Was sich Büros von guten Clubs abschauen müssen
„Ich brauch’ Tapetenwechsel“, sang schon Hildegard Knef und spricht damit 50 Jahre später zahlreichen Unternehmen aus der Seele. Homeoffice, hybride Meetings, eine unwirtschaftliche Auslastung der Bürofläche – das und mehr lässt lang etablierte Bürokonzepte überdenken. „In der Bürowelt ändert sich meist etwas im Zuge einer technologischen Transformation“, weiß Peter Handlgruber, Geschäftsführer von „Buerofreunde“. Sein Unternehmen befasst sich mit der Frage, wie Büros aussehen müssen, um gut und gerne genutzt zu werden. Dabei unterstützen sie in den Bereichen Beratung, Planung, Umsetzung und Einrichtung. Ein Gespräch über neue Räume.
KURIER: Die Anforderungen an Büros haben sich geändert. Wo gibt es jetzt Verbesserungsbedarf?
Peter Handlgruber: Sieht man sich Befragungen und Analysen an, fehlt es am meisten an Kommunikationsorten für kleine Gruppen. Außerdem ist das moderne Büro kommunikativer, vielfältiger und vor allem bunter. Es braucht mehr Auseinandersetzung mit der Frage, welche Identität das Unternehmen transportieren möchte. War ein Büro in den 1990er-Jahren noch sehr steril und oftmals grau gehalten, ist heute eine große Frage, wie eine Firma die eigene Identität in der Büroarchitektur unterbringen kann.
Der Trend zu mehr kollaborativen Flächen ist bekannt – oft beobachtet man aber, dass diese Bereiche kaum genutzt werden. Woran liegt das?
Man muss überlegen, welche Module und Settings benötigt werden und wie sie nebeneinander und miteinander funktionieren. Baut man eine kollaborationsorientierte Fläche gleich neben eine, in der konzentriert gearbeitet wird, wird das zu Konflikten führen.
Man sollte stärker auf die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Teams und deren Arbeitsweisen eingehen. Natürlich gibt es immer noch Bürostrukturen, die sich in den 1980er oder 1990er Jahren befinden. Diese sind nicht zwangsläufig unfunktional, passen aber nicht mehr zur heutigen Arbeitsweise.
Wie muss ein Büro jetzt aussehen, damit die Menschen auch freiwillig darin arbeiten?
Die pauschale Antwort ist für mich: Es muss der beste Ort sein, den man findet. Sowohl technologisch, im Sinne einer guten Ausstattung, als auch sozial. Sodass Menschen das Bedürfnis haben, hinzugehen, um nichts zu verpassen. Fast wie in einem guten Club. Hat man früher in Fachmagazinen über Büros gelesen, war das sehr deskriptiv: so und so viele Quadratmeter, Besprechungsräume etc. Würde man einen Urlaubsort so beschreiben, würde keiner hinfahren. Arbeiten und Zusammenarbeiten ist aber ein freudvolles Thema.
Welche Aspekte spielen hinein, um zum „besten Ort“ zu werden?
Zur Infrastruktur gehören Licht, Akustik und Ergonomie. Ergonomie klingt zunächst lapidar, interessanterweise merken die Menschen aber sehr schnell, wenn ein Arbeitsplatz schlecht eingerichtet ist. Außerdem muss man stärker auf die Bedürfnisse der Teams und deren Arbeitsweisen eingehen. Am Bedarf vorbei, nur weil es jemand anderer hat, ist nicht das Richtige.
Braucht es wie bei neuen Mitarbeitern auch bei einer neuen Bürofläche eine Art Onboarding?
Ist ein stärkerer Wandel im Gange, sollte man diesen schon begleiten. Wechselt man von Einzelbüros in Großraumflächen, bringt das in der Konzeption viele Ängste zutage. Wir bemühen uns deshalb sehr, schon innerhalb des Planungsprozesses Rücksicht darauf zu nehmen, was das Team benötigt. Außerdem bereiten wir den Plan so schnell wie möglich visuell auf. 80 bis 90 Prozent wollen wir so abholen und begeistern. Aber der Ort ist nur eine Szenerie oder Bühne für das, was man dort stattfinden lässt. Da gehört natürlich eine Entwicklung der Teams genauso dazu.
Verbringt man 50 Prozent seiner Arbeitszeit außerhalb des Büros und rechnet Abwesenheiten wie Urlaube und Krankenstände dazu, hat man eine Infrastruktur, die zu 70 Prozent der Zeit ungenutzt ist. Aus dieser Perspektive macht es schon Sinn, den Wandel zu einer guten Büronutzung zu vollziehen.
Gibt es etwas, das in keiner modernen Bürofläche mehr Platz hat?
Was ich nicht mehr empfehlen würde, ist die Menschen so weit zu strukturieren, dass jeder sein eigenes Büro hat. Das ist weder flächenwirtschaftlich noch sozial. Weiters muss, ganz egal, an welchem Ort man sich befindet, ein Bezug zur Außenwelt vorhanden sein. In vielen Büros ist das nicht der Fall: Kernbereiche in Sozialräumen haben oft keine Fenster oder kein natürliches Licht. Da wird dann auch niemand sitzen.
Buerofreunde ist ein 2015 gegründetes Beratungs-, Planungs- und Handelsunternehmen für Büro- und Arbeitswelten und spezialisiert sich auf kreative und inspirierende Raumlösungen. Zu ihren Referenzprojekten zählen neben dem Raiffeisen Corner und der FH St. Pölten der Gerstbach Design Thinking Space, AOP Health und Dentsu Aegis.
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