Was der teure Netzausbau für die Stromrechnung der Österreicher bedeutet

Bei der bereits dritten Klausur der Regierung war das Energiethema erstmals im Fokus. Was ist geplant?
Was plant die Regierung bei den Stromnetzen?
Bundeskanzler Christian Stocker hat zweierlei angekündigt: Die Netzbetreiber in öffentlicher Hand sollen zusammengelegt werden und die Finanzierung des Netzausbaus konzentriert und durch private Investitionen unterm Strich billiger werden.
Wie viele Netzbetreiber gibt es in Österreich?
Derzeit sind es 114, wobei Stocker anmerkte, dass 80 davon in öffentlicher Hand sind. Die hohe Zahl erklärt sich aus der Geschichte der Elektrifizierung Österreichs vor über hundert Jahren. Da entstanden zuerst zahlreiche kleine Erzeuger (vor allem Wasserkraft), die ihren Strom an die Haushalte und Betriebe vor Ort verkauften. Wirklich relevant sind heute nur zehn Netzgesellschaften – jene vom Hochspannungsnetzbetreiber APG und die neun Landesnetzgesellschaften.
Und wird die Stromrechnung damit kleiner?
Langfristig ist das wahrscheinlich, kurzfristig nicht. Immerhin soll der Ökostrombeitrag gesenkt werden, der sich aus dem Ökostromförderbeitrag (verbrauchsabhängig) und der Ökostrompauschale (Fixbetrag) zusammensetzt. Bei einem durchschnittlichen Stromverbrauch eines Haushalts von 3.500 kWh sind das etwa 50 Euro pro Jahr. Erleichterungen sollen 2026 kommen, Details sind noch nicht bekannt.
Warum sind die Stromnetze überhaupt Thema geworden?
Neben den hohen Lohnnebenkosten sind die hohen Energiepreise ein Problem für die Wettbewerbsfähigkeit und den Wirtschaftsstandort. Die reinen Stromkosten bilden sich an den Strombörsen, bei sonstigen Abgaben und Steuern will die Regierung aus Spargründen nicht eingreifen, so bleiben nur die Netze.
Kann man sagen, wie hoch die Kosten für den Ausbau der Netze sein werden?
Ja. Eine Kurzstudie vom Dachverband Österreichs Energie beschreibt enorme Investitionen in das österreichische Verteilernetz bis 2030 und bis 2040: Demnach sind bis 2030 rund 24,2 Milliarden Euro veranschlagt, wobei laut Studie bis inklusive 2025 bereits rund 7,2 Milliarden ins Netz geflossen sind. Von 2030 bis 2040 werden noch einmal Investitionen von 44,4 Milliarden Euro veranschlagt.
Warum sind die Kosten für den Netzausbau so hoch?
Sogar die Wirtschaftsstaatssekretärin Elisabeth Zehetner meinte, dass der Netzausbau in den vergangenen Jahren etwas verschlafen wurde. Tatsache ist, dass der Ausbau der Netze nicht mithalten konnte mit dem Ausbau der Erneuerbaren.
Ist der Ausbau der erneuerbaren Energien an den hohen Energiekosten schuld?
Jein. Die Stromwende bedingt, dass die Stromproduktion wegkommt von nur wenigen, großen Erdgaskraftwerken hin zu vielen, kleineren Wasserkraft-, Windkraft- und PV-Anlagen. Auf der anderen Seite wird auch der Alltag der Haushalte immer mehr elektrifiziert, etwa bei der Heizung (Wärmepumpe) oder bei der E-Mobilität.
Warum machen wir das, wenn es mehr kostet?
Viele Staaten weltweit machen das, immer aus zwei Gründen: Je mehr Energie im eigenen Land erzeugt wird, desto unabhängiger kann die Wirtschaft von Preissprüngen an den Energiebörsen agieren. Der plötzliche Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat zum Beispiel die Gaspreise kurzzeitig um das Zehnfache ansteigen lassen. Der zweite Grund ist, dass ein Land durch den Ausbau seiner Erneuerbaren nicht nur wirtschaftlich solider agieren kann, sondern auch kein Geld an zwielichtige Erdölstaaten wie Russland oder Saudi-Arabien zahlt, damit bleiben viele Milliarden Euro Wertschöpfung im Inland. Österreich zahlte in den vergangenen Jahren jährlich etwa acht bis zehn Milliarden für Energieimporte an Staaten wie Kasachstan, Libyen, Irak, Guyana, Saudi-Arabien und Aserbaidschan.
Und wie viel mehr an Ökostrom brauchen wir?
Derzeit werden (brutto) etwa 68 Terawattstunden (TWh) Strom in Österreich erzeugt. Laut Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz von 2022 sollen bis 2030 rund 27 TWh zugebaut werden ( 11 TWh PV, 10 TWh Wind, 5 TWh Wasser, 1 TWh Biomasse); laut Energie- und Klimaplan 2024 sind es bereits 35 TWh (17 TWh PV, 12 TWh Wind, 5 TWh Wasser, 1 TWh Biomasse). Die genauen Ausbauziele für die Bundesländer werden nun im Erneuerbaren Ausbau Beschleunigungsgesetz festgeschrieben und sind noch nicht bekannt.
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