Warum kleine Stromeinspeiser mehr Netzentgelte zahlen sollen

Arbeiter auf einer Stromleitung, im Hintergrund hohe Strommasten.
Vielzahl privater PV-Anlagen steigert Kosten wegen alter Tarifstruktur bei Netzentgelten. Netzbetreiber schlagen faire neue Aufteilung vor.

Zusammenfassung

  • Kleine PV-Anlagen zahlen bisher wenig Netzentgelte, obwohl sie Kosten für den Netzausbau verursachen.
  • Netzbetreiber fordern eine gerechtere Kostenverteilung und Anreize für netzdienliches Verhalten, etwa durch Batteriespeicher.
  • Höhere Beiträge von Einspeisern könnten Strompreise für Verbraucher senken und die Finanzierung der Infrastruktur sichern.

Angesichts der momentan hohen Energiekosten sind Netzentgelte stark in den Fokus öffentlicher Debatten gerückt. Der Wegfall von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen anlässlich der Energiekrise 2022 ließ die Entgelte heuer stark in die Höhe schießen. Das befeuert die Inflation und ist Privatpersonen wie Unternehmen ein großer Dorn im Auge. Wie die Entgelte wieder sinken könnten, dazu gibt es mehrere Ideen. Eine davon ist besonders unpopulär bei jenen, die eine eigene Photovoltaik-Anlage am Hausdach besitzen: Sie sollen künftig mehr zahlen.

Wichtig für die Energiewende, aber...

Die rund 500.000 PV-Anlagen im Land leisten einen wertvollen Beitrag zur Energiewende. Sie vermindern die Abhängigkeit von importierten fossilen Rohstoffen, sind maßgeblich für die Erreichung der Klimaziele und sind Grundlage eines ganzen Ökosystems rund um ein neues Bewusstsein für Energie. Allerdings: "Sie beteiligen sie sich nicht genug an den steigenden Kosten für die Strominfrastruktur", sagt Johannes Zimmerberger, der Geschäftsführer von Linz Netz.

Er schildert bei einem energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit, woran das liegt. "Die Tarifstruktur, die wir jetzt haben, wurde 1998 vorgeschlagen." Während Stromverbraucher für Stromanschluss und Netznutzung, für Netzverluste, Zähler und anderes zahlen, werden Einspeiser kaum zur Kasse gebeten, vor allem jene unter einer Leistung von 5 Megawatt. Im Netz sorgen Einspeiser allerdings für Kosten, wie Zimmerberger anhand von Leistungsdaten vom sonnigen Ostersonntag 2025, dem 20. April, demonstriert.

Konstante Vergütung trotz Überangebot

In den Mittagsstunden, zur Zeit mit der stärksten Sonnenstrahlung, wurde deutlich mehr Strom von Linz Netz in das übergeordnete Übertragungsnetz abgeführt als daraus entnommen. "So wie uns ging es wohl auch vielen anderen Netzbetreibern. Das kann zu Engpässen führen, weshalb ein Netzausbau auf allen Ebenen erforderlich ist." Seine eigene PV-Anlage war am Strom-Überangebot beteiligt. Während Strompreise am Spotmarkt in der Zeit stark in den negativen Bereich wanderten, erhielt er eine im Tagesverlauf konstante Vergütung von der OeMAG, der staatlichen Ökostrom-Abwicklungsstelle. Als Anlagenbetreiber hätte man dadurch keinen (finanziellen) Anreiz für netzdienliches Verhalten.

Zu wenig Beteiligung an Baukosten

Ein weiteres Beispiel von Zimmerberger soll zeigen, wer aktuell mehr Kosten für den Infrastrukturausbau trägt. In einem Ort im Umland von Linz seien zehn neue PV-Anlagen mit einer Spitzenleistung von 178 Kilowatt an das Netz angeschlossen worden. Eine zusätzliche Transformatorstation habe errichtet werden müssen. Die Kosten seien bei rund 150.000 Euro gelegen, den neuen Einspeisern hätten aber keine Baukostenzuschüsse verrechnet werden dürfen. Hätte es sich um zehn Bezugsanlagen gehandelt, hätte man 30.000 Euro verrechnen dürfen.

Laut Zimmerberger ist dieses Ungleichgewicht unfair. Steigenden Kosten für die Infrastruktur stünden bei Netzbetreibern gleichbleibende Baukostenbeiträge gegenüber. Die Differenz müsse von Verbrauchern mittels Netzentgelten getragen werden. Zusätzliche Einnahmen von Einspeisern würden den Strompreis für Verbraucher günstiger machen.

Netzdienliches Verhalten muss attraktiver werden

Das alleine reiche aber nicht. Man müsse sowohl bei Erzeugern als auch Verbrauchern Anreize für netzdienliches Verhalten schaffen.  Wer als Verbraucher mehr Leistung benötigt, soll dafür auch mehr zahlen. Durch Smart Meter gebe es die Möglichkeit, Leistungspreise zu verrechnen.

Zimmerberger plädiert außerdem dafür, PV-Anlagen künftig nur noch bei einer gleichzeitigen Installation eines Batteriespeichers zu fördern. Mit mehr Speichern können Netzlasten reduziert werden. Die Idee eines staatlichen Infrastrukturfonds für den Ausbau der Stromnetze hält der Experte für sinnvoll, allerdings stelle sich die Frage, wo das Geld herkommen soll.

Enger zusammenarbeiten und Klimaziele beibehalten

Ob es zu Kosteneinsparungen käme, wenn es statt der aktuell 114 heimischen Netzbetreiber weniger gäbe, will sich Zimmerberger nicht entlocken lassen. Die Zusammenarbeit sei eigentlich schon relativ eng, aber in einigen Bereichen könnte sie wohl noch besser laufen. Man könnte etwa eine gemeinsame Beschaffung von Betriebsmitteln andenken oder einen gemeinsamen Smart-Meter-Standard.

Ein Verschieben der Klimaziele von 2040 auf 2050 hätte dagegen unklare Auswirkungen. Ein anderer Teilnehmer an dem Hintergrundgespräch, von einem anderen Netzbetreiber, bringt folgenden Vergleich: "Wenn ich eine neue Waschmaschine kaufe, lasse ich die alte nicht noch ein Jahr stehen und nutze beide im Parallelbetrieb. Der Umstieg (auf erneuerbare Energie, Anm.) sollte so rasch wie möglich geschehen."

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