Reform für die Rot-Weiß-Rot-Karte: Ist sie jetzt attraktiver?

Reform für die Rot-Weiß-Rot-Karte: Ist sie jetzt attraktiver?
Die Rot-Weiß-Rot-Karte hat in ihrer bisherigen Form nicht gut funktioniert. Mit 1. Oktober tritt die Reform in Kraft. Ist sie nun attraktiver?

Im Inland gibt es zu wenige Fachkräfte und so versuchen Unternehmen, Mitarbeiter im Ausland zu rekrutieren. Das Eintrittsticket für jene aus Drittstaaten sollte in Österreich die Rot-Weiß-Rot-Karte sein, das Pendant auf europäischer Ebene ist die blaue Karte.

Kompliziert und restriktiv

Nur war die Rot-Weiß-Rot-Karte (RWR-Karte) bislang zu kompliziert und restriktiv, um die gesuchten besten Köpfe ins Land zu holen. Das soll sich nun ändern. Was mit der Reform, die heute, am 1. Oktober, in Kraft tritt, nun leichter wird und was man sich davon erhofft, erklären eine Expertin und ein Experte: Irene Alozie und Lukas Röper von PHH Rechtsanwälte.

KURIER: Die Rot-Weiß-Rot-Karte wurde oft kritisiert. Ist die Reform nun tatsächlich der große Wurf?

Irene Alozie: Mit dieser Novelle wird tatsächlich ein wenig Geschichte geschrieben. Man hat sich sehr bemüht und sie ist sehr gelungen.

Ein Punkt ist, dass das Mindesteinkommen von Fachkräften aus Drittstaaten auf Euro 44.395 brutto pro Jahr gesenkt wurde. Es lag zuvor bei 66.593 Euro. Im Vergleich zum österreichischen Durchschnittseinkommen von rund 30.000 Euro brutto pro Jahr erscheint mir das hoch.

Alozie: Naja, bei der blauen Karte, die auf europäischer Ebene für hoch qualifizierte Kräfte implementiert wurde, ist das Einkommen auf monatlich 3.171 Euro brutto dotiert. Damit können sich österreichische Unternehmen auch leisten, sie zu beschäftigen. Und es gibt nun die RWR-Karte für Studienabsolventen. Wir haben viele Drittstaatenangehörige, die hier studieren. Sie können nun nach dem geltenden Kollektivvertrag entlohnt werden.

Von wie vielen Menschen sprechen wir, die bislang eine RWR-Karte bekommen haben?

Alozie: 2021 wurden 4.671 Karten, die meisten im IT-Sektor, ausgestellt.

Hat sich die Wahrnehmung Österreichs im Ausland nun geändert?

Röper: Österreich befindet sich im Wettbewerb mit anderen Ländern. Die Reform bedeutet eine sehr starke Attraktivitätssteigerung für Österreich. Denn gerade unsere internationalen Klienten wollen internationale Mitarbeiter nach Österreich holen. Oder denken Sie an eine Betriebsansiedelung aus dem Ausland. Es reichen oft schon kleine Anreize, die ihr Echo im Ausland finden.

Merken Sie das bereits in der Beratung?

Röper: Es hat mehr Anfragen gegeben. Man muss unterscheiden zwischen der Migration von Privatpersonen und der Corporate Migration, also der Verlegung von Betrieben und Holdings nach Österreich. Österreich ist aber auch für High Networth Individuals und Family Offices interessant.

Wie können Unternehmen aus Österreich im Ausland erfolgreich rekrutieren?

Alozie: Meist über Recruiter und Jobbörsen. Die wichtigere Frage ist: Wie halte ich internationale Fachkräfte? Entscheidend ist, dass das Netzwerk gut funktioniert. Ein Beispiel: Ein Unternehmen aus der Nähe von Wels hatte eine vietnamesische Fachkraft im IT-Bereich rekrutiert. Er war eine Koryphäe, sehr hoch dotiert, wurde hofiert. Doch nach einigen Monaten hat er seinen Job gekündigt. Der Hauptgrund war einfach, dass er Probleme dabei hatte, asiatische Lebensmittel zu bekommen.

Röper: Die Rahmenbedingungen sind mit der Reform jetzt sehr in Ordnung. Wir sind nun zumindest gleich auf mit Deutschland. Nun hängt es von den anderen Faktoren ab, dem Netzwerk, einem guten Onboarding etc. Österreich hat den Vorteil, dass es bereits große Communitys aus dem CEE-Raum hat. Das spricht wesentlich für Österreich.

Die Reform ist umfassend. Welche Punkte würden Sie noch hervorheben?

Alozie: Man kann ab sofort Stammmitarbeiter im Tourismus unbefristet beschäftigen. Und IT-Spezialisten – wo wir einen großen Mangel haben – müssen nun kein Studium abgeschlossen haben, sondern können mit einer Berufserfahrung von mindestens drei Jahren eine Beschäftigung bekommen. Da werden sich viele Unternehmen jetzt sehr viel leichter tun, Fachkräfte zu finden. Wenn Fachkräfte zudem mit einer blauen Karte nach einem Jahr ihren Job in Österreich wechseln wollen, können sie einen neuen Antrag stellen und sofort beginnen. Und sie können bis zu sechs Monate Job suchen. So verliert man die Fachkraft nicht.

Einer der Kritikpunkte war, dass die Abwicklung ewig gedauert hat. Wird das nun verkürzt?

Alozie: Ja, das Antragsverfahren soll jetzt schneller abgeschlossen werden. Wie es dann in der Praxis ist, können wir nächstes Jahr besprechen. Soweit ich informiert bin, ist auch in der MA 35 (Anm.: Einwanderungsbehörde) eine Personalaufstockung vorgenommen worden. Die Problematik ist: Es muss sich, wie alles Neue, auch ein bisschen einleben und es dauert, bis es in den Köpfen ankommen ist.

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