Die fehlenden Vorbilder
„Als Frau wird man in der Branche häufig ausgeblendet“, bemerken Katrin und Sabrina Steindl. Katrin, die Kommunikationsleiterin beim „Unterwirt“ in Ebbs, liest bei der Gelegenheit die Restaurantempfehlung eines namhaften Restaurant-Guides vor. Ihr Vater wird darin reichlich für seine kulinarischen Künste gelobt, die Schwestern aber mit keinem Wort erwähnt. „Dabei ist der Papa seit zehn Jahren in Pension.“ Diese Erfahrung teilt auch Larissa Andres, Inhaberin des Jola-Restaurants in Wien. Sie gibt genügend Interviews, ihr Name scheint trotzdem selten auf.
Spitzenkoch Andreas Döllerer, der als Co-Moderator der Diskussion fungiert, meldet sich zu Wort. Ihm sei es ein Anliegen, dass Frauen abgebildet würden, oftmals sei es jedoch schwierig, sie vor die Kamera zu holen. Christl Döllerer, Gastgeberin bei Döllerer Genusswelten, kennt einen Grund: „Im Service haben wir jeden Abend unseren Auftritt. Ich bin somit ohnehin viel unter Leuten und muss nicht auch noch vor der Kamera stehen.“
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Anfänglich habe Larissa Andres es ähnlich gesehen, wollte den Trubel und die Aufmerksamkeit nicht – bis ihr auffiel: „Vielleicht gibt es Frauen da draußen, die ein Vorbild brauchen. Ich hätte mir früher eine Frau gewünscht, zu der ich Aufschauen kann.“
Genau das bewegt auch Haubenköchin Viktoria Fahringer dazu, sich „bewusst ins Rampenlicht zu stellen und es zu genießen.“ Wenn man sich versteckt, kommt man nicht weit, sagt sie. Und dazu brauche es nicht einmal soziale Medien, wie Sennerin Marlene Kelnreiter anmerkt: „Je nachdem, was man macht, helfen unterschiedliche Kanäle, sichtbarer zu werden.“ Auch, wenn es „nur“ branchenintern ist. Klar ist für Katrin Steindl: „Wenn man sich selbst genauso ernst nimmt, wie das Gegenüber, hat man durchaus Chancen in dieser männerdominierten Branche, eine Stimme und Mitsprache zu gewinnen.“
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Die Ellenbogentaktik
Es ist wichtig, den Kontakt zu anderen Frauen in der Branche zu suchen, sagt Unterwirt-Geschäftsführerin Sabrina Steindl: „Die Sichtbarkeit hängt auch davon ab, wie man sich vernetzt und positioniert. Der enge Kontakt ist ein Vorteil und gibt Energie.“ Andere Frauen als Konkurrenz zu sehen, sei da nicht förderlich. Immerhin sitzt man im selben Boot.
Die Unterrepräsentation der Frauen hängt also leider nicht nur vom eigenen Engagement ab. Andreas Döllerer sagt, man verliere viele Frauen irgendwo auf der Strecke. Warum? Weil es strukturelle Ungleichheiten gibt, von der Kinderbetreuung einmal abgesehen. Diese fangen an bei mangelnden Toiletten und Duschmöglichkeiten am Arbeitsort. „Wir wurden relativ spät damit konfrontiert, dass Frauen anders behandelt werden“, so Katrin Steindl. Aber sie merkten schnell, dass „Burschen zum Fleisch und Dirndl zum Gemüse waschen“ eingeteilt wurden. Als eine von wenigen Frauen hätte man zusätzlich den Druck, immer ein Stück besser sein zu müssen als das männliche Gegenüber.
Viktoria Fahringer spricht ein drängenderes Problem an: die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. „Auch wenn es unangenehm ist, will man sich nichts anmerken lassen.“ Sonst höre man Sätze wie: Es ist doch lustig, sei nicht so. „Das macht was mit einem, geht nicht spurlos vorbei.“ Laut den Unterwirtinnen muss man in solchen Momenten „Kante zeigen und sagen, das geht nicht“.
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