wenn auch auf einem relativ niedrigen Niveau, weitgehend stabil geblieben sind.
Hohe Akzeptanz und hohe Investitionen
Sowohl Dänemark als auch Österreich haben sich ambitionierte Klimaschutzziele gesetzt. Ob diese erreicht werden können, hängt auch davon ab, wie stark die Bevölkerung mitzieht.
Während Klimaschutzziele in Österreich zwar generell unterstützt werden, treffen konkrete Projekte oftmals auf erbitterte Widerstände. In Dänemark ist die Akzeptanz – und das generelle Vertrauen in die Politik – höher. Für Jørgen Elmeskov vom dänischen Klimarat liegt das daran, dass unabhängige Institutionen in Dänemark gut etabliert sind. Da sie ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung genießen, hat ihre Stimme auch politisch Gewicht. Zwar gebe es auch in Dänemark Kritik an neuen Infrastrukturprojekten. Sobald eine Entscheidung gefallen ist, werde sie aber meist akzeptiert und nicht eingeklagt.
Vertrauen sollen auch massive Investitionen in Leuchtturmprojekte erzeugen. So soll beispielsweise die Stadt Aarhus ein neues, nachhaltiges Fernwärmesystem bekommen. Die zugehörige Geothermieanlage wird nach Angaben des Betreibers die größte in der EU. In der Nordsee baut Dänemark eine künstliche Energieinsel. Sie soll 28 Milliarden Euro kosten und im Endausbau bis zu zehn Millionen Haushalte mit Windstrom versorgen.
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