Kartellklage wegen Online-Werbung: Google droht erneut Zerschlagung
Bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres steht Google im Zentrum eines aufsehenerregenden Wettbewerbsprozesses, der weitreichende Folgen für das Unternehmen haben könnte. Das US-Justizministerium wirft Google eine Monopolstellung bei digitalen Werbetechnologien vor.
Heute, Montag, beginnt in Alexandria im US-Bundesstaat Virginia der Prozess, an dessen Ende die Abspaltung von Geschäftsbereichen bei Google stehen könnte. Bereits im August entschied ein US-Bundesgericht, dass Google illegal ein Monopol bei der Online-Suche aufrechterhalten hat. Auch dabei könnte dem US-Konzern die Zerschlagung drohen.
Worum geht es in dem Kartellprozess konkret?
Konkret geht es in der Klage um digitale Werbetechnologien, über die Inhalteanbieter Werbeplätze auf ihren Websites anbieten, Werbetreibende Anzeigen kaufen und Käufer und Verkäufer von Online-Werbungen über Echtzeitauktionen zusammengebracht werden. Die Wettbewerbshüter werfen Google vor, in den vergangenen 15 Jahren Konkurrenten durch Übernahmen eliminiert und seine Dominanz ausgenutzt zu haben, um Verleger und Werbetreibende zur Verwendung seiner Produkte, etwa einer Werbebörse auf der Anzeigen versteigert wurden, zu zwingen.
Durch das wettbewerbsschädigende Verhalten seien alternative Technologien unterdrückt und ihre Einführung behindert worden, so die Wettbewerbshüter. Googles Marktanteil bei Werbe-Servern, auf denen Inhalteanbieter Werbeplätze anbieten, betrage mehr als 90 Prozent. Bei Werbenetzwerken, auf denen die Anzeigen verteilt werden, belaufe er sich auf mehr als 80 Prozent und bei Werbebörsen auf mehr als 50 Prozent, führt das US-Justizministerium aus.
Was sagt Google dazu?
Google stellt die Vorwürfe in Abrede. Von den Klägern angeführte Übernahmen, etwa jene des Werbevermarkters DoubleClick, würden 15 Jahre zurückliegen und seien außerdem von den Behörden genehmigt worden, heißt es in einer Stellungnahme des Suchmaschinenkonzerns . Außerdem habe der Wettbewerb im digitalen Werbebereich seither stark zugenommen.
Google sei nur eines von vielen Unternehmen, die die Platzierung von Werbeanzeigen ermöglichen. Der Konzern verweist in seiner Stellungnahme etwa auf steigende Werbeeinnahmen von Apple, Amazon, Meta oder Tiktok. Beziehe man neben Webseiten auch soziale Netzwerke oder Smartphone-Apps mit ein, ergebe sich bei der Verteilung der Marktanteile ein ganz anderes Bild, heißt es.
Wie stehen die Chancen, dass Google verliert?
Wegen der Komplexität des Online-Werbegeschäfts dürfte es für das US-Justizministerium nicht einfach werden, seinen Monopolisierungsvorwurf zu untermauern, sagte die Kartellrechtsexpertin Rebecca Haw Allensworth zur BBC. Allerdings ist das US-Justizministerium nicht die einzige Behörde, die Google Marktmissbrauch bei seiner Werbetechnologie vorwirft.
Googles Praktiken im Geschäft mit der Werbetechnologie brachten den Konzern 2021 in Frankreich eine Strafzahlung von 220 Mio. Euro ein. Auch die EU geht von Kartellverstößen in dem Bereich aus. Die britische Wettbewerbsbehörde hat erst am Freitag, nach einer ersten Untersuchung der Praktiken des Konzerns, ähnliche Vorwürfe erhoben.
Welche Folgen hätte eine Niederlage Googles?
Die Kläger drängen auf eine Abspaltung von Google-Geschäftsbereichen bei der Online-Werbung. So könnte das Unternehmen etwa den Google Ad Manager verkaufen müssen, in dem viele der Werbetechnologien gebündelt sind. Für Google wäre das verkraftbar. Laut Berechnungen von Analysten gingen 2020 etwa 4 Prozent des Konzernumsatzes und 1,5 Prozent des operativen Gewinns auf den Ad Manager zurück. Ein Schuldspruch könnte aber auch weitere Schadenersatzansprüche von Werbetreibenden nach sich ziehen. Im Februar klagten bereits zahlreiche europäische Medienunternehmen den Konzern auf Schadenersatz.
Kartellrechtsexperten sehen in dem Fall auch einen Testlauf für weitere Wettbewerbsklagen in den USA. So hat das Justizministerium etwa auch gegen die Facebook-Mutter Meta eine Wettbewerbsklage eingebracht, in der es ebenso um die Dominanz durch Übernahmen gehe, heißt es in der "New York Times".
Wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen?
Der Prozess ist zunächst auf sechs Wochen anberaumt. Mit einer Entscheidung ist aber frühestens in einigen Monaten zu rechnen. Sollte Google schuldig gesprochen werden, wird in einem separatem Verfahren entschieden, wie das Urteil umgesetzt werden soll.
Eine Zerschlagung Googles ist auch in dem ersten Kartellprozess, bei dem Anfang August Googles Monopolstellung bei der Suche festgestellt wurde, noch nicht vom Tisch. Vor kurzem wurde der weitere Zeitplan festgelegt. Über konkrete Maßnahmen soll demnach bis August nächsten Jahres entschieden werden.
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