Sonntagabend im Blues: Das ist zu tun, wenn die Arbeit Angst macht

Arbeitsstress, Leistungsdruck und unliebsame Kollegen: „Sunday Scaries“ haben viele Wurzeln
Die „Sunday Scaries“ halten davon ab, den letzten freien Abend vor der Arbeitswoche zu genießen. Was sie sind und wie man sie loswird, erklären Sandra Manich und Johannes Lanzinger.

Eine schlaflose Nacht, herumschwirrende Gedanken und der Satz „Ich will nicht in die Arbeit.“ Klingt das vertraut? Gemeint sind nämlich die „Sunday Scaries“ oder einfach der Sonntagabend-Blues. Der Begriff beschreibt das Phänomen der aufkommenden Angst vor der Arbeitswoche. Wenn man es nicht aus dem Berufsleben kennt, dann aus der Schulzeit, durch die Angst vor dem Test, den Morgenwiederholungen oder einem Referat. „better life coach“ Sandra Manich sieht diesen Sonntagabend-Blues gelassen: „Ängste sind eine normale Reaktion auf bevorstehende Veränderung, also vom Freizeit- in den Arbeitsmodus.“

Angst ist also normal. Ist sie aber auch gut?

Evolutionstechnisch gesehen, ja: „Angst ist ein uralter Schutzmechanismus, der unsere Vorfahren vor vielem bewahrt hat. Aber gerade hinsichtlich der Arbeit bringt es uns keinen Schritt weiter. Fürchten ist da der falsche Ansatz“, meint Manich.

Sonntagabend im Blues: Das ist zu tun, wenn die Arbeit Angst macht

„better life coach“ Sandra Manich  

Der klinische Psychologe Johannes Lanzinger beschreibt die „Sunday Scaries“ deswegen als Abschlussmoment ab dem man sich auf den typischen Arbeitsstress einstellen muss: „In der Arbeit möchte man sich gut präsentieren, um nicht negativ bewertet zu werden. Der Leistungsdruck steigt und auch die Sorge, dass man nicht gut genug ist“, so kommt es schon mal zu einer schlaflosen, grübelnden Nacht. Glücklicherweise schwindet für viele die Angst, sobald sie in den Tag starten: „Für Angst fehlt da schlicht und einfach die Zeit“, sagt Lanzinger.

Aus klinisch-psychologischer Sicht ist es leider nicht so einfach: Angsterkrankungen, wie etwa soziale Ängste, können die „Sunday Scaries“ nämlich verstärken und so, wie Sandra Manich es ausdrückt „das Leben ganz schön vermiesen. Man genießt das Wochenende weniger und verbringt Sonntage damit, sich vor der Arbeitswoche zu fürchten. Das ist mental belastend und kann zu körperlichen Beschwerden führen.“ In manchen Fällen sogar zu Schlafstörungen, Magenkrämpfen, Nervenzusammenbrüchen oder sogar Panikattacken.

Sonntagabend im Blues: Das ist zu tun, wenn die Arbeit Angst macht

Klinischer Psychologe Johannes Lanzinger

"Ängste sind bewältigbar"

„Sunday Scaries“ betreffen Studien zufolge überwiegend 18- bis 24-Jährige. Den Grund dafür verortet Lanzinger in der fehlenden Routine sowie Erfahrung und das daraus resultierende geringe Selbstvertrauen. Die gute Nachricht ist, dass „Ängste bewältigbar sind. Man wächst aus ihnen heraus, indem man sich selbst und seine Fähigkeiten besser kennenlernt. Mit der Zeit merkt man, dass es Wichtigeres gibt als den beruflichen Erfolg.“

Wie dreht man den Blues leiser?

Zuerst muss man die Quelle identifizieren: „Ängste sind oft diffus. Aber erst, wenn man den Auslöser kennt, kann man etwas unternehmen“, weiß Lanzinger. Eine Methode ist es, seine Gedanken schriftlich festzuhalten. Denn, „wenn es schwarz auf weiß steht, realisieren wir meist, dass die Angst gar keine richtige Basis hat“, erklärt Sandra Manich.

Manchmal können „Sunday Scaries“ ein Anzeichen für Unzufriedenheit im Job sein. Man lebt sozusagen nur für das Wochenende. Das könnte etwa am schlechten Arbeitsklima und einem negativen Umfeld liegen. Manich meint dazu: „Man sollte versuchen, etwas am aktuellen Rahmen der Arbeit zu ändern. Wenn das gar nichts nützt, ist es an der Zeit, über einen Jobwechsel nachzudenken.“

  • Den Fokus auf Positives an der Arbeit richten: Was mache ich gerne? Worin bin ich richtig gut?
     
  • Mit den Gedanken im Hier und Jetzt bleiben und „Dinge tun, die einem guttun und entspannen“, sagt Manich. Etwa eine Gute-Laune Playlist entwickeln, Lieblingsfilme anschauen, Entspannungs- und Atemübungen machen, singen, kochen oder sich kreativ beschäftigen
     
  • Lanzinger rät dazu, mit anderen über die eigenen Ängste  zu sprechen und ein Tagebuch  zu führen, in dem man seine Sorgen aufschreibt. „Dadurch ist das Verlangen ständig durch zu analysieren nicht mehr so stark.“

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